Psychische Gesundheit junger Menschen stärken

19.06.2024 Immer mehr Jugendliche leiden unter psychischen Belastungen. Ein Projekt der BFH will jungen Menschen aufzeigen, wie sie ihre mentale Gesundheit fördern können. Es setzt auf Jugendliche, die Wissen vermitteln.

Warum braucht es ein Präventionsprojekt, mit dem Jugendliche anderen Jugendlichen zeigen, wie sie ihre psychische Gesundheit fördern können?

Es steht nicht zum Besten mit der psychischen Gesundheit von Jugendlichen in der Schweiz. Fast täglich können wir in den Medien lesen, dass viele junge Menschen mental angeschlagen sind. Mit ein Grund für diese Entwicklung ist die Covid-19-Pandemie gewesen. Forschende der BFH und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) wollten etwas zur Förderung der psychischen Gesundheit von jungen Menschen unternehmen. Ihr Ansatz war, dass Jugendliche Gleichaltrigen aufzeigen, wie sie selbst der eigenen Psyche Gutes tun und mit belastenden Situationen besser umgehen können.

Viele Menschen getrauen sich nicht, offen über die Psyche zu sprechen, denn mentalen Problemen haftet in unserer Gesellschaft noch immer ein Stigma an.

Wie sind die Forschenden vorgegangen?

Die Forschenden erarbeiteten ein Präventionsprojekt für nachobligatorische Schulstufen wie Gymnasial- und Berufsschulen oder das 10. Schuljahr. Als Kernelement des Projekts definierten sie das Peer-to-Peer-Prinzip. Jugendliche gehen als sogenannte «Wellguides» in die Schulen und führen dort mit den Schüler*innen Workshops rund um die psychische Gesundheit durch. Dies aus der Überlegung heraus, dass Gleichaltrige oft den besten Zugang zu Jugendlichen haben.

Die Forschenden entwickelten den Workshop gemeinsam mit Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren und bezogen gezielt die Sichtweise junger Menschen mit ein. Der Workshop soll den Jugendlichen aufzeigen, wie sie Stress erkennen und mit ihm umgehen lernen, wie sie ihre Resilienz stärken können und wo sie Hilfe erhalten, wenn sie nicht mehr weiterwissen.

Was waren besondere Herausforderungen, die es im Projekt zu überwinden galt?

Eine Herausforderung für die Forschenden war, Jugendliche zu finden, die sowohl als «Wellguide» geeignet sind als auch die nötige Zeit haben, um an dem Projekt mitzuwirken. Die Jugendlichen müssen glaubwürdig auftreten können, sich seriös auf die Workshops vorbereiten und sich einige didaktische Grundkenntnisse aneignen, um der Aufgabe gewachsen zu sein.

Hinzustehen und über Themen zur psychischen Gesundheit zu reden, ist zudem nicht die Sache aller. Viele Menschen getrauen sich nicht, offen über die Psyche zu sprechen, denn mentalen Problemen haftet in unserer Gesellschaft noch immer ein Stigma an.

In den nächsten Monaten laufen Versuche mit den Workshops an Schulen.

Wie geht es weiter mit dem Projekt?

In den nächsten Monaten laufen Versuche mit den Workshops an Schulen in den Kantonen Bern und Zürich. Die dabei gewonnenen Erfahrungen werden die Forschenden in das Projekt einfliessen lassen. Sie werden zudem mit verschiedenen Organisationen prüfen, ob und wie sich die Workshops längerfristig in den Unterricht integrieren liessen. 

Welchen Nutzen hat das Projekt für die Gesellschaft?

Das Projekt leistet einen Beitrag zur Verbesserung der mentalen Situation von Jugendlichen – und dies in dreifacher Hinsicht: Erstens erhöht es das Wissen junger Menschen über psychische Gesundheit, zweitens informiert es über die vielfältigen Angebote zu deren Stärkung und drittens baut es Hürden ab, wenn es darum geht, Unterstützung in belastenden Lebensphasen in Anspruch zu nehmen. Da das Wohlergehen von Menschen im Zentrum steht, ist das Projekt auch Ausdruck des Prinzips einer sorgenden Gesellschaft (Caring Society).

Mehr über das Projekt und die BFH-Expertin dahinter

Das Projekt «wellguides.ch – junge Menschen informieren über psychische Gesundheit und Angebote» ist eine Kooperation der BFH und der ZHAW.

Regina Jenzer, Co-Projektleiterin

An der BFH steht das Projekt unter der Leitung von Regina Jenzer. Sie ist Dozentin für Kindes- und Erwachsenenschutz im Departement Soziale Arbeit. Sie unterrichtet und forscht zu verschiedenen Themen rund um Kindes- und Erwachsenenschutz.

Regina Jenzer ist Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft für Qualität im Kindesschutz (IGQK). Deren Ziel ist es, die Qualität im Kindesschutz in der Schweiz weiterzuentwickeln und zu sichern. 

Dieser Artikel erschien zuerst im Anzeiger Region Bern. Er ist Teil einer Serie, in der Forschungsprojekte der Berner Hochschulen vorgestellt werden.