Den richtigen Umgang finden mit dem Rothirsch

29.01.2024 Wie soll der Umgang mit dem Rothirsch künftig aussehen? Die diesjährige Wald-Wild-Weiterbildung des Schweizerischen Forstvereins an der BFH-HAFL stand ganz im Zeichen des grössten Schweizer Geweihträgers.

Der Rothirsch macht oft nicht, was man von ihm erwarten würde. Bild: Raphael Guetg
Der Rothirsch macht oft nicht, was man von ihm erwarten würde. Bild: Raphael Guetg


Rothirschprojekte in der Ostschweiz, im Mittelland, im Wallis, im Graubünden und in Baden-Württemberg haben interessante Erkenntnisse zum Wildtiermanagement geliefert. Diese sollen jetzt nach und nach in die gängige Praxis einfliessen. Der Wildtierbiologe Christian Willisch von der BFH-HAFL präsentierte überraschende Resultate des Grossprojektes «Rothirsch im Mittelland», das die BFH-HAFL seit 2020 im Auftrag des BAFU und in Kooperation mit Hepia und der ZHAW durchführt. Ziel ist eine Verbindung der Alpen- und Jura-Rothirschpopulation. So wird ein viel breiterer genetischer Austausch möglich. Aktuell stellt dort die A1 an vielen Orten ein unüberwindbares Hindernis dar. Zwar gibt es zwei, drei Wildbrücken, doch der gesamte östliche Teil, ist im Moment für die grösste einheimische Huftierart noch blockiert. Nun versuchen Forschende mehr über die Routen der Wildtiere herauszufinden.

Die besenderten Tiere legen teilweise lange Strecken zurück. Grafik: BFH-HAFL
Die besenderten Tiere legen teilweise lange Strecken zurück. Grafik: BFH-HAFL

Sender und Fotofallen

Für die Überwachung werden den Tieren in der Deutschschweiz Sender umgebunden, in der Romandie setzen die Projektteams auf Fotofallen. Durch das Monitoring einzelner Tiere zeichnen sich mit der Zeit vielbegangene Korridore ab – ein Netzwerk der beliebten Hirschwanderwege. Gleichzeitig wird sichtbar, wo diese Korridore für die Hirsche durchgängig sind und wo (noch) blockiert. Auf der Basis dieser Resultate können Bund und Kantone die Situation verbessern. «Für uns Forschende ist auch interessant, wie sich die Hirsche verhalten, wenn ein Weg neu offen ist», sagt Dr. Christian Willisch, Verantwortlicher Wildtierökologie im Fachbereich Waldwissenschaften an der BFH-HAFL. «Denn Hirsche machen oft nicht das, was man von ihnen erwarten würde!»

Hirsche passen sich an

Lange ging man in der Forschung davon aus, dass der Hirsch im Schweizer Mittelland kaum mehr Lebensraum findet - zu stark die Besiedlung, zu stark die ständigen Störungen durch Erholungssuchende und Sporttreibende. Doch der Hirsch passt sich an. «Im Mittelland halten sich die Tiere auch in stark von Forst- und Waldwegen durchzogenen Wäldern auf. Ist Sichtschutz vorhanden kann es gut sein, dass man als Spaziergänger nur wenige Meter von einem Hirsch entfernt durchläuft», so Christian Willisch. Das bedeutet: Haben die Hirsche keine bessere Alternative, scheinen sie mit Störungen überraschend gut zurecht zu kommen. Doch gibt es noch viele versteckte Hindernisse, die den Geweihträgern das Leben und Wandern erschweren: Weidezäune, Lichtquellen, Pferdekoppeln sind nur einige davon. Sie verhindern, dass die Huftiere ihre traditionellen Routen nutzen können. Das Grossprojekt, bei dem die Kantone Bern, Solothurn, Aargau, Zürich, Freiburg und Waadt involviert waren, ist Ende 2023 ausgelaufen, aber die Hirsche wandern (hoffentlich bald noch ungestörter) weiter.

Aus: focusHAFL 2/2023/Zoom auf

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Fachgebiet: Agronomie + Wald
Rubrik: Forschungseinheit