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Klug im Zug

15.01.2025 Treibhausgase zu reduzieren ist das Ziel vieler Organisationen – so auch der BFH. Wie eine Tätigkeit in der Forschung mit nachhaltiger Mobilität zu vereinen ist, zeigt BFH-Professor Dr. René R. Schmidpeter.

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit der Klimaroadmap 2030 strebt die BFH eine deutliche Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen an – ein Hebel dazu ist die Mobilität.
  • Nachhaltigkeitsforscher Prof. Dr. René R. Schmidpeter zeigt, wie dies mit einer international vernetzten Tätigkeit in der Wissenschaft vereinbar ist.
  • Bereits seit mehreren Jahren setzt er auf die bewusste Auswahl und Planung von Reisen und nutzt die Bahn anstelle des Flugzeugs.

Eine klimaneutrale Hochschule bis 2030 – das ist das Ziel der BFH. Mit der Klimaroadmap 2030 hat die Hochschule einen klaren Fahrplan zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Enthalten sind 30 Massnahmen, unter anderem aus dem Bereich der Mobilität. Die BFH ermutigt ihre Mitarbeitenden und Studierenden bei Reisen, die sie für die Hochschule unternehmen, auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu setzen.

Wie eine Tätigkeit in Forschung und Lehre mit möglichst wenig Flugreisen aussehen kann, das zeigt unser Gespräch mit Prof. Dr. René R. Schmidpeter, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement am BFH-Departement Wirtschaft. Er verzichtet seit 2019 auf Flugreisen im privaten und beruflichen Kontext.

René, wie kam es dazu, dass du aufgehört hast, zu fliegen?

Anfang des Jahrtausends habe ich die Globalisierung gelebt, mit Flügen in die USA, nach Indien und China. Mir wurde dann aber schon vor Corona klar, dass solche Reisen gut überlegt sein sollten. Zum einen wegen des wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstseins. Zum anderen, weil seitdem neue technische Möglichkeiten für Telekonferenzen entstanden. Und nicht zuletzt zeigte die Pandemie, wie schnell Netzwerke, in die man viele Flugstunden investiert hat, durch geopolitische Ereignisse obsolet werden können.

Schlussendlich geht es auch um eine Haltungsfrage: wie gehe ich mit meiner Zeit um?

René R. Schmidpeter
René R. Schmidpeter Nachhaltigkeitsforscher

Wie funktioniert das nun, die Tätigkeit als international vernetzter Forscher ohne Flugreisen?

Es beginnt schon bei der Wahl der Konferenzen und Netzwerke, wo man sich engagieren möchte. Es muss nicht unbedingt Übersee sein, Europa hat auch viel zu bieten. Für Reisen benutze ich wann immer möglich den Zug. Und kürzeren Austausch pflege ich konsequent mit Videotelefonie.

Schlussendlich geht es dabei auch um eine Haltungsfrage: wie gehe ich mit meiner Zeit um? Nehme ich jede Anfrage an? Pflege ich möglichst viele Kontakte oder konzentriere ich mich auf qualitativ besonders gute?

René R. Schmidpeter sitzt in einem Einzelabteil eines Nachtzugs. Rechts sieht man das Bett, links sitzt er auf einem Sitz und lacht in die Kamera.
René R. Schmidpeter im Nachtzug in die Türkei.

Wichtiges Stichwort: Zeit. Der Zug ist langsamer als das Flugzeug …

… die Zeit im Zug kann man aber viel besser nutzen. Ein vielleicht etwas extremes Beispiel ist meine Reise zu einer Konferenz in Kappadokien im vergangenen Jahr, das ist eine Region in Zentralanatolien. Die Fahrt dorthin dauerte einfach 50 Stunden. Die Zeit konnte ich gut nutzen, um mich auf die Konferenz vorzubereiten.

Ich habe interessante Menschen getroffen und konnte Interviews für meine Forschung führen. Es ist eine andere, bewusstere Art des Reisens. Die Akklimatisierung findet auf der Reise statt. Man kommt ganz anders an als mit dem Flugzeug.

Es geht nicht um ein ideologisches Schwarz-Weiss-Denken.

René R. Schmidpeter
René R. Schmidpeter Nachhaltigkeitsforscher

Dennoch: bei einem kompletten Verzicht auf Flugreisen würde viel verloren gehen.

Das stimmt. Es geht auch nicht um ein ideologisches Schwarz-Weiss-Denken. Gerade für jüngere Forschende ermöglichen Fernreisen wichtige persönliche und berufliche Erfahrungen. Solche langen Reisen sollten einfach gut überlegt sein. Kombiniert mit einem längerem Forschungsaufenthalt oder zusätzliche Erfahrungen vor Ort ergibt der Flug eventuell mehr oder überhaupt erst Sinn.

René R. Schmidpeters Tipps für längere Reisen im Zug

  • Tote Zeiten nutzen: Auf dem Papier ist die Reisezeit im Zug länger als im Flieger. Das relativiert sich jedoch, wenn man die Reise geschickt plant, zum Beispiel mit dem Nachtzug. Auch zum Arbeiten oder Lesen lässt sich die Zeit im Zug oft besser nutzen als im Flugzeug.
  • Dreiecke bilden: Wer die Fahrt zu einer Konferenz mit einem Abstecher für einen Arbeitsbesuch auf der Rückfahrt bündelt, profitiert. Das Reisen im Dreieck ist effizienter als zwei separate Hin- und Rückreisen.
  • Gut recherchieren: Mit Nachtzügen oder privaten Bahnanbietern gibt es oft mehr Möglichkeiten, als man auf den ersten Blick vermutet.
  • Einfach mal probieren: auch wenn auf der ersten Reise vielleicht nicht alles klappt und natürlich auch Züge Verspätung haben können – es lohnt sich, nicht beim ersten Mal aufzugeben, sondern Routine zu gewinnen.

Was sind deine nächsten Reisepläne?

Im nächsten Sommer geht es vielleicht nach Lissabon, eventuell mit einem Zwischenstopp. Ich schliesse es auch nicht aus, dass ich irgendwann wieder einmal fliege. Ich habe aber den Ehrgeiz, es so weit wie möglich zu vermeiden.

Man muss sich ja auch nicht nur auf den Zug beschränken. Nach Nordafrika, z.B. Tunis oder auf eine Insel, kommt man gegebenenfalls auch mit dem Schiff oder einer Fähre. Es macht mir Spass, die Möglichkeiten alternativen Reisens zu erkunden und dabei auch mehr über die jeweiligen Länder und Kulturen zu erfahren.

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