- Story
Köpfe der Forschung: Martin Skamletz
20.01.2025 Woran forschen Mitarbeiter*innen am Institut Interpretation? Institutsleiter Martin Skamletz spricht mit uns über Forschungsthemen und künstlerisch-wissenschaftliche Doktoratsprogramme.
Nathalie Pernet: Martin Skamletz, du bist seit den Gründungsjahren der HKB-Forschung Teil davon. Wie hat sich in dieser Zeit die Forschungslandschaft aus deiner Sicht verändert?
Als ich die Verantwortung für den damaligen Forschungsschwerpunkt Interpretation übernehmen durfte, war die allererste Gründungsphase der Forschung an der HKB schon überstanden, viele Schwerpunkte waren gesetzt und ich habe zunächst einmal einfach weitergeführt, was bereits angelegt war. Im Rückblick empfinde ich es als besondere Qualität der ganzen HKB-Forschung, dass bei aller Weiterentwicklung auf verschiedensten Ebenen über die Jahre hinweg immer eine grosse Stabilität und Verlässlichkeit der Strukturen spürbar war und wir in Ruhe an der Professionalisierung unserer Organisation arbeiten konnten.
Die grösseren Veränderungen in diesen Jahren haben sich ausserhalb der Hochschule, in der weiten Landschaft der Forschungsförderung vollzogen: Viele Finanzierungsformate wurden verändert, neu eingeführt oder auch wieder abgeschafft. Aber sogar in einem derart dynamischen Umfeld bleiben Konstanten, nämlich etwa die Hausaufgabe für die Forschungsinstitutionen, als Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung von Themen und Projekten an der Schaffung von Pensen für Forschende zu arbeiten, die flexibel in mehreren Bereichen wie Forschung und Lehre verankert sind und auch noch eigene künstlerische Tätigkeit ermöglichen.
Forscher, Dozent und Musiker
Martin Skamletz studierte Musiktheorie und Querflöte an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, Traverso am Koninklijk Conservatorium in Brüssel und Komposition in Feldkirch.
An der HKB leitet Skamletz seit 2007 das Institut Interpretation und lehrt Musiktheorie im Fachbereich Musik. Ausserdem ist er für die Kooperation der HKB mit dem künstlerisch-wissenschaftlichen Promotionsprogramm der Anton Bruckner Privatuniversität Linz zuständig. Zudem ist er an der Administration der Graduiertenschule für künstlerische Forschung beteiligt, die die HKB zusammen mit der Hochschule für Musik in Freiburg im Breisgau eingerichtet hat.
Wenn du die Forschungstätigkeit des Instituts Interpretation umschreibst: Mit welchen Themen beschäftigt ihr euch?
Die Spannweite unserer Themen ist gross, und ich möchte gar keine einzelnen Dinge zu sehr hervorheben, sondern auf unsere Website hkb-interpretation.ch verweisen mit Informationen zu allen Projekten und Veranstaltungen.
Es freut mich, dass manche unserer Forschungsthemen, die nicht nur auf die Musik bezogen sind, sondern immer wieder auch ins Theater und in die Literatur hineinführen, auf die allerersten Jahre der HKB-Forschung zurückgehen. Wer hätte damals ahnen können, dass aus der Idee eines Dozenten, sich während eines Sabbaticals mit dem Nachbau eines ungewöhnlichen Blasinstruments aus dem frühen 19. Jahrhundert zu beschäftigen, langfristig die Beteiligung der HKB an der Gründung eines Museums an der Kramgasse hervorgehen sollte? Wer hätte erwartet, dass die Entwicklung eines Musikrollenscanners zusammen mit der BFH-TI zur regelmässigen Kooperation mit führenden amerikanischen und australischen Forschungsinstitutionen führen würde?
Nachdem wir uns von Anfang an immer für historische Themen interessiert hatten, aus denen man übrigens sehr viel für die aktuelle Praxis lernen kann, sind in den letzten Jahren auch die Projekte zahlreicher geworden, die sich im engeren Sinne mit zeitgenössischen Fragen beschäftigen – durch die Initiative von Forschenden, die ihre Interessen erfolgreich eingebracht haben. Letztlich sollte meiner Meinung nach nicht zu sehr strategisch «von oben» her festgelegt werden, worüber Forschung gemacht wird, sondern die Forschenden sollen selbst entscheiden können, was sie interessiert, solange es finanzierungstechnisch machbar, kooperativ anschlussfähig und vielleicht sogar für die Lehre interessant ist. Für ein Forschungsinstitut hatte ich immer das Idealbild eines nur behutsam gepflegten und für Aussenstehende fast wild wirkenden Landschaftsgartens vor Augen, in dem ganz verschiedene Pflanzen selbständig wachsen dürfen – sicher nicht einen von absolutistisch Herrschenden nach geometrischen Formen entworfenen Barockgarten, der letztlich nur der Repräsentation dient.
Seit ein paar Jahren bist du auch für die Kooperation der HKB mit künstlerisch-wissenschaftlichen Doktoratsprogrammen an Musikhochschulen in Deutschland und Österreich zuständig. Wie ergänzen diese das SINTA-Doktoratsprogramm der HKB mit der Universität Bern?
Im künstlerisch-wissenschaftlichen Doktoratsprogramm der Anton Bruckner Privatuniversität Linz, an dem die HKB seit 2020 als Partnerhochschule teilnimmt, wird von den Doktorierenden erwartet, dass sie ihre Forschungsfragen aus der eigenen künstlerischen Praxis heraus entwickeln. In diesem Programm können wir von der HKB her nur die wissenschaftliche Betreuung für einzelne Doktorierende stellen, die ansonsten ganz in Linz angesiedelt sind, arbeiten aber daneben an der Akquisition von begleitenden Finanzierungsprojekten für Doktorierendenstellen. Da ich selbst einen österreichischen Hintergrund habe, bedeutet die Zusammenarbeit mit Linz für mich jeweils eine punktuelle Rückkehr in eine ganz anders funktionierende akademische und administrative Kultur, aus der ich viel für meine Tätigkeit an der HKB lernen kann.
Die Kooperation mit der Hochschule für Musik Freiburg im Breisgau hat noch umfassender mit der HKB zu tun, denn die Doktorierenden absolvieren parallel zum eigentlichen Doktorat in Freiburg einen künstlerischen Zweitmaster am Fachbereich Musik der HKB, in den sie per Eignungsprüfung aufgenommen werden. Ihre Doktoratsprojekte werden dann künstlerisch an der HKB begleitet, und auch für die wissenschaftliche Betreuung können wir entsprechend qualifizierte HKB-Dozierende in Freiburg assoziieren lassen.