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Blick über den Tellerrand: Ernährungsberatung in den Niederlanden
29.04.2024 Die Master-Studentin Eveline Hunkeler lernte dank des Transfermoduls verschiedene Bereiche der Ernährungsberatung in den Niederlanden kennen. Was sie am Auslandsaufenthalt besonders inspirierend fand und was sie von den niederländischen Kolleg*innen gelernt hat, erzählt sie im Interview.
Du stehst kurz vor dem Abschluss deines Master-Studiums in Ernährung und Diätetik. Was hat dich dazu bewegt, nach dem Bachelor-Abschluss weiter zu studieren?
Eveline Hunkeler: Ich wollte mich als Ernährungsberaterin weiterentwickeln, meine Kompetenzen ausbauen und mein Wissen vertiefen. Deshalb habe ich im Herbst 2021 mit dem Master-Studium an der BFH begonnen. Insgesamt blicke ich auf eine sehr lehrreiche, aber auch herausfordernde Zeit zurück, die meinen Horizont erweitert hat. Zum Beispiel habe ich meine Kompetenzen in der Forschung und deren Umsetzung in der Praxis sowie im Qualitäts- und Projektmanagement ausgebaut. Und ich habe mein Wissen über klinische Ernährung, Ethik, Interprofessionalität und Gesundheitsökonomie vertieft.
Eine besondere Chance, die mir der Master-Studiengang bot, war die Möglichkeit, ein Transfermodul, das heisst ein dreiwöchiges Praktikum mit Theorie-Praxis-Transfer im Ausland zu absolvieren.
Warum hast du dich für die Niederlande entschieden?
Eveline Hunkeler: Ich habe die Profession Ernährungsberatung in den Niederlanden als weit entwickelt, evidenzbasiert und etabliert wahrgenommen. Ich wollte über den Tellerrand hinausschauen, in den Austausch mit niederländischen Berufskolleg*innen gehen und von diesen Erfahrungen profitieren.
In welchem Bereich hast du genau gearbeitet?
Eveline Hunkeler: Ich habe im Sommer 2023 insgesamt einen Monat in den Niederlanden verbracht und verschiedene Stationen besucht. Die ersten zwei Wochen des Transfermoduls absolvierte ich in einem Regionalspital in Rotterdam. Dabei erhielt ich einen Einblick in die klinische Tätigkeit der Ernährungsberater*innen. Ich begleitete meine Berufskolleg*innen zu Patient*innen und zu interprofessionellen Besprechungen, tauschte mich mit ihnen aus, zum Beispiel über Ernährung auf der Intensivstation und führte kleinere Literaturrecherchen durch, unter anderem zu einem Fall von Hyperammonämie [Anm. d. Red.: Ein pathologisch erhöhter Ammoniumgehalt im Blut].
Im Universitätsspital in Nijmegen führte ich mit Ernährungsberater*innen Gespräche über die Profession und mögliche berufliche Rollen. In Groningen erhielt ich einen eintägigen Einblick in die dort auf hohem Niveau betriebene Forschung, zum Beispiel in die Forschung zu Sarkopenie [Anm. d. Red.: altersbedingter Abbau der Skelettmuskulatur].
Als Master-Studentin hat dich sicher interessiert, wie Ernährungsberater*innen mit einem Master-Abschluss eingesetzt werden? Was hast du beobachtet?
Eveline Hunkeler: In meiner Master-Thesis schreibe ich über «Zukünftige Rollen für Ernährungsberater*innen mit Master-Abschluss». Deshalb war es sehr spannend, die verschiedenen Rollen der Ernährungsberatung in den Niederlanden zu beobachten.
Die Arbeit wird hauptsächlich in drei Bereiche unterteilt: Die Arbeit mit den Patient*innen, Bildung und Forschung. Diejenigen, die einen Master oder einen Doktortitel haben, sind stärker in der Forschung involviert. Sie analysieren Studien, führen eigene Forschungsprojekte durch und bringen die Ergebnisse in die Praxis ein. Zugleich betreuen sie meistens weiterhin Patient*innen. Die verschiedenen Aspekte einer Rolle ergänzen sich positiv. So ergeben sich zum Beispiel aus der direkten Arbeit mit den Patient*innen interessante Forschungsfragen und gleichzeitig kann die Forschung wiederum die Qualität der Ernährungsberatung verbessern. Das fand ich sehr inspirierend für meine eigene Tätigkeit und wertvoll für die Patient*innen.
Wie hast du die Zusammenarbeit erlebt; in den Teams und interprofessionell?
Eveline Hunkeler: Im Austausch wurde häufig betont, dass das Ziel eines Master- oder Doktoratsstudiums darin besteht, Kompetenzen zu erweitern, zusätzliche Kompetenzen zu entwickeln und diese im Team optimal einzusetzen. Es geht nicht um Hierarchien oder Konkurrenzdenken, sondern um Mehrwert und zusätzliche Kompetenzen: Jeder hat sein Wissen, seine Erfahrung und seine Kompetenzen, und gemeinsam kommt man weiter.
Dasselbe gilt auch für die interprofessionelle Zusammenarbeit. Die akademischen Grade stehen oft nicht auf den Namensschildern (auch nicht bei den Ärzt*innen) und die interprofessionellen Gespräche finden auf Augenhöhe statt. Im Mittelpunkt steht eine lösungsorientierte und evidenzbasierte Versorgung der Patient*innen.
Was hast du aus deinem Praktikum in den Niederlanden mit nach Hause genommen? Und welche beruflichen Möglichkeiten eröffnet dir das Master-Studium?
Eveline Hunkeler: Der Auslandsaufenthalt hat mich beruflich und persönlich weitergebracht. Ich habe viel gelernt, viel diskutiert, neue Kontakte geknüpft und ein anderes Land kennengelernt. In meinem Berufsalltag habe ich durch das Master-Studium die Chance, eine neue Rolle in der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern als Therapieexpertin für klinische Ernährung aufzubauen, die auf meinen Erfahrungen und erweiterten Kompetenzen aus dem Master-Studium basiert.