- Forschungsprojekt
Begegnungszonen: Potenziale vor der Haustür besser nutzen
Das Potenzial von Quartierstrassen als Begegnungs- und Spielraum soll besser ausgeschöpft werden. In diesem Pilotprojekt wurde durch eine temporäre und partizipative Intervention die Nutzung des Strassenraums ermöglicht und das Quartierleben gestärkt. In der durchgeführten Begleitstudie wurden erstmals Daten zur Aufenthaltsqualität von Begegnungszonen aufgezeichnet wobei ersichtlich wurde, dass die temporäre Umgestaltung die Nutzungs- und Interaktionsdichte in den untersuchten Begegnungszonen erhöhen konnte.
Steckbrief
- Lead-Departement(e) Architektur, Holz und Bau
- Institut(e) Institut für Siedlung, Architektur und Konstruktion ISAK
- Förderorganisation Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung 2020-2024
- Laufzeit (geplant) 01.03.2020 - 30.12.2024
- Projektverantwortung William Fuhrer
- Projektleitung Angela von Däniken
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Projektmitarbeitende
Jenny Leuba (PL FV)
Tobias Bauer (DOJ)
Petra Stocker (PJ)
Alice Chénais (AO)
Angela von Däniken (BFH)
Andreas Bachmann (BFH)
William Fuhrer (BFH) -
Partner
Fussverkehr Schweiz
Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit
Pro Juventute
Atelier Olga
Bundesamt für Gesundheit BAG - Schlüsselwörter Sozialraumforschung, Begleitstudie, Begegnungszonen, Quartierstrassen, Gesundheitsfördernde Umgebungen, Aussenraumqualitäten, temporäre partizipative Gestaltungen, Nutzungsintensität, Interaktionsintensität
Ausgangslage
Im Kontext der Verdichtung von Siedlungs- und Lebensräumen erhöht sich der Nutzungsdruck auf öffentliche Räume, insbesondere auch auf Quartierstrassen. Dies soll als Anlass genommen werden, bestehende öffentliche Aussenräume für die Anwohnenden aufzuwerten und die Aufenthaltsqualität in diesen zu erhöhen.
Begegnungszonen in Wohnquartieren sind dazu prädestiniert kurze Wege, Bewegung und Begegnung in Siedlungen zu fördern. Sie sind ein brachliegendes Potenzial für mehr Fuss- und Veloverkehr als Basismobilität und mehr Begegnung, Spiel und Aneignung des Strassenraums. Trotz Verkehrsberuhigung wird von Fachleuten und Bewohner festgestellt, dass in der Regel wenig Aneignung der Begegnungszonen stattfindet. Was fehlt, damit das räumliche Angebot den Bedürfnissen der Quartierbewohner*innen entspricht?
Vorgehen
Das Modellvorhaben "Bewegen, Begegnen und Beleben in Quartieren in Bern und Zürich" wurde initiiert von Fussverkehr Schweiz und dem Dachverband offene Kinder- und Jugendarbeit (DOJ). In Zusammenarbeit mit Atelier OLGa wurden zwei Begegnungszonen in Quartieren in Bern und Zürich temporär und partizipativ umgestaltet, um Massnahmen zur besseren Nutzung des brachliegenden Potenzials zu erproben.
Das Projekt wurde durch das Institut für Siedlung, Architektur und Konstruktion ISAK der Berner Fachhochschule wissenschaftlich begleitet. Die Studie liefert erstmals Daten zur Aufenthaltsqualität von Begegnungszonen in Wohnquartieren sowie eine erprobte Methodik, die es erlaubt, Erkenntnisse für die Untersuchung künftiger Umgestaltungsprojekte von Begegnungszonen zu gewinnen.
Mittels Längsschnittanalyse und einer Kontrollgruppe wurden die Auswirkungen der temporären Umgestaltung auf die Aufenthaltsqualität der Begegnungszone vor, während und nach der Intervention untersucht. Zur Datenerhebung wendete die Studie qualitative und quantitative Forschungsmethoden an, wobei Aktivitäten und Interaktionen kartografiert, sichtbare Spuren dokumentiert, der motorisierte Verkehr und die aktive Mobilität gezählt sowie die Wahrnehmung und Einschätzung der Nachbarschaft zur temporären Umgestaltung mittels Befragung erfasst wurden.
Ergebnisse
Nach Auswertung der Daten kann eine positive Bilanz gezogen werden. In den Pilotstrassen konnte eine Steigerung der Anzahl Personen mit Aktivität auf der Strasse während der Intervention um das Vierfache im Vergleich zum Wert vor der Intervention (Grafik 1) festgestellt werden. Dem gegenüber bleibt in den Kontrollstrassen die Anzahl Personen mit Aktivitäten während dem Interventionszeitpunkt stabil.
Weitere Resultate der Studie sind im Dokument «Begleitstudie «Bewegen, Begegnen, Beleben in Quartieren von Bern und Zürich» zu finden.
1. Der motorisierte Verkehr umfasst alle Fahrzeuge, die ausschliesslich von einem Motor, resp. Elektroantrieb angetrieben werden.
2. Zur aktiven Mobilität werden alle Verkehrsteilnehmenden gezählt, welche sich zur Fortbewegung entweder selbst bewegen oder von jemandem gestossen, resp. gezogen werden. Dazu gehören Zufussgehende, Fahrradfahrende, Personen mit E-Bikes, Skateboards, Inline-Skates, Trottinette, Kinderfahrzeuge, Rollstuhl, Kinderwagen usw.
Ausblick
Im Fall der beiden untersuchten Strassen konnte festgestellt werden, dass gezielte Gestaltungsinterventionen zur Förderung von Bewegung, Begegnung und Belebung in Quartieren funktionieren. Sie bieten ein grosses Potenzial für die Verbesserung der Aufenthaltsqualität und das Quartierleben. In der weiterführenden Forschung sollten Fragen zur Langzeitwirkung temporärer Gestaltungen betrachtet werden. Es gilt zu erforschen, wie temporäre Gestaltungen effektiv gefördert und umgesetzt werden können und welche Faktoren für anhaltende Effekte wichtig sind.
Video der World Health Organization (WHO)
Healthy Cities: Urban governance for health and well-being, examples from Swiss cities, Beschrieb des Berner Projekts ab 11:12