- Story
Bühne statt Büro: Wenn Weiterdenken Schule macht
24.06.2024 Marie-Therese Mäder und Sibylle Matt Robert erzählen, wie Methoden aus den Künsten Mehrwert generieren – auch fernab der Bretter, die die Welt bedeuten.
Das Wichtigste in Kürze
- Kunst entsteht in Resonanz mit dem Publikum.
- Menschen setzen KI ein – auch für kreative Zwecke.
- Im Umgang mit KI brauchen Menschen kritisches Denken.
- Künstlerische Tätigkeiten eröffnen neue Perspektiven.
Welche Rolle kommt der Kunst im Zeitalter von KI zu?
Marie-Therese: Kunst basiert auf Handwerk, auf Skills. Wir erwarten auch von KI, dass sie vieles kann. Und dass sie erkennt, was sie nicht kann.
Sibylle: Da schwingt die Frage mit, ob eine KI ein Bewusstsein hat.
Marie-Therese: Das stimmt. Ich sehe KI-Assistenten als Werkzeuge, sie sind keine eigenständigen Wesen. Natürlich liefern die Tools viel Material. Es sollte jedoch von Menschen entschieden werden, was verwendet werden soll und was nicht.
Sibylle: Künstlerische Prozesse entstehen in Ko-Kreation, so können wir auch den Dialog zwischen Mensch und Maschine sehen. Die Frage ist, ob Kunst nicht erst durch die Betrachtung oder – anders ausgedrückt – in der Begegnung entsteht.
Marie-Therese: Absolut. Theater beispielsweise entsteht erst in der Interaktion mit dem Publikum. KI-Tools können eine Rolle spielen. Bedeutung entsteht aber erst in der Rezeption.
Daten aufsaugen können moderne Algorithmen aber doch bereits sehr gut?
Marie-Therese: Natürlich. Aber Kunst soll etwas auslösen und Menschen zum Denken anregen. KI ist zwar ein guter Rezeptor, doch sie ist ein sehr unkritisches Publikum. Wir wollen in der Kunst oder in der Forschung etwas denken, was noch nie gedacht worden ist. Dazu braucht es Mut zur Abweichung. Und KI ist nicht mutig.
Warum kann KI nicht mutig sein?
Marie-Therese: Wir haben einen Körper, der in dieser Welt ist. Wir denken ja nicht nur mit dem Kopf und in Wahrscheinlichkeiten, sondern mit dem ganzen Körper. Und unsere Sterblichkeit ist etwas, was uns klar von KI unterscheidet. Bei unserem Erleben geht es ja nicht nur um Daten, es geht um eine emotionale Verdichtung.
KI nutzen: zum Prozess der Bilderstellung
Oben abgebildet ist ein mit dem KI-Tool «runway» generiertes und mit Adobe Photoshop nachbearbeitetes Bild.
Zur Erstellung wurden die Prompts «Workshop in the arts», «Business Workshop in the arts» und «Workshop Situation in the arts» verwendet, die Sonne wurde nachträglich mit Photoshop integriert und ist eine Referenz an ein visuelles Element aus dem HKB Weiterbildungsangebot «Summer School».
Es macht Grenzen der Bildergenerierung mit KI-Tools sichtbar.
Wie soll die Gesellschaft mit KI umgehen?
Marie-Therese: Zuerst muss man wissen, wo KI eingesetzt wird. Es braucht Aufklärungsarbeit.
Sibylle: Genau. Wir wissen ja noch nicht einmal, auf welchen Algorithmen die unterschiedlichen KI-Assistenten basieren. Es fehlt Transparenz.
Marie-Therese: Erst wenn wir Transparenz haben, können wir bewusste Entscheide treffen.
Was müssen Menschen fürs KI-Zeitalter lernen?
Marie-Therese: Als Anwender*innen von KI müssen wir respektvoll mit dem Tool umgehen. Wir dürfen zum Beispiel Aussagen nicht verändern. Wir müssen die betroffenen Menschen miteinbeziehen. Und als Konsument*innen brauchen wir die Fähigkeit, von KI generierte Repräsentationen kritisch zu hinterfragen. Kritisches Denken wird also immer wichtiger.
Summer School 101
Die BFH Summer School richtet sich an Menschen, die keine Zeit für Bücher, dafür umso mehr Lust haben, sich zusammen mit anderen Weiterdenker*innen aus allen Etagen des Lebens Themen anzueignen, die von KI-Ethik, über Ansätze der Ko-Kreation, bis zu Atemtechnik fürs Präsentieren reichen.
Ihr seid beide ehemalige Schauspielerinnen. Ist eure Schauspielausbildung für euch heute noch relevant?
Sibylle: Meine Kompetenzen als Schauspielerin bilden die Basis für sehr vieles in meinem Berufsleben. Beim Spielen habe ich beispielsweise gelernt, in ganz verschiedenen Rollen zu denken und zu agieren. Ich habe gelernt, auf ungewohnte Situationen zu reagieren und auch mutig mit Fehlern umzugehen. Improvisationsfähigkeiten und eine gute Fehlerkultur sind in vielen anspruchsvollen beruflichen Situationen gefragt.
Wir Menschen benötigen Raum und Zeit, um wirklich innovativ sein zu können.
Wie erlernt man diesen Mut zum Fehler?
Marie-Therese: In der Kunst bewegt man sich bei optimalen Bedingungen in einem sicheren Raum. Im Theater beispielswiese sollte der Probenraum ein Ort der Sicherheit sein, der das Ausprobieren erlaubt. Man könnte sagen: Weiterbildungsangebote, wie die Summer School sind Proberaum für Leute aus der Arbeitswelt. Hier können sie ausprobieren, und Neues für Ihre Erfahrungswelt mitnehmen.
Sibylle: Wenn wir im Alltag zu eingespannt sind, fehlt uns oft die Perspektivenvielfalt. Gleichzeitig benötigen wir Menschen Raum und Zeit, um wirklich innovativ sein zu können. Weiterbildungen bieten in diesem Kontext den notwendigen Freiraum, Methoden aus den Künsten können neue Sichtweisen auslösen. Und die Zusammenarbeit in interdisziplinären Gruppen kann enorm hilfreich sein.