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Inklusion und Zugehörigkeit von LGBTIAQ+ Studierenden
21.11.2024 Wie kann eine Hochschule ein Umfeld schaffen, das für alle Studierenden frei von Diskriminierung ist? Im Interview erklärt das Team des Projekts LGBTIAQ+@Campus, wie es mit kreativen Stories und klaren Handlungsempfehlungen Schweizer Hochschulen darin stärkt und unterstützt, inklusiv und frei von Diskriminierung zu sein.
Das Wichtigste in Kürze
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Das Projekt LGBTIAQ+@Campus der BFH, PHBern und FHNW stärkt und unterstützt Hochschulen bei der Inklusion von LGBTIAQ+ Studierenden
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Durch fiktive Stories und Personas erleben Hochschulangehörige typische Herausforderungen und erhalten konkrete Handlungsempfehlungen für einen diskriminierungsfreien Campus.
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Ziel ist es, eine offene Hochschulkultur zu fördern, in der alle Mitarbeitenden und Studierenden aktiv zu mehr Vielfalt und Chancengleichheit beitragen können.
Was sind die Hauptziele des LGBTIAQ+@Campus Projekts?
Unser Ziel im Projekt war es, die Inklusion und das Zugehörigkeitsgefühl von LGBTAIQ+ Studierenden zu stärken. Mit den LGBTIAQ+@Campus Stories möchten wir Mitarbeitende darin bestärken und unterstützen, ihren eigenen Beitrag zu leisten. Sie können sich von den Geschichten inspirieren lassen und die Hochschule aktiv mitgestalten – für eine Umgebung, die möglichst frei von Diskriminierung ist. Dabei setzen wir auf eine spielerische und persönliche Herangehensweise mit den sieben Personas, die man auf unserer Webseite kennenlernen kann.
Welche bestehenden Herausforderungen möchte das Projekt im Hochschulumfeld adressieren?
LGBTIAQ+ Studierende sind im Hochschulumfeld oft unsichtbar. Es fehlen Gefässe, in denen sie ihre Erfahrungen einbringen, Herausforderungen ansprechen oder Vorschläge zu Massnahmen für eine offenere Kultur einbringen können. Das Projekt gibt LGBTIAQ+ Studierenden und ihren Bedürfnissen Gewicht und Sichtbarkeit.
Hochschulmitarbeitenden hingegen fehlt oft das Wissen über die Erfahrungen und Herausforderungen von LGBTIAQ+ Studierenden oder sie wissen nicht, wie sie zu einer inklusiveren Hochschule beitragen können. Konkret haben wir Herausforderungen in sechs Bereichen der Hochschule identifiziert: Infrastruktur, Prozesse und Abläufe, Lehre, Sichtbarkeit, soziale Interaktionen, sowie das erweiterte Hochschulumfeld.
Wie genau unterstützt das Projekt Fachpersonen in Hochschulen dabei?
Mitarbeitende, die sich vielleicht noch nicht mit den Herausforderungen von LGBTAIQ+ Studierenden im Studienalltag beschäftigt haben, lernen hier sieben (fiktive) Studierende kennen und erleben in den Stories 21 konkrete Situationen aus deren Perspektive. Die Stories zeigen in exemplarischer und anonymisierter Form auf, welche Erfahrungen LGBTIAQ+ Studierende in verschiedenen Bereichen der Hochschule machen.
So erhalten wir zum Beispiel Einblicke in die Lebenswelt von Joana, die soziale Arbeit an einer Fachhochschule studiert und sich schon seit längerem für die Rechte von Minderheiten einsetzt. In einer der Stories erfahren wir, mit welchen Kommentaren und grenzüberschreitenden Fragen Joana sich als trans Frau immer wieder konfrontiert sieht. Mitarbeitende und Allies können sich so besser in Joanas Perspektive hineinversetzen und lernen, wie sie unterstützend zur Seite stehen können.
Durch solche Stories werden die Erlebnisse und damit verbundenen Herausforderungen von LGBTIAQ+ Studierenden lebendig und nachvollziehbar.
Wer ist die Hauptzielgruppe der Stories, und wie wurde es auf deren spezifische Bedürfnisse abgestimmt?
Zielgruppe der Stories sind alle Hochschulangehörigen, die ein besseres Verständnis für die Situation von LGBTIAQ+ Studierenden bekommen und sich für deren Inklusion einsetzen wollen. Die Handlungsempfehlungen auf organisationaler Ebene richten sich dabei in erster Linie an Mitarbeitende, die in den betreffenden Bereichen der Hochschule zuständig sind und in ihrer Rolle einen Einfluss auf die Rahmenbedingungen für die Studierenden haben. Das haben wir vor allem mit der Struktur der Stories berücksichtigt, es lohnt sich aber auch mal in Bereiche zu schauen, die vermeintlich nicht in den eigenen Aufgabenbereich fallen.
Auch Dozierende und Studierende können sich aber von den Stories inspirieren lassen. Die Handlungsempfehlungen unter Allyship richten sich an Einzelpersonen – auch alle, die sich selbst zur LGBTIAQ+ Community zählen.
Welche praktischen Massnahmen oder Strategien bieten die Stories ?
Die Handlungsempfehlungen umfassen sowohl proaktive als auch reaktive Massnahmen, um die Rahmenbedingungen an Hochschulen inklusiver zu gestalten und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Awareness-Hinweise vermitteln nützliches Grundlagenwissen rund um die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt. Unter Support finden sich Anregungen, was Einzelpersonen konkret tun können, um LGBTIAQ+ Studierende zu unterstützen.
Die Stories bringen persönliche Erlebnisse zur Sprache und geben konkrete Handlungsempfehlungen. Zu jeder Story wird aufgezeigt, wie man in einer solchen Situation reagieren könnte und welche wichtigen Aspekte rund um LGBTIAQ+ für alle Hochschulmitglieder relevant sind.
Um beim Beispiel von Joana zu bleiben: Wir empfehlen Hochschulen unter anderem, klare Richtlinien wie einen Code of Conduct einzuführen und regelmässige Sensibilisierungsmassnahmen durchzuführen, so dass sich Joana in Zukunft hoffentlich nicht mehr solchen Äusserungen stellen muss.
Wie wurden die Personas und Stories entwickelt, und welche Partner oder Forschungserkenntnisse flossen in seine Erstellung ein?
Wir sind ein Team aus der Berner Fachhochschule, der Pädagogischen Hochschule Bern und der Fachhochschule Nordwestschweiz. Ausserhalb des Projektteams haben sich noch Personen aus weiteren Hochschulen an der Entwicklung beteiligt, darunter die Zürcher Hochschule für Künste.
Das Projekt basiert, neben der Abstützung auf wissenschaftliche Literatur, auf einem inklusiven und partizipativen Ansatz, bei dem LGBTIAQ+ Studierende und Hochschulmitarbeitende in allen Projektphasen aktiv einbezogen wurden. Die Personas und Stories basieren auf einer Reihe von Fokusgruppen und Gesprächen mit LGBTIAQ+ Studierenden und Mitarbeitenden der teilnehmenden Hochschulen. Daraus hat unser Team in mehreren Workshops die verschiedenen Handlungsfelder identifiziert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Um die Stories möglichst anschaulich zu vermitteln, hat unsere Grafikerin die Personas und Stories in eine lebendige Bildsprache übersetzt. Die Gesichtszüge der Personas sind in den Portraits bewusst nicht ausgeführt und der Vorstellungskraft überlassen. In den Illustrationen zu den Stories ist die Persona jeweils von hinten zu sehen, um den Betrachtenden den Perspektivwechsel zu erleichtern.
Die Ergebnisse vom LGBTIAQ+@Campus Projekt in Französisch und Deutsch sind auf bfh.ch/lgbtiaq-campus zu entdecken.