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«Als Gesundheitsökonomin reizte mich die Nähe zu den Gesundheitsberufen»

26.07.2024 Seit dem 1. Januar 2024 ist Prof. Dr. Katharina Blankart Leiterin des Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik und Professorin für Gesundheitsökonomie an der Berner Fachhochschule. Im Interview spricht sie über Chancen und Herausforderungen im Gesundheitswesen und wie das Institut einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitspolitik leistet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Katharina Blankart leitet seit Anfang 2024 das Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik.
  • Das Institut untersucht neue Versorgungsmodelle wie das Care-at-Home-Modell, erhöht die Transparenz der Versorgungsqualität und begleitet neue Gesundheitstechnologien.
  • Im Interview spricht Katharina Blankart über aktuelle Projekte und das Ziel, zu einer evidenzgeleiteten Gesundheitspolitik beizutragen.

Katharina Blankart, Sie leiten seit Anfang des Jahres das Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik. Wie war Ihr Start?

Der Start am Institut war intensiv und inspirierend zugleich. Neben der konkreten Projektarbeit, zum Beispiel am Projekt Swiss Drug Pricing Modell, habe ich viel Vernetzungsarbeit gemacht und konnte so neue Ideen sammeln, die ich in Forschungs- und Beratungsprojekte einfliessen lassen kann. Das Schweizer Gesundheitswesen birgt viele Herausforderungen, zu denen wir mit unseren Kompetenzen beitragen können. Es besteht ein grosser Bedarf, gesundheitsökonomische Aspekte in fast allen Projekten zu berücksichtigen.

Katharina Blankart

Zur Person: Katharina Blankart

Katharina Blankart ist Professorin für Gesundheitsökonomie an der Berner Fachhochschule, Departement Gesundheit. Sie ist Affiliate des Hamburg Center for Health Economics der Universität Hamburg sowie des Leibniz Science Campus Ruhr, Essen.

Als Leiterin des Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik führt sie Effizienzanalysen im Gesundheitssystem durch und begleitet die Bewertung neuer Gesundheitstechnologien und Versorgungsmodelle. Sie beschäftigt sich zudem mit regulatorischen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf Innovationen im Gesundheitswesen. Ihr Ziel ist die evidenzbasierte Unterstützung von Gesundheitspolitik und Entscheidungsträgern in der Schweiz und darüber hinaus.

Katharina Blankart studierte Volkswirtschaftslehre und Business Research an der Ludwig-Maximilians-Universität München und promovierte 2012 in Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen. Zwischen 2012 und 2016 war sie als Post-Doc an der Universität Hamburg sowie der Columbia University tätig. Von 2016 bis 2023 war sie Juniorprofessorin für empirische Gesundheitsökonomik an der Universität Duisburg-Essen und Kernmitglied des Forschungszentrums CINCH. Derzeit ist sie Mitglied des erweiterten Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie.

Was war Ihre Motivation, sich für diese Stelle zu bewerben? Was sind Ihre Schwerpunkte und Ziele in dieser Position?

Als Gesundheitsökonomin hat mich die Nähe zu den Gesundheitsberufen und zur Versorgung gereizt – eine seltene Umgebung für Ökonominnen. Hier im Departement Gesundheit an der BFH können wir direkt mit den Versorger*innen besprechen, welche Aspekte wir zuerst angehen können. Die Gesundheitsberufe wollen eine hohe Versorgungsqualität sicherstellen, sind aber den finanziellen Anreizen ausgesetzt, die durch das Vergütungssystem entstehen. Es macht mir Spass, den Gesundheitsberufen zu zeigen, dass Ökonomie mehr ist als Kostenreduktion. Wir betrachten das Gesundheitssystem ganzheitlich und können die Ressourcen besser verteilen.

Unser Ziel ist es, die Akteure im Gesundheitswesen in die Lage zu versetzen, wirtschaftlich nachhaltige Entscheidungen zu treffen, aber auch die Gesundheit der Menschen zu verbessern, indem wir zeigen, wie die Gesundheitsversorgung auf Massnahmen reagiert. Unsere Schwerpunkte liegen in der Förderung neuer Versorgungsformen wie dem Care-at-Home-Modell, in der Erhöhung der Transparenz der Versorgungsqualität durch Routinedaten und in der Begleitung neuer Gesundheitstechnologien durch gesundheitsökonomische Evaluationen. Wir stellen uns die Frage, wie Innovationen ins Gesundheitswesen gelangen und warum die Wege oft lang sind. Evidenzbasierte Empfehlungen sind uns in allen Bereichen wichtig.

Es macht mir Spass, den Gesundheitsberufen zu zeigen, dass Ökonomie mehr ist als Kostenreduktion.

Katharina Blankart
Katharina Blankart Leiterin Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik

Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie im Gesundheitswesen und welche Rolle spielen Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik bei deren Bewältigung?

Die Herausforderung in der Schweiz sind die sehr hohen und wachsenden Krankenkassenprämien und Gesundheitsausgaben. Wir sollten darauf achten, eine konstant hohe Versorgungsqualität sicherzustellen und unnötige und wenig effektive Behandlungen zu vermeiden («Low-Value-Care»). Innovationen aus der Digitalisierung und neue Versorgungsformen müssen rascher in der Praxis genutzt werden, sofern sie Nutzen und Kosteneffektivität zeigen. Dies betrifft sowohl Versorgungsprozesse wie Care-at-Home als auch Anwendungen in der klinischen Forschung für neue Medikamente und Medizinprodukte. Die Übersetzung von neuem Wissen in die Praxis und die Förderung effektiver Technologien sind zentrale Herausforderungen, ebenso wie das Gesundheitsverhalten des Einzelnen  . Wenn wir die Anreize und Entscheidungen besser verstehen, dann können wir auch die Entwicklung der Gesundheitskosten besser kontrollieren. Wir identifizieren und quantifizieren Ineffizienzen, und wir analysieren Gesundheitsdaten, um die Wirkung verschiedener Massnahmen zu untersuchen.

Innovationen aus der Digitalisierung und neue Versorgungsformen müssen rascher in der Praxis genutzt werden, sofern sie Nutzen und Kosteneffektivität zeigen.

Katharina Blankart
Katharina Blankart Leiterin Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik

Mit welchen Forschungsfragen beschäftigen Sie sich aktuell im Institut?

Im Institut beschäftigen wir uns aktuell mit der Überversorgung, also der Frage, in welchem Ausmass Leistungen angeboten werden, die keinen grossen Nutzen haben. Wir planen Projekte, in denen wir neue Methoden des maschinellen Lernens erarbeiten und einsetzen. Zudem werden wir mit Krankenkassen, Spitälern, Verbänden, Start-Ups und dem Medizinalstandort Bern kooperieren, um neue Technologien hinsichtlich Kosten und Effekten zu evaluieren. Langfristig wollen wir uns mit ökonomischen Fragestellungen der Gesundheitsberufe auseinandersetzen und uns mit den angewandten Forschungs- und Entwicklungsgruppen des Departements sowie international vernetzen. Das Institut kann dadurch einen wichtigen Beitrag zu einer evidenzgeleiteten Gesundheitspolitik leisten.

Das Institut kann einen wichtigen Beitrag zu einer evidenzgeleiteten Gesundheitspolitik leisten.

Katharina Blankart
Katharina Blankart Leiterin Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik

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