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Batterien als Schlüsselelement
07.09.2020 Das Special «Green Mobility» der Handelszeitung von Ende August beschreibt die Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität auf Basis des Elektroantriebs. Gemäss den Expertinnen und Experten, darunter auch Prof. Dr. Andrea Vezzini, Leiter des Zentrums Energiespeicherung, könnte sich diese schneller durchsetzen als bisher für möglich gehalten.
Während die deutsche Automobilindustrie in der grössten Krise seit 2008 steckt, vermeldet der Elektroautobauer Tesla ständig neue Absatzrekorde. VW stoppt den Bau eines neuen Werks in der Türkei, gleichzeitig baut Tesla im Rekordtempo neue Produktionsanlagen in Berlin und Austin. Passend zu diesen Erfolgsmeldungen setzt sich der Höhenflug der Tesla-Aktie fort und macht die Marke aus den USA zum wertvollsten Autobauer der Welt. Sind dies nun die Vorzeichen des schon mehrfach zitierten Endes des Verbrennungsmotors und der Beginn des Elektromobilzeitalters?
Aus der Perspektive der vom Bundesrat gesetzten Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen spielen die CO2-Emissionen mit einem Anteil von etwa 82 Prozent an den gesamten Treibhausgasemissionen eine entscheidende Rolle. Neben Haushalt, Industrie und Landwirtschaft ist dabei der Verkehr mit einem Anteil von rund 40 Prozent der grösste Emittent. Wiederum 73 Prozent davon werden durch Personenwagen verursacht. Die Elektromobilität bietet dabei unter gewissen Bedingungen das grösste Potenzial zur Dekarbonisierung. Die wichtigste Voraussetzung dabei ist die Bereitstellung sauberer Energie für alle Lebensabschnitte des Fahrzeugs.
Verdreifachung der Energiedichte
Wie eine Studie des Paul Scherrer Instituts im Auftrag des Bundesamts für Energie zum Thema Klimabilanz verschiedener Antriebe während des gesamten Lebenszyklus von Personenwagen aufgezeigt hat, weisen Elektroautos schon heute die beste Klimabilanz aller Antriebsarten aus. Grund dafür ist die hohe Effizienz des elektrischen Antriebsstrangs, bei dem rund 69 Prozent der erneuerbaren elektrischen Energie am Rad des Fahrzeugs ankommt. Bei den Brennstoffzellenfahrzeugen wird der erneuerbare Strom mittels Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und es kommen nach der erneuten Verstromung im Fahrzeug noch rund 26 Prozent der Ausgangsenergie am Rad an. Noch schlechter ist der Fall mit nur 13 Prozent für den synthetischen Treibstoff.
Die Automobilindustrie hat sich in der Entwicklung speziell auf die Lithium-Ionen-Technologie konzentriert und so in den letzten zehn Jahren eine Verdreifachung der Energiedichte erzielt. Gleichzeitig fielen die Preise pro Energieeinheit (Dollar/kWh) des gesamten Batteriepakets inklusive Gehäuse, thermisches Management und Überwachungselektronik im Durchschnitt jährlich zwischen 15 und 18 Prozent. Aktuell geht man davon aus, dass bei den Herstellern mit grossen Abnahmemengen im Jahre 2019 in der Herstellung die Zelle weniger als 112 Dollar/kWh und die komplette Batterie weniger als 156 Dollar/kWh kosteten. Basierend auf dieser Preisentwicklung erwartet man die sogenannte Preisparität beim Kaufpreis von Elektro- und Benzinfahrzeug in der wichtigen Kompaktklasse zwischen 2023 und 2025.
Durchgesetzt hat sich die Erkenntnis, dass Elektrofahrzeuge im Unterhalt besser abschneiden als Verbrennungsfahrzeuge. Die Entwicklung der Batterien erzielt die höhere Energie- und Leistungsdichte durch eine Vielzahl von Verbesserungen sowohl bei den Materialien der Batterie als auch bei der Konstruktion der Zellen und des gesamten Batteriepaketes. Erwähnenswert sind die Fortschritte bei der Zelltechnologie in Richtung kobaltlose oder -arme Kathodenmaterialien, feste Elektrolyten und Metallanoden. Auch die Produktionsprozesse werden laufend verbessert und der Energieaufwand wird stetig reduziert. Schliesslich hat Tesla kürzlich eine Reihe von Patenten deponiert, welche den Aufbau einer Zelle stark optimieren und so die Stromverteilung und die Verluste verringern. Die Firma Catl, die sich in den letzten Jahren neben LG, Samsung und Panasonic als einer der Leader bei der Batterieherstellung positionieren konnte, hat kürzlich ein Konzept vorgestellt, welches die Verbindungstechnik eines Batteriepaketes vereinfacht. Die Blade-Technologie baut auf sehr grossen und langen Batteriezellen auf, die auch für die Kühlung neue Möglichkeiten eröffnen.
Mit der Verbesserung der Batterien einher geht eine Steigerung der Reichweite bei Kompaktfahrzeugen bis 300 Kilometer und bei Mittel- und Oberklassefahrzeugen bis zu 500 Kilometer. Mit Lucid hat ein weiterer amerikanischer Elektrofahrzeughersteller angekündigt, dass sein demnächst erhältliches Modell Lucid Air eine Reichweite von 832 Kilometer haben wird, gemessen nach EPA-Standard. Nach dem europäischen WLTP-Standard dürften dies fast 900 Kilometer sein.
Dabei bedient sich der Lucid Air einer hohen Batteriespannung von 900 Volt ähnlich wie der Porsche Taycan (800 Volt). Der entscheidende Vorteil dabei sind die bei gleicher Leistung der Batterie viel kleineren Kabel zur Stromverteilung. Das bedeutet für das Fahrzeug weniger Gewicht und geringere Verluste. Noch wichtiger ist jedoch der Vorteil beim Laden. Die hohe Spannung erlaubt sehr hohe Ladeleistungen über längere Zeit, sodass es möglich ist, dem Porsche Taycan bei einem Anfangsladezustand von 20 Prozent in 10 Minuten zu einer zusätzlichen Reichweite von 139 Kilometern zu verhelfen. Lucid air will auch das übertreffen und mit rund 300 Kilowatt in 10 Minuten mehr als 300 Kilometer nachladen.
Weitere Innovationen nötig
Auch wenn die aufgeführten Innovationen der Elektromobilität schon heute zum Durchbruch verhelfen, muss weiter in die Forschung investiert werden. Neben der Batterietechnologie müssen auch die Brennstoffzellentechnologie und die Verfahren und Motoren für synthetische Treibstoffe weiterentwickelt werden. Nur so lässt sich aus heutiger Sicht ein emissionsfreier Güter- und Luftverkehr ermöglichen.
Professor Andrea Vezzini leitet das Zentrum Energiespeicherung an der Berner Fachhochschule.