Qualitätsmessung zu Stürzen und Wundliegen in Schweizer Spitälern lässt aufhorchen

12.09.2023 Seit 2011 analysiert die Berner Fachhochschule im Auftrag des Nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) die Sturz- und Dekubitusraten in den Schweizer Spitälern. Nach einer zweijährigen coronabedingten Pause fand die Messung 2022 erneut statt. Die Resultate zeigen klares Verbesserungspotential: Noch nie seit Messbeginn waren die Raten für Stürze und Wundliegen (Dekubitus) Schweregrad ≥ 2 höher. Die Gründe dafür sind unklar.

Die Berner Fachhochschule organisiert seit 2011 die nationale Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus im Auftrag des Nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ). Ziel dieser Messungen ist es, Stürze und Wundliegen (Dekubitus) bei Patient*innen in den Spitälern der Schweiz flächendeckend zu untersuchen und (pro Spital) zu beschreiben. «Die Ergebnisse sollen die Qualitätsentwicklung unterstützen und Vergleichsmöglichkeiten schaffen», erklären Silvia Thomann und Niklaus Bernet, Co-Leitende des Innovationsfeldes Qualität im Gesundheitswesen der Berner Fachhochschule. 

Die Rate der Wundliegens des 2. Schweregrades und höher und die Sturzrate im Spital erreichten die höchsten Werte seit Messbeginn.
Die Rate des Wundliegens des 2. Schweregrades und höher und die Sturzrate im Spital erreichten die höchsten Werte seit Messbeginn. In der Grafik sind die höchsten und die tiefsten Raten mit Zahlen ausgewiesen.

Mehr Stürze und Dekubitus nach Messpause

«Kontinuierliche Messungen tragen dazu bei, die Qualität hochzuhalten», erklären die Forschenden. Dies zeigte sich auch bei der Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus: Aus den bisherigen Messberichten wird deutlich, dass die Raten trotz der Zunahme von Patient*innen mit einem höheren Sturz- oder Dekubitusrisiko auf einem niedrigen Niveau blieben. Auch haben die Spitäler zwischen 2011 und 2019 in bessere Strukturen und Prozesse investiert, um Stürze und Dekubitus zu reduzieren. Wegen Corona wurden die Messungen zwei Jahre ausgesetzt und erst wieder im Jahr 2022 durchgeführt. Die aktuellen Ergebnisse lassen aufhorchen: Die Rate des Wundliegens des 2. Schweregrades und höher und die Sturzrate im Spital erreichten die höchsten Werte seit Messbeginn (siehe Abbildung). 

Mögliche Gründe: Fehlendes Monitoring und Fachkräftemangel

«Kausale Zusammenhänge können wir mit den Daten allein nicht herstellen», sagen Bernet und Thomann. «Aber: Die Pflegequalität scheint zu leiden. Sowohl der Fakt, dass die Indikatoren wegen Corona zwei Jahre nicht gemessen und verglichen wurden, als auch der akute Fachkräftemangel könnten mit den höheren Raten zusammenhängen», so die Forschenden. Die Prävalenzmessung Sturz und Dekubitus fand im Jahr 2022 in dieser Form zum letzten Mal statt. Der bisherige Ansatz führe zwar zu einer hohen Datenqualität, gehe jedoch mit einem enormen Personalaufwand einher. Die Berner Fachhochschule prüft zusammen mit dem ANQ in einem neuen Projekt, ob und wie die Digitalisierung der Spitäler (elektronische Dokumentationssysteme) für eine nationale Qualitätsmessung von Sturz und Dekubitus genutzt werden kann. Dadurch könnte ein kontinuierliches Monitoring als Beitrag zur Pflegequalitätssicherung und -entwicklung mit geringem personellen Aufwand realisiert werden.

Die detaillierten Auswertungen und weitere Ausführungen zu den Messresultaten sind auf der Webseite der ANQ ersichtlich.

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