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E-Volution in der Unkrautbekämpfung
13.01.2025 Der «E-Weeder» kombiniert künstliche Intelligenz mit elektrischen Pulsentladungen, um Unkraut effizient und bodenschonend zu entfernen – ganz ohne Einsatz von Herbiziden. So lautet die vielversprechende Idee der Berner Fachhochschule BFH. Ein Prototyp gibt Grund zur Zuversicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Der «E-Weeder» nutzt elektrische Pulsentladungen kombiniert mit künstlicher Intelligenz, um Unkraut herbizidfrei und bodenschonend zu bekämpfen.
- Ein Prototyp wurde bereits erfolgreich auf kleinen Flächen getestet.
- Dieser Artikel ist Teil einer Serie der Berner Fachhochschule, die im Kontext der Umweltverantwortungsinitiative ihre Expertise zum Thema beleuchtet.
Im Rahmen des Aktionsplans Pflanzenschutzmittel des Bundes wird angestrebt, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln drastisch zu reduzieren, um Umwelt- und Gesundheitsrisiken zu minimieren. Mechanische Methoden bieten zwar eine gute Alternative zu Herbiziden, beanspruchen jedoch den Boden oft sehr stark. Eine herbizidfreie und gleichzeitig bodenschonende Unkrautbekämpfung war deshalb bislang nicht umsetzbar. Ein Team der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (BFH-HAFL) sowie des Departements Technik und Informatik der BFH (BFH-TI) unter der Leitung von Martin Bauer hat sich deshalb auf die Suche nach neuen technischen Lösungen gemacht. Ziel war es, eine Methode zu entwickeln, die Unkraut effektiv bekämpft, den Boden schont und ohne chemische Substanzen auskommt.
Nach der Untersuchung verschiedener Technologien durch das Institut für Entwicklung Mechatronischer Systeme (EMS) – darunter das punktuelle Verbrennen einzelner Pflanzen mittels «Spot Flaming», Erwärmung mit elektrischen Feldern («Dielectric Heating») und Lasertechnik – zeigte sich ein kurzer, aber starker Strompuls («Electric Discharge») als vielversprechendste und zugleich stromsparendste Lösung. Diese Technik zerstört Pflanzenzellen durch starke elektrische Pulsentladungen. Dabei erhitzt sich die Flüssigkeit in den Pflanzenkanälen explosionsartig, sodass die Zelle eliminiert wird – ganz ohne direkten Kontakt zum Boden. «Zusätzlich entsteht ein starkes elektrisches Feld, welches die Pflanze zusätzlich schädigt», erklärt Martin Bauer.
Ein automatisierter Prototyp mit KI
Das Forschungsteam entwickelte daraufhin einen Prototyp: Auf einem Fahrzeug, das automatisiert durch Kulturreihen fährt, ist der E-Weeder befestigt – das eigentliche Werkzeug, das gezielt mit elektrischen Impulsen unerwünschte Beikräuter vernichtet. Ein zentraler Bestandteil des Prototyps - das sogenannte Hochspannungsimpulssystem - wurde vom Hochspannungs- und EMV-Labor der BFH-TI, konzipiert und umgesetzt. Der Prototyp ist mit einer Kamera und einem Roboterarm ausgestattet, der die Hochspannungselektrode präzise zu den Pflanzen führt. Ein neuronales Netzwerk ermöglicht es dem Gerät, zwischen «guten» und unerwünschten Pflanzen zu unterscheiden. «Wir haben die Technologie erfolgreich auf kleinen Flächen getestet», berichtet Bauer.
Langfristig soll das System nicht nur Unkraut regulieren, sondern auch Diagnosen zu Pflanzenkrankheiten stellen und andere Analysen durchführen können. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. «Derzeit ist unser Prototyp nur für kleinere Demonstrationsflächen geeignet», räumt Bauer ein. Das Ziel sei nun, das Verfahren so weiterzuentwickeln, dass es auch auf grossen Flächen angewendet werden kann.
Open Field Automation als Plattform
Die Entwicklung des E-Weeders ist Teil der «Open Field Automation»-Initiative, die sich auf die Entwicklung von Technologien zur Automatisierung von Feldarbeiten spezialisiert hat. Dabei geht es darum, Arbeitsabläufe effizient, präzise und nachhaltig zu gestalten. Im Rahmen dieser Plattform sollen neue Soft- und Hardware-Lösungen leichter den Weg in die Praxis finden.
Das «E-Weeder»-Projekt wird von der BFH-HAFL und BFH-TI in Zusammenarbeit mit der Ostschweizer Fachhochschule durchgeführt. Bis 2025 soll die Technologie mit begrenzten Mitteln und viel Engagement auf einem landwirtschaftlichen Feld zum Einsatz gebracht werden.