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«Ein achtsamer Umgang mit Ressourcen wird immer dringlicher»
02.07.2024 Swantje Rahn und Evelyn Markoni sind überzeugt, dass die Wende zur nachhaltigen Gesellschaft über ein systemisches Verständnis läuft. Im Interview erklären sie warum dem so ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Wir leben zu fokussiert auf eigene Anliegen und deshalb nicht nachhaltig.
- Interdisziplinäre Zugänge öffnen neue Perspektiven auf komplexe Herausforderungen.
- Wenn wir die Welt verändern wollen, müssen wir uns auch auf unsere nicht nachhaltigen Gewohnheiten fokussieren.
- Nachhaltigkeit muss in der eigenen Praxis umgesetzt werden.
Wo steht die Gesellschaft in Punkto Nachhaltigkeit heute?
Evelyn: Wir leben in einer nicht nachhaltigen Gesellschaft. Die planetare Klimagrenze von 1,5°C werden wir mit unserem jetzigen Konsumverhalten nicht einhalten können. Besorgniserregend ist auch die starke Abnahme der Artenvielfalt, selbst in der Schweiz.
Swantje: Oft stehen monetäre und soziale Aspekte in einem Konkurrenzverhältnis zur ökologischen Nachhaltigkeit: Einerseits erhöht sich der monetäre Druck durch steigende gesellschaftliche Ansprüche sowie wachsende Energie- und Gesundheitskosten, andererseits wird ein achtsamer Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen immer dringlicher.
Informationen zum CAS Nachhaltigkeit und Gesellschaft im Wandel
Vom regionalen Ökosystem, über den Konsumkorridor bis hin zur Globalisierung: Mit dem CAS Nachhaltigkeit und Gesellschaft im Wandel machen Sie den ersten Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Welt.
Die nächste Online-Infoveranstaltung zum CAS findet am 20. August 2024 statt. Mit diesem MS Teams Link ist eine Teilnahme möglich.
Inwiefern kann Interdisziplinarität auf dem Weg zur Nachhaltigkeit unterstützen?
Swantje: Wissenschaft ist die Kunst, aus einer scheinbar einfachen Fragestellung komplexe Lösungsszenarien zu entwickeln und diese wieder in eine verständliche Anwendung zu bringen. Dafür sind Fachhochschulen prädestiniert. Nachhaltigkeit ist in ihrer Komplexität nur aus dem Zusammenspiel verschiedener Disziplinen begreifbar.
Evelyn: Die Koordination verschiedener Expert*innenteams ist zwar aufwändiger als eine isolierte Arbeitsweise. Aber das Zusammenwirken der verschiedenen Kompetenzen bietet einen potenzierten Mehrwert für die Teilnehmenden wie auch die beteiligten Teams.
Wo liegen denn der Mehrwert dieses Ansatzes?
Swantje: Der interdisziplinäre Ansatz erlaubt es, das eigene Praxisfeld mit einem fundierten Perspektivenwechsel zu erweitern und zu vertiefen.
Evelyn: Das sehe ich auch so: Zur Lösung der komplexen Herausforderungen schlagen wir den Weg der Transdisziplinarität ein. Wir kreieren also Lösungen ko-kreativ, das heisst gemeinsam mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren. Durch diese Bottom-Up-Partizipation schaffen wir ein gemeinsames Bewusstsein und Verständnis, eine für alle sinnstiftende Vision.
Warum ist dieser Blick auf die eigenen Werte und Denkweisen so wichtig?
Swantje: Jede Wandlung braucht Bezug, weil wir Menschen uns sonst nicht angesprochen, und erst recht nicht verantwortlich fühlen. Deshalb holen wir die Menschen in ihrem konkreten Umfeld, in ihren relevanten Praxisfeldern ab. Dass wir zuerst nach innen schauen, hat also vor allem mit Motivation zu tun.
Evelyn: Das Rahmenwerk der Non-Profit-Initiative für nachhaltige Entwicklung, die Inner Development Goals (IDGs), bietet hierfür einen guten Bezugsrahmen. Dieses beruht auf der Entwicklung von Fähigkeiten für eine innere Transformation, wie beispielsweise Integrität und Authentizität. Dass man sich dafür mit der eigenen Haltung, den eigenen Werten und Bedürfnissen bewusst auseinandersetzen muss, ist klar.
Wir müssen uns in unterschiedliche Perspektiven versetzen können.
Was braucht jemand, der den nachhaltigen Wandel vorantreiben will?
Evelyn: Wir müssen uns in unterschiedliche Perspektiven versetzen können, mit dem Ziel, neues Wissen zu generieren und bestehende Denkweisen zu hinterfragen. Ausserdem müssen wir lernen, Narrative zu entwickeln, um zielgerecht und fair zu kommunizieren und zu argumentieren.
Swantje: Ein Mensch, der etwas verändern will, benötigt zunächst die Offenheit und Bereitschaft, die Notwendigkeit einer Veränderung zu sehen und anzuerkennen. Dann braucht er das Faktenwissen und die Lösungsmöglichkeiten, um etwas zu bewirken. Und er braucht auch den Mut und die Standfestigkeit eine Veränderung zu verantworten.
Wer sollte das CAS Nachhaltigkeit und Gesellschaft im Wandel unbedingt absolvieren?
Swantje: Die Weiterbildung ist für alle ein Gewinn, die sich damit auseinandersetzen wollen, wie wir als Gesellschaft mit natürlichen Ressourcen umgehen. Dazu zählen Beratende und Umsetzende von Produktions- und Verwertungsprozessen, aber auch Strateg*innen und Entscheidungsträger*innen in Behörden und Organisationen.
Evelyn: Der CAS liefert Teilnehmenden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und kreative Tools, die sich konkret im eigenen Leben oder in der Arbeitswelt anwenden lassen.
Swantje: Aber eigentlich sind alle angesprochen, die sich aktiv mit dem Thema Umwelt und der nachhaltigen Gestaltung unseres Lebens und unserer Gesellschaft beschäftigen.
Die Interviewpartnerinnen
Evelyn Markoni ist Ernährungs- und Nachhaltigkeitssoziologin an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der BFH (BFH-HAFL) und beschäftigt sich privat und beruflich mit gesellschaftlichen Themen wie einem guten Leben in den planetaren Grenzen
Swantje Rahn verantwortet als bildungs- und entwicklungsbegeisterte Andragogin und Organisationsberaterin die Weiterbildung an der BFH-HAFL.