Erste Schweizer Ernährungsempfehlungen für Veganer*innen veröffentlicht

19.02.2024 BFH-Forscherinnen haben gemeinsam mit der ETH und dem Schweizerischen Verband der Ernährungsberater/innen einen «Diet Quality Score for Vegans» entwickelt und mit Ernährungsdaten von Veganer*innen analysiert. Jetzt gibt es erstmals Ernährungsempfehlungen für Veganer*innen in der Schweiz. Und die Forschung geht weiter.

Die vegane Ernährung hat in jüngster Zeit sowohl in der Schweiz als auch weltweit an Popularität gewonnen. Diese Entwicklung hat zu einer Diskussion unter Expert*innen über die möglichen gesundheitlichen Vor- und Nachteile solcher Ernährungsmuster geführt.

Ernährungsempfehlung: Proteine, Vollkornvarianten, Vitamine und mehr

In einer Studie entwickelten BFH-Forscherinnen und weitere Forschende einen Ernährungsqualitätsscore für Veganer*innen (DQS-V) und analysierten diesen mit Ernährungsdaten von vegan lebenden Personen. Dabei arbeiteten sie mit den Schweizer Ernährungsempfehlungen für Veganer*innen des Schweizerischen Verbands der Ernährungsberater/innen (SVDE).

Die Empfehlungen basieren auf Fachmeinungen, insbesondere auf Positionspapieren aus der Schweiz, Deutschland, Italien und den USA. Weiter wurden Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung und des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen in den Entwicklungsprozess einbezogen.

Zur Abschätzung der empfohlenen Portionsgrössen pro Lebensmittelgruppe wurden die «Giessener Vegane Pyramide» und verschiedene Ernährungsprotokollberechnungen herangezogen. Die Empfehlungen umfassen unter anderem

  • den täglichen Verzehr von Gemüse und Obst (einschliesslich einer Portion grünen Gemüses sowie einer Portion Vitamin-C-haltiger Früchte),
  • Getreideprodukte in Vollkornvariante,
  • Sojaprodukte, Hülsenfrüchte und andere pflanzliche Proteinquellen,
  • Öl oder Avocados/Oliven, Nüssen, Samen, Kernen und
  • ungesüssten Getränken in einer Menge von 1,5 bis 2 Litern pro Tag.

Zusätzlich werden Supplemente wie Vitamin B12, jodiertes Speisesalz, Vitamin D und mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren empfohlen. Im soeben erschienenen Fachartikel zeigen Natalie Bez, Leonie Bogl, Joyce Haddad und weitere Forschende unter anderem, wie diese Empfehlungen von Veganer*innen erfüllt werden.

Zwei Ernährungsmuster und interessante Zusammenhänge

Die Analyse der Daten von 52 Veganer*innen aus dem Jahr 2011 zeigt, dass die meisten von ihnen die Empfehlungen für vitaminreiches Gemüse und Obst befolgen, während etwas über 50 Prozent die Empfehlungen für Omega-3-reiche Nüsse, Fette und Öle sowie jodiertes Salz erfüllen. Weniger als die Hälfte erfüllt die Empfehlungen für Proteine, Nüsse und Samen. Nur etwa ein Viertel der Veganer*innen hält sich an die Empfehlungen für vitaminreiche Früchte, grünes Blattgemüse und kalziumangereicherte Lebensmittel.

Bei der Analyse stellten die Forscher*innen zwei Ernährungsmuster fest. Das erste eher gesündere Muster zeigt einen hohen Verzehr von grünem Blattgemüse, Vollkornprodukten, Vollkornbrot, Ölen, Fetten, Nüssen und Samen. Das zweite eher ungesunde Muster zeichnet sich aus durch einen hohen Verzehr von raffinierten Getreideprodukten, Weissbrot, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, süssen und salzigen Snacks, zuckerhaltigen Getränken, Tee und Kaffee und einen geringen Verzehr von Obst. Das erste Muster zeigte keine signifikante Korrelation mit Serum-Biomarkern für den Verzehr von Obst und Gemüse. Hingegen zeigte das zweite Muster eine umgekehrte Korrelation mit Beta-Carotin und Vitamin C. Dies bedeutet, dass Personen mit einem eher ungesunden Ernährungsmuster, das durch einen höheren Verzehr von Weissmehlprodukten und Süssem gekennzeichnet ist, niedrigere Blutwerte für Vitamin C und Beta-Carotin aufwiesen.

Neue vegane Produkte – neues Ernährungsverhalten?

Seit der Datenerhebung im 2011 haben sich die Ernährungsgewohnheiten von Veganer*innen womöglich verändert, da mehr verarbeitete und ultra-verarbeitete Lebensmittel wie Fleischersatzprodukte und Milchalternativen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus war die Stichprobe mit 52 Teilnehmenden klein und umfasste hauptsächlich junge Personen, die in städtischen Gebieten leben. Dadurch sind die Ergebnisse möglicherweise nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Da es keine aktuelleren Daten zur Lebensmittel- und Nährstoffaufnahme von vegan lebenden Personen in der Schweiz gibt, läuft aktuell in Zusammenarbeit mit der ETH eine neue Studie (VEGANScreener). Erste Ergebnisse werden voraussichtlich im Frühling 2025 vorliegen.

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