Mit Netzen gegen den Borkenkäfer

18.08.2023 Pestizide im Wald einzusetzen, ist eigentlich verboten. Trotzdem ist es – über kantonale Sonderbewilligungen - die gängige Methode, Holzlager vor Insektenschäden zu schützen. Ein Bachelorstudent der Waldwissenschaften an der BFH-HAFL untersucht zurzeit eine vielversprechende Alternative.

Geübte Forstleute brauchen für das Anbringen der Netze nicht mehr Zeit als für das Spritzen von PSM.
Geübte Forstleute brauchen für das Anbringen der Netze nicht mehr Zeit als für das Spritzen von PSM. Foto: Sebastian Fassbind


Die Temperaturen in der Schweiz sind im Zuge des Klimawandels milder geworden. Das hat die Lebensbedingungen vieler Insekten, auch die des Borkenkäfers, verbessert. Die milden Winter sorgen dafür, dass mehr Käfer überleben und damit auch die Populationsdichte höher wird. Ein grosses Problem für die Forstwirtschaft, denn die vom Nutzholzborkenkäfer verursachten schwarzen Löcher im Holz bringen grossen wirtschaftlichen Schaden mit sich.

Das Problem wird dadurch verstärkt, dass in den Schweizer Sägewerken nur beschränkt Holz gelagert werden kann. Somit wird das Holz im Wald nicht nur geschlagen, sondern auch gleich dort gelagert. Das Entrinden der Baumstämme schützt das Holz zwar vor einigen Borkenkäferarten, nicht jedoch vor dem Linierten Nutzholzborkenkäfer Xyloterus lineatus. Er befällt nicht nur die Rinde der Bäume, sondern – wie sein Name schon sagt – vor allem auch das Nutzholz. Die gängige Methode, das gelagerte Holz vor dem Schädling zu schützen, ist noch immer die Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln.  

Solche schwarzen Brutgänge hinterlassen die Nutzholzborkenkäfer im Holz.
Solche schwarzen Brutgänge hinterlassen die Nutzholzborkenkäfer im Holz. Foto: Sebastian Fassbind

Weg vom Gift

«Die Politik möchte allmählich weg von den Pestiziden. Gleichzeitig werden für die PSM-Hersteller die Hürden bis zur Bewilligung immer höher und damit teurer. Bereits heute braucht es für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald eine Sondergenehmigung», sagt Sebastian Fassbind, Bachelor-Student an der BFH-HAFL in Waldwissenschaften. Er hat in einer Semesterarbeit untersucht, ob sich allenfalls auch Netze zum Schutz von Fichten- und Tannenholz eignen würden.

Die Methode stammt ursprünglich aus dem Rebbau, wo engmaschige Netze die Trauben vor Essigfliegen und anderen Schädlingen schützen. Nach dem Sturm Lothar im Dezember 1999 gab es bereits erste Versuche mit solchen atmungsaktiven Netzen – warum sie sich nicht schon damals durchgesetzt haben, ist unklar. «Der Kanton Zug hat vor zwei Jahren Netze getestet, doch waren diese nicht zusammengenäht. So fanden die Nutzholzborkenkäfer trotzdem Schlupflöcher und der Effekt war entsprechend schlecht», sagt Sebastian Fassbind. Vermutlich hätte man dem mit zusammengenähten Netzbahnen entgegenwirken können.

Mehrkosten als Stolperstein

Die Resultate aus Sebastian Fassbinds Untersuchung – mit genähten Netzen - sind hingegen vielversprechend. Doch beruhen sie aktuell noch auf einer sehr kleinen Datengrundlage. Der angehende Waldwissenschaftler hat vier mit Netzen geschützte Holzpolter, also Sammelstellen für Rundholz, ein mit Pflanzenschutzmitteln behandeltes sowie ein ungeschütztes Polter untersucht. Das Resultat: Zwischen der Netzmethode und der Spritzmethode waren keine Unterschiede feststellbar.

Daraus lässt sich ableiten, dass Netze ebenso gut vor dem Xyloterus lineatus schützen wie Chemie. Diese These muss jetzt mit mehr Daten überprüft werden. «Ich baue darum die Semesterarbeit zu meiner Bachelorarbeit aus, in der ich 50 Holzpolter in mehreren Kantonen untersuchen werde», sagt Sebastian Fassbind. Zu beachten ist auch die Kostenfrage. Die aktuelle Schätzung liegt bei einem Franken pro Festmeter zusätzlich im Vergleich zum Spritzen. Der Zeitfaktor hingegen sei vernachlässigbar, denn wer im Umgang mit den Netzen geübt ist, brauche etwa gleich viel Zeit wie für die chemische Behandlung.

Ein mit zusammengenähten Netzen geschütztes Holzpolter.
Ein mit zusammengenähten Netzen geschütztes Holzpolter. Foto: Sebastian Fassbind

Umdenken in der Forstwirtschaft

Im Austausch mit Försterinnen und Förstern glaubt Sebastian Fassbind, ein Umdenken in Richtung «weg vom Gift» auszumachen. «Die meisten von ihnen setzen grundsätzlich nicht gerne im Wald Pestizide ein. Doch sind viele von ihnen noch kritisch bezüglich der Netzmethode, da sie einen Mehraufwand fürchten», sagt Sebastian Fassbind. Umso mehr ist er darüber erfreut, dass alle Forstbetriebe, die bei seiner Semesterarbeit mitgemacht haben, auch bei den Untersuchungen für seine Bachelorarbeit wieder dabei sind. Der weiteren Datengewinnung steht also nichts mehr im Wege.

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Ansprechperson

Autorin

Fachgebiet: Agronomie + Wald
Rubrik: Forschungseinheit