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Luer-Lock-Druckschmerzmessung in der Praxis der Physiotherapie

03.09.2024 Die Trennung von Nozizeption und Perzeption hat das Schmerzverständnis im klinischen Alltag wesentlich verändert. Die vereinfachte Luer-Lock Druckschmerzmessung unterstützt in diesem Sinne eine präzise Schmerzdiagnostik.

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit der Luer-Lock-Druckschmerzmessung wurde ein Teil der standardisierten quantitativ sensorischen Testung (QST) für die Praxis vereinfacht.
  • Physiotherapeut*innen nutzen die Luer-Lock-Druckschmerzmessung (PPT) zur Beurteilung nozizeptiver Sensibilisierungsprozesse und zur Überprüfung des Therapieansprechens.
  • Im Bern Pain & Stress Lab läuft derzeit ein Forschungsprojekt zum Einsatz einer klinisch quantitativen sensorischen Testung (QST) in der physiotherapeutischen Praxis.

In den letzten Jahren hat sich das Schmerzverständnis im klinischen Alltag grundlegend verändert. Früher wurde in der klinischen Diagnostik und Therapie hauptsächlich das Schmerzerleben (Perzeption) gemessen, zum Beispiel mit der Numerischen Rating-Skala (NRS) von 0 bis 10 oder mit einer Likert-Skala. Dies hatte eine Verzerrung der Ansprechbarkeit auf Therapiereize zur Folge. Heute wissen wir, dass es auch Perzeption ohne Nozizeption und Nozizeption ohne Perzeption gibt. Unter Nozizeption versteht man die neuronalen Prozesse bei der Verarbeitung von bedrohlichen oder schädigenden Reizen. Eine wesentliche Errungenschaft ist daher die Trennung von Nozizeption und Perzeption.

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Die stumpfe Spritze wird im Schmerzbereich und im schmerzfernen Bereich aufgesetzt und mit einem Druck von 1 Milliliter pro Sekunde eingedrückt. Foto: BFH

Vereinfachte Schmerzmessung für den klinischen Alltag

Um die Nozizeption für die Kliniker*innen sichtbar zu machen, wurde im Bereich der neuropathischen Schmerzen eine standardisierte quantitative sensorische Testung (QST) entwickelt. Da die QST ein sehr zeitaufwändiges und teures Verfahren ist, suchte man Lösungen für den klinischen Alltag. In diesem Zusammenhang entwickelte eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ralf Baron einen Bedside-Test (vgl. Reimer et al. 2020). Die Druckschmerzmessung (PPT: Pain pressure threshold) mit einem Druckalgometer ist einer von 17 verschiedenen Messparametern der QST. Die Arbeitsgruppe hat diesen Test durch den Einsatz einer stumpfen 10-Milliliter-Luer-Lock-Spritze vereinfacht.

Die stumpfe Spritze wird sowohl im Schmerzbereich als auch im schmerzfernen Bereich aufgesetzt und mit einem Druck von 1 Milliliter pro Sekunde eingedrückt. Die Patient*innen geben dabei an, wann sich das Druckgefühl in ein Schmerzgefühl wie Brennen, Stechen, Bohren oder Ziehen verändert. Erste Referenzwerte bei gesunden Personen zeigen eine Toleranz bis etwa 4 von insgesamt 10 Milliliter.

Die BFH an der IFOMPT 2024

Vom 4. bis 7. Juli 2024 fand in Basel der internationale IFOMPT-Kongress mit über 1700 Teilnehmenden aus mehr als 30 Ländern statt. Der Fachbereich Physiotherapie der BFH war mit einem Stand vertreten, an dem die Schmerzmessung mittels Pain Pressure Threshold (PPT) ein besonderes Highlight war. Die Besucher*innen nutzten die Gelegenheit, die Messmethode vor Ort auszuprobieren und hatten die Möglichkeit, Exemplare dieser einfachen, aber effektiven Messmethode mitzunehmen.

Luer-Lock-Druckschmerzmessung: Wichtiges Hilfsmittel für die Physiotherapie

Über die Luer-Lock-Druckschmerzmessung erhalten die Physiotherapeut*innen Hinweise auf periphere und zentrale Sensibilisierungsprozesse der Nozizeption bei Patient*innen mit chronischen Schmerzen. Des Weiteren kann mit der Luer-Lock-Druckschmerzmessung das Ansprechen auf Therapien wie z. B. TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) überprüft werden. 

Im Bern Pain & Stress Lab läuft derzeit ein Forschungsprojekt, das untersucht, wie eine klinisch quantitative sensorische Testung (kQST) in der physiotherapeutischen Praxis eingesetzt werden kann. Dabei geht es darum, unterschiedliche Schmerzphänotypen wie nozizeptive, neuropathische und noziplastische Schmerzen besser zu verstehen und zu behandeln.

Literatur

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