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«Brandschutz darf kein Hindernis für gute Architektur sein»
15.10.2024 Hanspeter Kolb, Leiter des Lehrgangs Brandschutz für Architekt*innen erklärt, warum es entscheidend ist, den Brandschutz frühzeitig in den Entwurf zu integrieren, um sichere, gesetzeskonforme und kreative Gebäude zu planen.
Dieser Lehrgang richtet sich explizit an Architekt*innen. Was unterscheidet ihn von anderen Weiterbildungen zum Thema Brandschutz?
In diesem Lehrgang geht es nicht nur darum, die aktuell in der Schweiz gültigen VKF-Brandschutzvorschriften zu kennen und anzuwenden. Vielmehr geht es darum, den Brandschutz bereits in einer möglichst frühen Entwurfsphase so zu berücksichtigen, dass es in den späteren Phasen keine «no goes» gibt. Das wird anhand konkreter Praxisbeispiele diskutiert und geübt.
In welcher Phase der Konzeption / Planung, sollten Architekt*innen den Brandschutz einbeziehen?
Brandschutz darf kein Hindernis für gute Architektur sein. Je früher die Grundsätze des Brandschutzes in den Entwurf einfliessen, desto geringer ist das Risiko. Wenn z.B. die Anzahl, Anordnung und Geometrie der Fluchtwege, die Brandabschnittsbildung und das Materialisierungskonzept bereits im Wettbewerbsprojekt stimmen, ist die konkrete Umsetzung in späteren Phasen für die Fachplaner*innen keine grosse Herausforderung mehr.
Wie unterstützt der Lehrgang Architekt*innen dabei, sichere und gesetzeskonforme Gebäude zu entwerfen?
Den Teilnehmenden werden zwar auch die theoretischen Grundlagen (sprich VKF-Brandschutzvorschriften) vermittelt. Kernthema ist jedoch die Bearbeitung von konkreten Beispielen aus der Praxis. Dies geschieht in Gruppen und unter Anleitung von ausgewiesenen Brandschutzexpert*innen. Der Gedankenaustausch unter den Teilnehmenden und die Inputs der Fachleute erweitern dabei das Fachwissen fast spielerisch. Die Teilnehmenden erfahren, dass Brandschutz nicht nur die schwarz-weisse Anwendung von Vorschriften ist, sondern auch sehr viel mit kreativem Gestalten zu tun haben kann.
Welche praktischen Fähigkeiten können Architekt*innen durch diese Weiterbildung erwerben?
Auch hier gilt, dass nicht nur Theorie vermittelt wird (die man ohnehin schnell wieder vergisst), sondern anhand konkreter Beispiele ein Erfahrungsschatz aufgebaut wird, der im Alltag von Architekt*innen (oder auch Fachplanenden) direkt angewendet werden kann.
«Das Entwerfen, Planen und Realisieren von Gebäuden wird in Zukunft nicht einfacher werden.»
Wie bereitet der Lehrgang Architekt*innen auf zukünftige Herausforderungen im Brandschutz, insbesondere in der modernen Gebäudeplanung, vor?
Das Entwerfen, Planen und Realisieren von Gebäuden wird in Zukunft nicht einfacher werden. Anforderungen, Normen, Richtlinien etc. werden immer komplexer. Für Architekt*innen bedeutet dies, dass sie in vielen (immer mehr) Bereichen über gewisse Grundkenntnisse verfügen sollten. Sie müssen in der Lage sein, mit den Spezialist*innen zusammenzuarbeiten und zu kommunizieren. Diese Fähigkeit zu vermitteln, ist das Ziel des Lehrgangs und der Dozierenden.
Ist der aktuelle Stand der neuen Brandschutzvorschriften, die ab 2026 gelten, bereits in den Lehrgang integriert?
Betrachtet man den aktuellen Stand der Vorschriftenentwicklung, kann man davon ausgehen, dass sich die Brandschutzmassnahmen ab 2026 nicht stark ändern, sonst hätte man ja bis heute vieles «falsch gemacht». Aber der Weg, wie man in der Schweiz zu brandsicheren Gebäuden kommt, wird verändert werden. Die Planenden (Architekt*innen; Fachplanende und QS-Verantwortliche) werden mehr Spielraum, aber auch mehr Verantwortung erhalten. Und weil im Lehrgang Brandschutz für Architekt*innen eben nicht nur die Vorschriften im Vordergrund stehen, sondern die frühzeitige Integration des Brandschutzes in den Entwurf bzw. in die Architektur mit dem Ziel gute und schöne, aber auch (brand)sichere Gebäude zu entwerfen und zu realisieren, spielen die jeweils aktuell gültigen Vorschriften zwar eine Rolle, aber nicht die entscheidende. Oder anders gesagt: Absolvent*innen des Lehrgangs lernen die Hintergründe des Brandschutzes verstehen und werden auch mit den Brandschutzvorschriften 2026 umgehen können.