Interview Simon Zysset

22.06.2021 Simon Zysset ist Projektverantwortlicher «Nachhaltige Hochschulen» beim WWF Schweiz und Inhaber von formatia, eine Firma für Bildungsangebote im Bereich Umwelt und Nachhaltige Entwicklung. Zudem hat er den Aufbau von BFH SUSTAINS als Mitglied des Begleitgremiums unterstützt. Seine Expertise rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Bildung wollten wir uns nicht entgehen lassen, und haben ihm im Rahmen von BFH SUSTAINS ein paar Fragen gestellt.

Welche Note erteilst du der BFH bezüglich Nachhaltigkeit?

Erfreulicherweise hat die BFH bei unserem Nachhaltigkeitsrating 2019 von allen Fachhochschulen in der Schweiz am besten abgeschnitten. Aber im Vergleich zu Hochschulen, welche Nachhaltigkeit ins Zentrum ihrer Strategie stellen, hat natürlich auch die BFH noch Entwicklungspotential. Ich bin gespannt, auf das neue Rating, welches wir im August veröffentlichen werden.

Welchen Beitrag kann BFH SUSTAINS zur Nachhaltigkeit an der BFH leisten?

BFH SUSTAINS kann Studierende mit spannenden Veranstaltungen, aber v.a. mit der Möglichkeit in interdisziplinär zusammengesetzten Projektteams selber Projekte zur Förderung eines Nachhaltigkeitsziels zu entwickeln, «nachhaltig» für ein Engagement motivieren. Solche transdisziplinären Projekte in Zusammenarbeit mit Praxispartnern fördern die so zentralen Handlungskompetenzen ideal.

Wie können BFH-Studierende konkret zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beitragen? Können sie dabei auch persönlich (z.B. beruflich) profitieren?

BFH-Studierende können sich während des Studiums wie oben erwähnt engagieren, aber auch in anderen Projekten innerhalb und ausserhalb der Hochschule. Da viele Studierende neben dem Studium berufstätig sind, können sie sich auch in ihrem Arbeitsumfeld für Nachhaltigkeit engagieren – und zwar Studierende aller Studienrichtungen. Engagement und Projekterfahrungen werden von vielen Arbeitgebenden geschätzt und bringen so auch etwas für die zukünftige Stellensuche. Und natürlich macht das Studium noch mehr Spass, wenn man zusammen mit anderen sinnvolle Projekte entwickeln und umsetzen kann.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für dich als Verantwortlicher für Bildungspartnerschaften beim WWF sowie als Privatperson?

In Zukunft gut leben werden wir nur, wenn wir die wissenschaftlich fundierten «Planetary Boundaries» respektieren und Gesellschaft und Wirtschaft danach ausrichten – und gleichzeitig die legitimen Lebensbedürfnisse möglichst aller Menschen befriedigen können. Anschaulich ist das im Modell «Doughnut Economics» von Kate Raworth dargestellt: Nur zwischen der äusseren Umwelt-Grenze und der inneren gesellschaftlichen Grenze können wir in einem «safe and just space for humanity» leben.

Für mich als WWF-Mitarbeiter bedeutet das auch, dass der natürlichen Umwelt («Natur») einen Eigenwert zugestanden wird und nicht nur als Ressource betrachtet wird. Die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft und Wirtschaft ist nur möglich, wenn wir als Individuen, als Gruppe und als ganze Gesellschaft bereit sind für tiefgreifende und nicht immer einfache Lernprozesse.

Als Privatperson bedeutet Nachhaltigkeit für mich, so umwelt- und sozialbewusst wie möglich zu leben (kein Auto, möglichst keine Flugreisen, kein Fleisch, möglichst lokale, saisonale, biologische und fair produzierte und gehandelte Lebensmittel) – ohne das Gefühl, auf etwas zu verzichten zu müssen oder sektiererisch andere überzeugen zu wollen.

Simon Zysset

2019 veröffentlichte der WWF einen Rating-Bericht zum Stand der Nachhaltigen Entwicklung an den Schweizer Hochschulen. Die Studie untersuchte das Verhalten der Universitäten und Hochschulen aufgrund von zehn Kriterien. Diese betrafen unter anderem deren Nachhaltigkeitsstrategien, Prozesse und personelle Struktur. Das Ergebnis der Berner Fachhochschule ist erfreulich: sie schneidet unter den Fachhochschulen am besten ab.