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windays 2023 – Innovationen und Herausforderungen
29.03.2023 Am 23. und 24. März fanden die windays 2023 statt, 20 Jahre nach ihrer ersten Durchführung. Die Fachtagung der Fenster- und Fassadenbranche präsentierte sich erneut als wichtiges Bindeglied zwischen Wirtschaft und Forschung.
Nach der pandemiebedingten Online-Veranstaltung vor zwei Jahren konnten im Bieler Kongresshaus wieder Hände geschüttelt werden. Die Möglichkeit zum Pflegen des Netzwerkes nahmen weit über 300 Fachleute wahr. Im Zentrum der windays standen die Fachausstellung und vor allem die spannenden Referate. Für sie konnte die Berner Fachhochschule als Veranstalterin erfreulich viele Frauen als Speakerinnen gewinnen.
Energie, Lüftung, Behaglichkeit
Im ersten Referat ging Nationalrätin Priska Wismer darauf ein, wie die Politik den Schweizer Gebäudepark nachhaltiger betreiben will. Er soll bis 2050 nur noch halb so viel Energie verbrauchen wie heute. Dies wird nur mit einer deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz möglich sein, wie die Mitte-Politikerin ausführte.
Welch grosse Bedeutung Fenster für die energetische Sanierung haben, präsentierte Kristina Orehounig von der Empa. Ihre Forschung zeigt deutlich, dass Gebäudehüllen nicht nur im Winter wichtig sind für die Energieeffizienz. Aufgrund des Klimawandels spielt der Hitzeschutz im Sommer eine immer wichtigere Rolle. Dieses Thema nahm auch Julia Bachinger von der Holzforschung Austria auf. Sie präsentierte 10 goldene Regeln, mit denen «coole Räume durch coole Fenster» möglich werden. Ein zentraler Punkt ist dabei korrektes Lüften, das aber auch für viele andere Bereiche wichtig ist, wie Julian Wenzel (Maco) und Beat Frei vom Ingenieurbüro Frei Wüst Expert in ihren Referaten aufzeigten. Laut SIA 180 ist heute ein Lüftungskonzept zwingend erforderlich. Auf die Frage, wer bei Sanierungen dafür zuständig sei, antwortete Beat Frei: «Der Fensterbauer, nur weiss er es oft nicht.»
Fenstermontage
Im Themenblock Montage zeigte Michael Lerch von 4B auf, dass die Fenster immer grösser, schwerer und komplexer werden. Oft ist auf den Baustellen schon das Einbringen der Elemente eine aufwändige Herausforderung. Den meisten Beteiligten ist zwar bewusst, dass Montagen ohne einwandfreie Planung nicht funktionieren. Mindestens so wichtig ist aber die Umsetzung, die stark vom eingesetzten Personal abhängt. Dominik Sieber (SFS) betonte in seinem Referat, dass zwei Drittel der Reklamationen direkt oder indirekt mit der Montage zusammenhängen.
Eine Idee zum Vereinfachen der Fenstermontage ist das elastische Verkleben mit der Wand. Peter Schober berichtete über die Untersuchungen von Holzforschung Austria zu diesem Thema. Mit Verkleben kann man Befestigen, Dämmen sowie die Anschlüsse aussen und innen in einem Arbeitsgang zusammenfassen. Es braucht aber speziell modifizierte Klebesysteme und die entsprechenden Applikationshilfen. Peter Schober schätzt, dass in zwei bis fünf Jahren solche Systeme auf den Markt kommen können.
Herausforderung Fachkräftemangel
Seit der Pandemie hat sich im Baugewerbe der Mangel an Fachkräften noch einmal verstärkt. Tom Sahli, Experte für Personalgewinnung, zeigte in seinem Referat auf, dass für viele Mitarbeitende die Werte eines Unternehmens deutlich wichtiger sind als die fachlichen Themen des Jobs. Auch in verschiedenen anderen Bereichen haben sich die Vorstellungen der jüngeren Generation massgeblich verändert. Grundsätzlich gilt: Die Unternehmen bewerben sich heute bei potenziellen Mitarbeitenden, nicht mehr umgekehrt.
Eine Podiumsdiskussion zum gleichen Thema brachte einige spannende Ansätze hervor. So schilderte Nicole Wenger, dass ihre Wenger Fenster AG inzwischen in allen Bereichen Teilzeitarbeit ermöglicht, also auch auf der Montage. Das Unternehmen beschäftigt auch Mitarbeitende mit Handicap.
Wie Markus Stebler erzählte, führen bei seiner Stebler Glashaus AG Gleichaltrige aus dem zukünftigen Team die Bewerbungsgespräche. Die HR-Verantwortlichen stossen erst später dazu.
Heinrich Hochuli setzt in seinem Kleinbetrieb in Reitnau AG darauf, die eigenen Schreinerlernenden nach Lehrabschluss weiter zu beschäftigen. Als Vertreter des Schreinermeisterverbandes wies er auch auf die Projekte hin, welche der VSSM lanciert, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Personalexperte Tom Sahli empfahl den Unternehmen, ihre bestehenden Mitarbeitenden weiterzuentwickeln. Wegen den vollen Auftragsbüchern und den fehlenden Ressourcen sei das zwar schwierig, lohne sich aber in jedem Fall.
Nachhaltigkeit
Zur Ökobilanzierung von Fenstern sprach Hansueli Schmid von der Lignum. Bisher war der Bedarf nach genauen Werten im Fensterbau kaum vorhanden. Das könnte sich aber in absehbarer Zeit ändern, wenn ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe relevant werden. BIM könnte dabei als Lösungsbringer wirken.
Um Wege zu mehr Nachhaltigkeit ging es auch im Referat von Gerald Feigenbutz, von der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme. Seine Organisation ist bestrebt, den Rezyklatanteil in Kunststofffenstern weiter zu steigern. Im Moment liegt er bei 25%. Entscheidend für die Kreislauffähigkeit der Produkte ist, dass sie sich nach ihrer Lebensdauer gut in die verwendeten Werkstoffe auftrennen lassen. Dieser Prozess muss schon bei der Entwicklung berücksichtigt werden.
Digitalisierung
Wie viel Potenzial der Einsatz von Simulationen bietet, zeigten gleich zwei Beispiele. Karim Ghazi Wakili von der Berner Fachhochschule BFH präsentierte hygrothermische Simulationen von Terrassenanschlüssen. Und das Frauen-Duo Vasiliki Gkesouli/Julia Hauth stellte das Projekt «Glasfalzverklebung bei Kunststofffenstern» vor. Sie setzten für ihre Entwicklung FEM-Modelle und DIC-Technik ein. Dadurch gewannen sie nicht nur viel Zeit und Geld, sie konnten auch von der hohen Zuverlässigkeit der modernen Technik profitieren.
Mit einem spannenden Praxisbeispiel wartete Nikita Aigner auf. Mit einem Team der BFH hat er die Renovation von Fenstern architektonisch wertvoller Bauten digitalisiert und automatisiert. Der Prozess beginnt bei der Massaufnahme auf der Baustelle. Basierend auf den dort erfassten Daten kann ein Roboter die mühsame Handarbeit beim Ausglasen und Fräsen übernehmen.
Als Prestige-Projekt kündet der Moderator schliesslich das Projekt «Plattform Wald & Holz 4.0» an, das von Projektleiter Norbert Winterberg präsentiert wird. Die Vision der Plattform: Das massgebende Forum zu werden zur Förderung und Unterstützung der digitalen Transformation für Unternehmen der Wald- und Holzwirtschaft. Das Vorhaben besteht aus zwei Teilprojekten: Der Entwicklung von Strategieprozessen und Instrumenten, die Unternehmen den systematischen Umgang mit der digitalen Transformation erleichtern. Und der Entwicklung von Lösungsansätzen für ausgewählte Transformations-Barrieren.
Ausblick
Die windays werden im Zweijahresturnus durchgeführt. Das nächste Mal finden sie am Donnerstag, 3. April und Freitag, 4. April 2025 statt.
Impressionen
Departement Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule
Das Department Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule BFH zählt zu den führenden Schweizer Hochschulen. Mit dem umfassenden und einzigartigen Bildungsangebot sowie der starken Ausrichtung auf die angewandte Forschung und Entwicklung ist das Departement das Kompetenzzentrum für die Holz- und Baubranche. Bachelor- und Masterausbildung werden ergänzt durch die Studiengänge der Höheren Fachschule Holz Biel, die an das Departement angegliedert ist. Das Institut Holzbau, Tragwerke und Architektur befasst sich im Bereich der Gebäudehülle und ihrer angrenzenden Bauteile unter anderem mit konstruktiven, statischen, bauphysikalischen und fertigungstechnischen Fragestellungen. Die Forschenden entwickeln und optimieren gemeinsam mit Projektpartnern Produkte und Systeme in den Bereichen transparente Fassaden, Fenster und Türen. Der Bereich ist nach der internationalen Norm EN ISO 17025 akkreditiert und notifizierte Prüfstelle für Fenster und Türen.
Veranstalterin
Berner Fachhochschule
Architektur, Holz und Bau
Solothurnstrasse 102, CH-2504 Biel/Bienne
Informationen zu den windays 2025 finden Interessierte unter windays.ch