Mensch & Haus: Wohnen, Bauen und Wirtschaften in der Schweiz Ringvorlesung BFH & Uni Basel

Wie haben die Menschen in der Schweiz im Laufe der Zeit gewohnt, gelebt und gearbeitet? Die Veränderungen der Wohn-, Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Schweiz werden in dieser interdisziplinären Ringvorlesung vorgestellt. Einerseits exemplarisch an der Geschichte einzelner Häuser und ihrer Bewohner*innen, andererseits in grössere Kontexte der Bauprozesse, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung sowie der Ökologie eingebettet.

21.09.2023 bis 14.12.2023 – Universität Basel, Kollegienhaus, Petersplatz 1, Hörsaal 116

Steckbrief

  • Startdatum 21.09.2023
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  • Enddatum 14.12.2023
  • Ort Universität Basel, Kollegienhaus, Petersplatz 1, Hörsaal 116
  • Status Jeweils donnerstags, 18.15 bis 20 Uhr

Themen der Ringvorlesungen

Die interdisziplinäre Ringvorlesung der Universität Basel und der Berner Fachhochschule findet im Rahmen des Forschungsprojekts «Mensch & Haus» statt. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Kooperation der Berner Fachhochschule, der Universität Basel und dem Freilichtmuseum Ballenberg. Ziel des Projekts ist es, die Lebensgeschichten historischer Bauernhäuser und ihrer Bewohnenden zu dokumentieren.

Die Ringvorlesung fragt nach den Wechselwirkungen von Mensch, Bau-, Wohn- und Arbeitskultur, Natur und Lebensweise. Sie präsentiert bau- und architekturhistorische, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche, kulturanthropologische und ökologische Perspektiven.

Wohnen, Bauen und Wirtschaften am Rand der Tessiner Magadinoebene zwischen 1850 und 1960.

Das Dorf Cugnasco liegt zwischen Bergen und Ebene in einer vielfältigen Landschaft. Bis weit ins 20. Jahrhundert spielten Rebbau, Alpwirtschaft und Kastanienkultur eine grosse Rolle. Die Bewirtschaftung von Feldern, Wiesen und Weiden erforderte ein ständiges Unterwegssein und führte zum Bau verschiedenster Wohn- und Nutzbauten. «Wohnen» fand daher an unterschiedlichen Orten und auf vielfältige Weise statt.

Linda Imhof

lic. phil., Kunsthistorikerin, Doktorandin im Forschungsprojekt «Mensch und Haus»

19. Jahrhundert wurden die meisten Saumpfade fahrbar gemacht, es entstanden neue Pass- und Landstrassen. Der Konzeption der Streckenführung lagen umfassende topografische Aufnahmen zugrunde. Damit liegen einzigartige Informationen über die Kulturlandschaft ganzer Talschaften vor. Anhand von Beispielen wie der Klausenstrasse wird versucht, die Kartografie als Quelle für die Kultur- und Sozialforschung zu erschliessen.

Marion Sauter

Dr.-Ing., MA, Professorin für Kulturtheorie, Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau

Bedeutungswandel eines Bauernhauses und der Landschaft Adelboden

Das Bauernhaus aus Adelboden im Schweizerischen Freilichtmuseum Ballenberg hat eine vielfältige Geschichte hinter sich. Im alpinen Kontext spielten die Entwicklungen in der Landwirtschaft und im Fremdenverkehr eine entscheidende Rolle für den Wandel der Landschaft, für die veränderten Lebensbedingungen und den Bedeutungswandel des Bauernhauses und der Landschaft seit dem 18. Jahrhundert.

Stefan Kunz

Architekt MA FHZ SIA, Berner Fachhochschule, Doktorand im Forschungsprojekt «Mensch und Haus»

Eine Kollektivressource in der Longue durée

Der Wald ist mit der Geschichte des ländlichen Wohnens, Bauens und Wirtschaftens eng verflochten. Vom Spätmittelalter bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war er die zentrale
Ressource für den ländlichen Haushalt. Hausbau und Bedachung, Möbel und Werkzeuge, Heizen und Kochen, aber auch die Bettunterlage, das Hausmetzgen sowie die Versorgung
mit Beeren und Milch waren von dieser Ressource abhängig.

Martin Stuber

Dr. phil., Historiker, Universität Bern

Wohnen, haushalten und lieben zwischen Ancien Régime und Neuzeit (1750–1850)

Das 18. Jahrhundert wurde oft als die Zeit der Aufklärung beschrieben und als Epoche, welche das Entstehen der «modernen» Familie erlebte: eine Familie, die durch die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau, aber auch zwischen Eltern und Kindern geprägt sein soll. Der Vortrag eruiert die wirtschaftlichen und materiellen Hintergründe von Liebe und Intimität, wie sie seit dem 18. Jahrhundert neu definiert wurden.

Sandro Guzzi-Heeb

PD Dr., Privatdozent für Geschichte, Universität Lausanne

Perspektiven einer Arbeitsgeschichte der Mensch-Tier-Beziehungen in der Moderne

Arbeitstiere erbrachten bis ins 20. Jahrhundert einen wichtigen Teil der Zug- und Tragarbeiten. Sie säumten Frachten über Gebirgspässe und zogen Fuhrwerke über Strassen, sie rangierten Züge auf Schienen und schleiften Holz aus den Wäldern. Sie lebten oft unter dem gleichen Dach
wie ihre Besitzer:innen, bedurften der Ställe, der Pflege und der Ernährung. Und selbst nach ihrem Ableben lieferten sie Nahrung sowie Roh- und Werkstoffe.

Juri Auderset 

Dr. phil., Historiker Universität Bern, Archiv für Agrargeschichte Bern

Vom Umgang mit Materialien

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren es kaum ökologische Gründe, welche die Menschen zum sparsamen Umgang mit Ressourcen bewogen. Vor dem Hintergrund beschränkter Mittel galt Sparsamkeit eher als moralisches Gebot. Reparieren und Umnutzen waren verbreitete
Praktiken. Anhand von Beispielen aus der Ostschweiz bietet das Referat Einblick in Denkweisen und Lebenswelten, die heute fremd anmuten.

Peter Bretscher

lic. phil., ehem. Kurator am Historischen Museum Thurgau

Erkenntnisse aus der Bauforschung und Mittelalterarchäologie im Kanton Zug

Gleich zwei Holzbauweisen haben sich im Gebiet des heutigen Kantons Zug – am Übergang vom Mittelland zu den Voralpen – im Mittelalter etabliert: Der Bohlen-Ständerbau und der Blockbau. Bautechnik und Konstruktion, Elemente der Ausstattung, Nutzungsspuren und materielle Hinterlassenschaften erlauben spannende Einblicke in das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben der Bewohnenden.

Anette JeanRichard

Dr. phil., Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug

Les élites rurales de Suisse occidentale sous le prisme de la distinction et de l’affirmation sociale (1680–1850)

Les familles que l’on peut catégoriser par le concept d’élites rurales possèdent des caractéristiques communes telles que l’aisance économique, un statut social important ou encore l’éducation. L’affirmation de leur statut social passe par divers moyens: alliances matrimoniales avantageuses, développement de leurs réseaux, participation active à la circulation des capitaux ou la construction de maisons reflétant leur réussite. Oliver Rendu prend comme exemples deux familles romandes pour illustrer ces caractéristiques. 

Oliver Rendu

MA, historien et archéologue, doctorant dans le cadre du projet «Mensch und Haus»

Topos, Typus und Methode

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts machten aufgeklärte Fabrikanten das Arbeiterwohnen zu einem Thema, das alsbald für die Arbeiter:innen selber zu einer mobilisierenden Frage wurde. Kostengünstig, sauber und sicher zu wohnen, gehörte zu ihren Forderungen. Zunächst als Kleinhaus im Siedlungsverband oder Mehrfamilienhaus angelegt, spielte die Stadtrandsiedlung im Neuen Bauen eine herausragende Rolle.

Dorothee Huber

lic. phil., Kunst- und Architekturhistorikerin, ehem. Dozentin für Architekturgeschichte
an der FHNW

im Anthropozän

So wie Häuser Ausdruck ihrer Funktionen, der zur Verfügung stehenden Baumaterialien und gestalterischer Traditionen und Vorlieben sind, sind Kulturlandschaften Ausdruck des Wechselspiels von naturräumlichen Voraussetzungen und menschlicher Einflussnahme. Im Laufe der Jahrhunderte ist das Ausmass dieser menschlichen Einflussnahme stark gewachsen und die Auswirkungen stehen oftmals nicht mehr im Einklang mit den Geboten der Nachhaltigkeit.

Matthias Bürgi

Prof. Dr., Leiter Forschungseinheit Landschaftsdynamik WSL der ETH

Alltag und Nachbarschaften in Grossüberbauungen aus den Nachkriegsjahren

Mit den Wohnhochhäusern, die in den 1950er bis 1970er Jahren gebaut worden sind, hielt eine neue Form des Wohnens und Bauens Einzug in europäische Städte und Vororte. Heute sind in diesem Baubestand sehr diverse Bevölkerungsgruppen zuhause. Wie lebt man im Hochhaus,
wie gestalten sich Nachbarschaften und was hat sich im Laufe der Jahre verändert?

Eveline Althaus

Dr., Sozialanthropologin, Archijeunes, Baukulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche

Wie die Schweiz flachgelegt wurde.
Vom Scheitern der Raumplanung

Walter Leimgruber
Prof. Dr., Seminar für Kulturwissenschaft
und Europäische Ethnologie,
Universität Basel

Kleine Kinder sind ein Risiko – ältere ein «positiver Produktionsfaktor»!
Nützlichkeitsdenken im landwirtschaftlichen Bauen nach 1945

Benno Furrer
Dr., ehem. Projektleiter Schweizerische
Bauernhausforschung

Bedrohtes Wohnen in der Schweiz.
Erkundungen im Spannungsfeld von Verdichtung und Verdrängung

Nicola Hilti
Prof. Dr., Soziologin, Institut für Soziale
Arbeit und Räume, Ostschweizer Fachhochschule,
St. Gallen

Kooperation