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Erfolgreich mit KI? Gute Frage!
22.08.2024 Die BFH-Lernexpertin und Leiterin der Virtuellen Akademie, Ioana Gatzka, erklärt im Interview, wie Arbeitskräfte sich auf Künstliche Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz vorbereiten können.
Das Wichtigste in Kürze
- KI prägt das Arbeitsleben.
- Der Umgang mit KI will gelernt sein.
- Die wichtigsten Skills? Tech verstehen und Fragen stellen!
Ist die Schweizer Bevölkerung vorbereitet auf die KI-Revolution?
Nicht vollständig. Die Entwicklung digitaler Skillsv ist nicht überall gleich weit fortgeschritten, was zu einer geringeren Experimentierfreudigkeit führt. Besonders betroffen sind jetzt die Knowledge Worker, also diejenigen, die bisher weniger von Automatisierung betroffen waren. Jetzt können auch Aufgaben wie das Konzepteschreiben automatisiert werden, was eine neue Dimension in der Digitalisierungsdebatte eröffnet.
Woher rührt dieser Rückstand bei den Knowledge Workers?
Es liegt an den digitalen Kompetenzen. Viele sind zwar fasziniert von den neuen Tools, haben aber oft nicht die Zeit, sich vertieft damit auseinanderzusetzen. Oft nutzen Wissensarbeiter*innen viele Funktionen von gängigen Programmen wie Word oder Excel gar nicht, weil die Tools sich so schnell weiterentwickelt haben.
Es gibt eine gewisse Vertrautheit mit digitalen Tools, aber es fehlt die tiefergehende Kompetenz, die über die blosse Anwendung hinausgeht. Oft scheitern wir heute daran, ein Tool kritisch zu hinterfragen, da wir glauben, keine Wahl zu haben.
Was genau müssen digitale Arbeiter*innen lernen?
Eine Kompetenz ist sicherlich genau dieses kritische Hinterfragen des Tools KI: Damit wir das leisten können, müssen wir verstehen, wie eine KI funktioniert, aufgrund welcher Daten sie Output generiert und mit welchen Prämissen sie entwickelt wurde.
Es ist ein bisschen, wie wenn die Mama zum Kind sagt: «Die Bäume sind grün, weil jemand sie angemalt hat». Wie das Kind müssen wir uns bewusst werden, dass nicht jede Antwort richtig und wahr sein muss, unabhängig davon, wer sie formuliert.
Klar ist, dass es in Zukunft noch wichtiger sein wird, die richtigen Fragen zu stellen. Das sogenannte Prompt-Engineering wird in Moment als wichtige Kompetenz diskutiert. Es handelt sich dabei aber lediglich darum, konkrete Fragen zu stellen oder Aufgaben präzise zu formulieren. Fragen oder Aufgaben brauchen einen Kontext, damit sie von einem anderen Menschen oder von einem Large Language Model (LLM) beantwortet werden können, insbesondere wenn wir eine «richtige» Antwort erwarten.
Kreativität, auch eine wichtige Kompetenz, wird sich leicht verschieben: Im KI-Zeitalter liegt sie in der Fähigkeit, kreative Fragen, Kombinationen oder Aufgaben zu formulieren. Darauf kann ein LLM «ohne Hemmungen» antworten und so Antworten generieren, die wir Menschen uns vielleicht nicht trauen würden zu geben.
Wie können diese KI-Skills vermittelt werden?
Durch gezielte Weiterbildung. Einzelne Mitarbeitende brauchen sicherlich Ressourcen und einen klaren Massnahmenplan. Auf institutioneller Ebene kann stark unterstützt werden. Bei der BFH haben wir gute Erfahrungen gemacht, indem wir digitale Skills in die Lehrpläne für unsere Studierenden integriert haben und bei Feedback- und Entwicklungsgesprächen (FEG) von Mitarbeitenden etwa achten wir jeweils auf die Entwicklung deren digitalen Skills.
Klar ist aber auch, dass digitales Fachwissen aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung immer schneller obsolet wird. Wir achten also immer darauf, dass wir Kompetenzen, nicht Wissen, vermitteln.
KI-Kompetenzen an der BFH erwerben
Die BFH bietet einen bunten Blumenstrauss an Kursen, Weiterbildungen und Workshops zur Künstlichen Intelligenz: Entscheidend ist es, sich mit Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen.
Wer ist dafür verantwortlich, dass Arbeiter*innen fit werden für die Arbeit mit AI?
KI ist eine Technologie und muss als solche erst einmal auf Akzeptanz stossen. Technologie-Akzeptanz ist gut erforscht und wir wissen, dass viele Faktoren sie beeinflussen. Generell braucht es die nötige Infrastruktur und Anlaufstellen. Auf individueller Ebene muss die persönliche und professionelle Haltung stimmen sowie eine gewisse Offenheit für Veränderung vorhanden sein.
Bei der Adoption von KI-Tech sehen wir – wie schon zuvor beim Aufkommen des Internets oder von Google – dass zuerst einige wenige Pioneers mit der Technologie experimentieren, dann eine grössere Gruppe von Settlers erste Infrastrukturen aufbauen, bevor die Town Planners Innovationen der breiten Bevölkerung zugänglich machen.
Ein solcher stufenweiser Wandel ist wichtig, damit Menschen Zeit haben, sich anzupassen. Die Verantwortung liegt also zum einen bei der Organisation einen solchen Wandel zu unterstützen und zu begleiten und zum anderen bei uns allen, diesen Weg zu gehen.
Eine Kompetenz ist sicherlich das kritische Hinterfragen des Tools KI.
Was machen wir an der BFH, um die Transition zur KI-Arbeit zu unterstützen?
Die BFH verfolgt einen kompetenzorientierten Ansatz in der Lehre. Unser Framework für Future Skills bereitet einen Rahmen für Studierende, um sie auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten. Jetzt geht es darum, besser zu kommunizieren, dass diese Kompetenzen entscheidend sind und wie Dozierende und Mitarbeitende die bestehenden Angebote nutzen können.
Natürlich braucht die Weiterentwicklung einer Hochschule Zeit. Aber: Wir können nicht nur in langen strategischen Zyklen arbeiten. Wir sollten die Arbeit am System – an den Kompetenzen unserer Mitarbeitenden – einplanen und regelmässig daran arbeiten.
Also alles halb so wild mit dem Rummel um die künstliche Intelligenz?
Ich verstehe den Hype um die Künstliche Intelligenz. KI ist ein fantastisches Instrument. Aber es bleibt – wie das Internet und Google zuvor – eben nur ein Tool. KI verändert nicht grundlegend, wie wir als Menschen funktionieren.