Mobiles Grün

18.07.2024 Bäume spenden nicht nur wohltuenden Schatten, sondern kühlen auch durch Verdunstung. In Städten könnten sie so zur Hitzeminderung beitragen – wäre da nicht der Platzmangel. Eine innovative Lösung bietet das Projekt «Mobile Urban Green».

Mobile Grün


Wer sich bei Hitze unter einem Baum aufhält, spürt den wohltuenden kühlenden Effekt von seinem Schatten und des Wassers, das über die Blätter verdunstet. Bäume können so wesentlich zur Reduktion der Hitzebelastung in Städten und Agglomerationen beitragen. Denn die vielen Beton- und Asphaltflächen absorbieren die Sonnenstrahlung und heizen die Umgebung auf. Städteplanerisch spricht man in einem solchen Fall vom Hitzeinseleffekt. «Diesem Effekt lässt sich am effektivsten mit begrünten Zonen begegnen. Doch sind diese nicht überall realisierbar, etwa aufgrund unterirdischer Leitungssysteme», sagt Luuk Dorren, Professor für Naturgefahren und Risikomanagement an der BFH-HAFL. Eine mögliche Lösung? «Eine mobile Begrünung», so Dorren. Genau mit diesem Thema befasst er sich mit der Forschungsgruppe des Projektes «Mobile Urban Green» - eine Zusammenarbeit der BFH-HAFL, der BFH-AHB und der Bauer Baumschulen AG.

Die Mobile Begrünung ist ein flexibles System aus Trog, Wassertank, smarter Technik und je nach Standort passender Pflanze. «Die zwei mal zwei Meter grossen mit Bäumen bepflanzten Behälter können mit bis zu 800 Liter Wasser befüllt werden. Ein App zeigt an, wann ein Auffüllen des Tanks vonnöten ist», sagt Luuk Dorren. Dank dieser optimierten Bewässerung müssen die Bäume nur ein bis zwei Mal wöchentlich gegossen werden. Eine Substratmischung versorgt die Bäume zudem gleichzeitig ideal mit Nährstoffen. Diese Vorteile haben ihren Preis: das System beläuft sich auf zirka 15 000 Franken pro Topf und Baum. Trotzdem kann die mobile Begrünung für Städte interessant sein. So sieht die Stadt Basel sie als valable Ergänzung zu fix begrünten Flächen; Bern hingegen ist an den mobilen Bäumen eher im Sinne einer Übergangslösung interessiert.

Bäume haben einen hohen sogenannten «leaf area index», die Blattoberfläche pro Quadratmeter. Diese ist einerseits wichtig für die Beschattung, aber auch für den Verdunstungseffekt, der zusätzliche Abkühlung bringt. Welcher dieser beiden Faktoren wichtiger ist, wird aktuell noch von der Forschung diskutiert. Die Tendenz geht jedoch in Richtung Beschattung. «Um diesen Effekt messen zu können, sind wir an heissen Sommernachmittagen mit Drohnen mit Wärmebildkameras über die mobilen Bäume geflogen», erklärt Luuk Dorren. Der Kontrast der Bäume zu den Betonflächen ist dann besonders gut sichtbar. Gleichzeitig arbeitet die Forschungsgruppe an einem 3D-Modell der begrünten Fläche. An diesem lässt sich eindrücklich die Kühlleistung der Bäume in Städten aufzeigen. Ob Schatten oder Verdunstungseffekt: An einem heissen Tag ist man unter einem Baum sicherlich immer gut aufgehoben.


Der Artikel stammt aus: focusHAFL 1/24

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Autorin

Fachgebiet: Life Sciences + Lebensmittelwissenschaften, Agronomie + Wald