«Ein starkes Institut ist ein guter Botschafter»

29.05.2024 Das Institut für Infrastruktur und Umwelt ist eines der fünf neuen Institute des Departements Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule BFH. Institutsleiterin Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus und der Studiengangsleiter des Bachelors Bauingenieurwesen, Prof. Dr. Markus Romani, sprechen über die Vorzüge des Instituts, die Bedeutung der Nachhaltigkeit und den Fachkräftemangel.

Prof. Dr. Markus Romani und Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus
Prof. Dr. Markus Romani, Studiengangsleiter Bachelor Bauingenieurwesen und Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus Institutsleiterin Institut für Infrastruktur und Umwelt

Warum braucht es das Institut für Infrastruktur und Umwelt?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Wir verfolgen einen vierfachen Leistungsauftrag: Forschung, Lehre, Weiterbildung und Dienstleistungen. Das ist eine tolle Sache, denn daraus entstehen Synergien. In der Weiterbildung platzieren wir Themen, die gegen aussen eine grosse Ausstrahlung haben. Gleichzeitig bearbeiten wir diese Themen gemeinsam mit Wirtschaftspartner*innen in der Forschung. In der Lehre vermitteln wir dadurch den jungen Leuten, woran wir arbeiten und was in der Wirtschaft gefragt ist.

«Ein starkes Institut mit guter Forschung und Weiterbildung ist ein guter Botschafter, um Studierende für Tiefbau und Infrastrukturbau zu begeistern.»

Prof. Dr. Markus Romani
Prof. Dr. Markus Romani

Prof. Dr. Markus Romani: Durch die Präsenz des Instituts in der Lehre interessieren sich die Studierenden viel stärker für Projektarbeiten aus der Forschung. Das ist ein schöner Effekt. Etwa die Hälfte der Studierenden im Bauingenieurwesen sehen ihre berufliche Zukunft später im Tiefbau. Das Institut setzt den Schwerpunkt in diesen Bereichen mit Geotechnik und Spezialtiefbau, Wasserbau und Naturereignisse sowie Mobilität und Verkehrsinfrastruktur. Davon profitieren wir in der Lehre. Denn ein starkes Institut mit guter Forschung und Weiterbildung ist ein guter Botschafter, um Studierende für den Tief- und Infrastrukturbau zu begeistern.

«Natürlich nachhaltig bauen»: Welche Bedeutung hat der Slogan des Departements Architektur, Holz und Bau für das Institut?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Er ist zentral. Bei all unseren Forschungsarbeiten überlegen wir uns, ob die Projekte in Bezug auf die Nachhaltigkeit Sinn machen. Dabei geht es darum, verantwortungsbewusst mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Ressourcen umzugehen.

Welches sind die Angebote im Bereich Lehre und Weiterbildung?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Vom Institut aus bespielen wir die Bachelor- und Masterstudiengänge sowie CAS und MAS. Wir bieten mehrere CAS im Bereich Verkehrsinfrastruktur, Strassenbau und Eisenbahnbau an. Neu im Programm führen wir das CAS «Kühlen urbaner Räume – klimakonforme Siedlungsentwicklung» sowie «Wasserressourcen im Klimawandel». Auch bieten wir jährlich Weiterbildungstage wie etwa den «Burgdorfer Wasserbautag» für Fachleute aus der Branche an. Wir möchten zufriedene Bauingenieur*innen ausbilden und mithelfen, den Fachkräftemangel zu reduzieren.

Was können Sie, Herr Romani, im Studiengang tun, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen?

Prof. Dr. Markus Romani: In der Gesellschaft braucht es eine bessere Wahrnehmung für das Bauingenieurwesen. Wir können diese durch praxisnah und gut ausgebildete Studierende verbessern. Auch die Forschung spielt eine wichtige Rolle. Wenn das Institut interessante Forschungsfragen und Projekte bearbeitet, werden diese in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Das hat einen Werbeeffekt, den ich mir über die Institute erhoffe. Junge Leute merken dann, dass das Bauingenieurwesen etwas Spannendes und gesellschaftlich Relevantes sein könnte und wählen den Studiengang.

«Bauingenieur*innen leisten einen umfangreichen Beitrag für die Gesellschaft im Hintergrund.»

Prof. Dr. Markus Romani
Prof. Dr. Markus Romani

Was liegt Ihnen in der Lehre besonders am Herzen?

Prof. Dr. Markus Romani: Wir vermitteln in der Lehre eine solide Grundlage und motivieren die Studierenden dazu, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Sie sollen lernen, strukturiert Aufgaben zu lösen. Dazu sind Thesis- und Projektarbeiten in der Forschung mit Auftraggeber*innen aus der Wirtschaft besonders wertvoll, da es sich nicht um Standardaufgaben handelt. Für die Studierenden ist das Neuland und sie müssen sich wirklich einarbeiten. Das braucht Mut und bringt sie enorm weiter.

Externe Partnerschaften sind für die Lehre und das Institut wichtig. Warum?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Externe Organisationen und Unternehmen sind unsere Auftraggeber, ohne sie haben wir keine Forschungsaufträge. So beschaffen wir auch unsere finanziellen Mittel. Zudem bieten sie ein wertvolles Netzwerk. Ein Projekt ergibt das andere, eine Beziehung ergibt die nächste.

«Die Auftraggeber*innen profitieren von unserer Expertise und unserer Erfahrung.»

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus
Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus

Und wovon profitieren die externen Partner*innen?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Wir sind eine unabhängige Stelle. Wir haben ein akkreditiertes Geotechnik-Labor, ein Wasserbau- und Betonlabor. Das gibt es so in der Privatwirtschaft nicht. Die Auftraggeber*innen profitieren von unserer Expertise und unserer Erfahrung. Wir arbeiten tagtäglich in der Forschung und sind auf dem aktuellen Stand des Wissens und der Technik.

Können Sie konkrete Beispiele nennen, woran Sie in der Forschung arbeiten?

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Für die Sicherung von Baugruben braucht es Spundwände. Für solche Spundwände haben wir zum Beispiel neue Verfahrenstechniken entwickelt. Im Zug des Klimawandels erwarten wir in Zukunft immer stärkere und extremere Niederschläge oder anhaltend hohe Temperaturen und Trockenheit. Daraus ergeben sich zum Beispiel Aufträge bezüglich der Abwasserentsorgung in den Gemeinden, die angepasst werden muss. Im Bereich der Naturgefahren bearbeiten wir als Dienstleister*innen einen Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU): Wir sind die Beurteilungsstelle für Steinschlagschutznetze des BAFU und verantwortlich für die fachliche Prüfung der Produkte.

Prof. Dr. Markus Romani: An solchen Beispielen zeigt sich das Dilemma des Bauingenieurwesens. Wir bearbeiten viele Aufgaben, die später nicht sichtbar sind. Eine Spundwand ist notwendig, um eine Baugrube zu sichern. Doch später steht dort ein Bauwerk und niemand erinnert sich mehr, dass zu dessen Errichtung eine Spundwand verwendet worden ist. Bauingenieur*innen leisten einen umfangreichen Beitrag für die Gesellschaft im Hintergrund.

«Bei all unseren Forschungsarbeiten überlegen wir uns, ob die Projekte in Bezug auf die Nachhaltigkeit Sinn machen.»

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus
Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus

Welches sind die wichtigsten Zukunftsthemen für die Bauingenieur*innen und für das Institut?

Prof. Dr. Markus Romani: Im Zentrum stehen die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Ich bekomme vermehrt Anfragen von jungen Leuten, die wissen wollen, wie sie die Baubranche nachhaltiger gestalten können.

Prof. Dr. Jolanda Jenzer Althaus: Ja, in allen Bereichen gewinnt die Nachhaltigkeit laufend an Bedeutung. In der Geotechnik zum Beispiel werden Lösungen erarbeitet, um mit weniger Beton zu bauen. Uns im Wasserbau beschäftigt der Klimawandel: Was können wir als Ingenieur*innen zum Beispiel konkret machen, um die Gewässer zu schützen? Die Wasserressourcen sind grundsätzlich ein wichtiges Thema. An Themen und Fragen wird es nicht mangeln. Zu deren Erforschung werden alle drei Labore sehr gefragt sein. Darin können wir messen und analysieren, Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) anwenden und Probleme antizipieren. Ich bin überzeugt, dass wir gut aufgestellt sind.

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