Mehr Unordnung für mehr Artenvielfalt

19.01.2024 Es mag chaotisch aussehen, doch Totholz im Wald hat durchaus seine Funktion. Es beeinflusst entscheidend die Artenvielfalt. Die Forscherin Elena Haeler hat in einer Studie gezeigt, dass nicht nur die Menge, sondern auch die Verteilung von Totholz im Lebensraum eine wichtige Rolle spielt.

Die Astbündel wurden in diesen Röhren platziert, um zu schauen, welche Käferarten daraus schlüpfen.
Die Astbündel wurden in diesen Röhren platziert, um zu schauen, welche Käferarten daraus schlüpfen. Foto: BFH-HAFL


Bisher hat man bei der Erforschung von Totholz hauptsächlich auf die vorhandene Menge geschaut. Die Verteilung des Holzes im Lebensraum wurde dabei oft übersehen. Die österreichische Waldwissenschaftlerin Elena Haeler – zur Zeit der Studie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BFH-HAFL – und ihre Schweizer Forschungskolleginnen und -kollegen wollten dies ändern. Sie haben untersucht, wie die Verteilung von Totholz die Artenvielfalt beeinflusst, mit einem Fokus auf Käfer.

An 69 Standorten im Sihlwald in der Nähe von Zürich haben die Forschenden jeweils vier verschiedene Astbündel platziert. Die Bündel bestanden aus einem, drei, sechs oder zwölf Ästen. Diese Bündel wurden ein Jahr lang an Bäumen in 1,3 m Höhe über dem Boden aufgehängt und von Käfern besiedelt, deren Larven sich im Holz entwickeln. Die Ergebnisse zeigen: je grösser das Astbündel, desto mehr Käferarten wurden darin gefunden. Was jedoch überraschte: «Zusammengerechnet beherbergten die drei kleinen Astbündel genauso viele verschiedene Arten wie das grösste, obwohl weniger Äste betrachtet wurden», fasst Elena Haeler zusammen. «Wir nehmen an, dass Heterogenität auf kleinem Raum eine gewisse Rolle spielen könnte», so Haeler. Um diese These zu beweisen sind jedoch weitere Studien nötig. 

Bündel verschiedener Grössen wurden ein Jahr lang an den Bäumen aufgehängt, damit sie von Holzkäfern besiedelt werden konnten.
Bündel verschiedener Grössen wurden ein Jahr lang an den Bäumen aufgehängt, damit sie von Holzkäfern besiedelt werden konnten. Bild: BFH-HAFL

Eine gute Totholzverteilung

Die Heterogenität des Totholzes kann durch eine verstreute Verteilung erhöht werden. Selbst wenn das Holz nur wenige Meter voneinander entfernt ist, gibt es kleine Unterschiede in der Umgebung wie etwa Licht, Temperatur und Feuchtigkeit. «Das kann verschiedene Lebensräume für unterschiedliche Arten schaffen. Die Arten, die zuerst in einem Holzstück leben, beeinflussen auch, welche anderen Arten später dort vorkommen können», sagt Elena Haeler. So können die Erstbesiedler beispielsweise Pilze mitbringen, die für bestimmte Folgearten notwendig sein könnten. So ideal wie das Totholz auch verteilt wird: Die Tatsache, dass generell zu wenig Totholz im Wald liegt, lässt sich dadurch nicht ausgleichen. Es braucht mehr Totholz, etwa im dem man die Baumkronen von gefällten Bäumen liegenlässt – am besten von verschiedenen Baumarten. Haelers Fazit: «Um eine möglichst grosse Vielfalt an Organismen zu fördern, sollte man den Wald nicht aufräumen und das Holz räumlich verteilt im Wald belassen.»

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Fachgebiet: Agronomie + Wald
Rubrik: Forschungseinheit