- Medienmitteilung
Jede vierte Frau erlebt in der Schweiz informellen Zwang unter der Geburt
26.10.2020 Ein Viertel der Frauen, die in der Schweiz ein Kind zur Welt bringen, erlebt unter der Geburt informellen Zwang – beispielsweise einseitige Information, Manipulation oder Einschüchterung. Dies zeigt eine schweizweite Studie der Berner Fachhochschule und weiterer Wissenschaftler der Universität Zürich und des Inselspitals, Universitätsspital Bern.
Informeller Zwang unter der Geburt hat viele Gesichter: Gebärende Frauen fühlen sich einseitig informiert, manipuliert oder unter Druck gesetzt. Sie fühlen sich gezwungen, Interventionen und Untersuchungen zuzustimmen oder eingeschüchtert, dass das Unterlassen eines Eingriffs gesundheitliche Folgen für sie oder ihr Kind haben könnte. Dabei sind Frauen mit Migrationshintergrund häufiger betroffen. Auch zwischen Stadt und Land sind Unterschiede feststellbar: Frauen aus urbanen Regionen erleben häufiger Zwang als Frauen aus ländlichen Regionen. Zwang unter der Geburt kann Frauen auch nach der Geburt noch belasten: So sind Frauen, die Zwang unter der Geburt erleben, wesentlich seltener mit dem Geburtserlebnis als Ganzes zufrieden und weisen auch ein höheres Risiko für postpartale psychische Erkrankungen auf. Insgesamt bewerten jedoch mehr als zwei Drittel der Frauen ihr Geburtserlebnis als überwiegend positiv.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Online-Umfrage mit über 6 000 Müttern aus allen Sprachregionen der Schweiz, die zwischen August und Dezember 2019 durchgeführt wurde. Die Umfrage umfasste neben Aspekten der Schwangerschaft und Geburt sowie der fachlichen Betreuung und Behandlung vor allem die Frage nach informellem Zwang.
Frauen sollten befähigt werden, an Entscheidungsprozessen rund um ihre Schwangerschaft und Geburt aktiv teilzunehmen. Dabei ist ein partnerschaftlicher und insbesondere respektvoller Umgang zwischen Fachperson und Schwangeren eine Grundvoraussetzung für eine gute Zusammenarbeit. Frauen haben das Recht, Entscheidungen unter der Geburt selbstbestimmt zu treffen. Fachleute bedürfen einer Sensibilisierung für die Wünsche und Vorstellungen von Gebärenden sowie für die Folgen von Behandlungen unter der Geburt. Davon profitieren langfristig Frauen, ihre Familien und auch die die Gesellschaft.
Auf unserer Webseite finden Sie einen Bericht mit den wichtigsten Ergebnissen der Umfrage. Die wissenschaftliche Arbeit ist als Preprint veröffentlicht.
Gerne stehen wir Ihnen für weiterführende Informationen zur Verfügung.