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Für eine bessere Gesundheitsversorgung in die Pflege investieren
09.05.2019 Ist die Pflegeinitiative der Schlüssel zu einer besseren Gesundheitsversorgung? – Darüber debattierten Yvonne Ribi (SBK) und Stefan Spycher (BAG) an der Veranstaltung «Fokus Gesundheit».
Rückblick «Fokus Gesundheit»
Bejahendes Nicken, das sich mit fragendem Kopfschütteln abwechselt. Kontinuierlich aufmerksame Blicke. Dazwischen fairer Applaus. Allein die Regungen der rund 70 Teilnehmenden zeigen, dass im Scheinwerferlicht des Hörsaals eine angeregte Debatte im Gange ist: Der Pflegeberuf muss attraktiver werden – nur so wird es gelingen, die fehlenden Pflegestellen – aktuell rund 6000 – zu besetzen und auch künftig sicherzustellen. Darüber herrscht Konsens unter den Debattierenden am «Fokus Gesundheit» vom 7. Mai 2019: Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Schweizerischen Berufsverbands für Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), und Stefan Spycher, Vizedirektor des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Unterschiedlich jedoch sind die Wege, die die beiden dafür vorsehen: Yvonne Ribi hält an den Forderungen der Volksinitiative «Für eine starke Pflege» fest. Stefan Spycher hingegen befürchtet dadurch Mehrkosten und macht sich dafür stark, dass Herausforderungen in der Pflege ausserhalb der Verfassung geregelt werden.
Ein umstrittenes Thema, das der Direktor der Berner Fachhochschule Gesundheit, Urs Brügger, zur Diskussion stellt, ist die eigenständige Abrechnung pflegerischer Leistungen. Die ökonomische Bilanz, die sich durch Leistungen ergäbe, die Pflegefachkräfte in Eigenregie erbringen und direkt abrechnen, prognostiziert Spycher als negativ. Er speist seine Argumentation mit Beispielen aus dem Ausland, von denen er durch seine Funktion als Mitglied des OECD Health Committee weiss: «Einzelleitungstarife funktionieren nirgends. Sie führen dazu, dass Gesundheitsfachpersonen mehr Leistungen erbringen als nötig, weil sie finanziell davon profitieren.» Dies wertet Yvonne Ribi als Unterstellung und äussert stattdessen pointiert: «Das System wird sparen, indem wir in die Pflege investieren.» Zudem bleibe die Kontrollfunktion der Krankenkassen erhalten, welche die angeordneten Leistungen nach WZW-Kriterien prüft und einschreiten könne.
Ein weiteres Thema mit Zündstoff ist die Pflegequalität. Untersuchungen in Krankenhäusern in Hamburg zeigen gemäss Stefan Spycher, dass dort mit weniger Aufwand – etwa einer geringeren Nurse-to-Patient-Ratio – dieselbe Pflegequalität erreicht werde wie hierzulande. Yvonne Ribi zweifelt indes an der Glaubwürdigkeit der Aussage. «Die Pflegequalität in Deutschland ist kein Massstab für uns.» Investiert werden muss gemäss Ribis Ansicht in die Prinzipien der «Care Economy», denn auch die Zeit, welche für die Beziehung zwischen Pflegefachpersonen und Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht, sei für die Qualität entscheidend. «So erhöhen wir die Pflegequalität», sagt Ribi, «und nicht durch Spezialisierung oder Rationalisierung».
Seit fast zwei Jahrzehnten kämpfen Pflegefachpersonen auf dem politischen Parkett für mehr Anerkennung für ihren Beruf. Der Einsatz gipfelte in der Volksinitiative des SBK, die 2017 eingereicht und 2018 vom Bundesrat ohne Gegenvorschlag abgelehnt wurde. Bis Anfang Mai 2019 erstellte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats SGK-N nun ihren indirekten Gegenvorschlag. Dieser kommt Mitte des Monats in die Vernehmlassung. Die Debatte mit Ribi und Spycher fällt alsdann in eine wichtige Phase des politischen Prozesses. Und für die Zukunft schürt sie Zuversicht; sind sich die Kontrahenten doch in elementaren Punkten einig: Pflegefachpersonen haben in der Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle inne. Investitionen in ihre Ausbildung und in die Arbeitsbedingungen sind gleichzusetzen mit Investitionen in die Gesundheitsversorgung.
Das nächste «Fokus Gesundheit» findet am 19. September 2019 statt.