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«Wir wollen unsere Einzigartigkeit stärken»

27.03.2025 «Die Pandemie hat einen Digitalisierungsschub ausgelöst, uns allerdings auch gezeigt, wo Präsenzunterricht unabdingbar ist», sagt Lâra Wiederkehr, Leiterin Ressort Lehre und Weiterbildung im Departement Architektur, Holz und Bau der BFH. Ein Gespräch über den Umgang mit KI, die Bedeutung von Nachhaltigkeit, Interdisziplinarität und Mehrsprachigkeit in der Ausbildung der Studierenden. Zudem teilt sie ihre Anliegen für die Zukunft.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pandemie hat an der BFH einen Digitalisierungsschub ausgelöst, aber auch gezeigt, wo Präsenzunterricht unabdingbar ist und hybride Gefässe sinnvoll sind.

  • Gute Studierende profitieren durchaus von KI, demgegenüber werden weniger gute durch KI nicht unbedingt besser.

  • Nachhaltigkeit, Interdisziplinarität und Mehrsprachigkeit bereiten die Studierenden entscheidend auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vor.

Vor rund fünf Jahren brach die Pandemie aus. Welche persönlichen Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Lâra Wiederkehr: Für meine Familie mit damals zwei kleinen, noch nicht schulpflichtigen Kindern war die Zeit eigentlich wohltuend entschleunigend. Uns hat das sehr gutgetan. Wir konnten viel Zeit miteinander verbringen: Wir wohnen in einem sehr sozialen Umfeld, in dem man viel draussen spielen konnte. Den Lehrbetrieb an der BFH aufrechtzuerhalten, war demgegenüber sehr herausfordernd. Wir mussten uns immer wieder schnell und agil an sich oft verändernde Bestimmungen anpassen.

Hat die BFH die Zeit gut gemeistert?

Ja, dank des grossen Engagements aller Beteiligten konnten wir die Zeit mit innovativen, digitalen Lösungen gut überbrücken. Gleichzeitig haben wir versucht, so viel wie möglich vor Ort durchzuführen, weil die persönliche Interaktion für die Studierenden extrem wichtig ist. Das gilt zum Beispiel für den Projektunterricht.

Studierende im Austausch
Die Diskussionskultur ist im digitalen Unterricht weniger lebendig als vor Ort in einem Raum.

Hat sich die Lehre durch die Pandemie verändert?

Ja, die Pandemie hat an der gesamten Institution einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Vor der Pandemie hatten wir noch Telefone auf den Tischen und kaum jemand wusste, was MS Teams ist. Letzteres ist heute Standard, einzelne Modul-Prüfungen führen wir immer noch online durch und einige Lehrgefässe haben sich digital etabliert.

Wo profitieren die Studierenden sonst noch von der Digitalisierung?

Mit unseren derzeit noch «drei» Standorten können wir eine Veranstaltung an einem Ort durchführen und übertragen sie an die beiden anderen. Wir bieten zum Teil heute noch Online-Veranstaltungen an, wovon vor allem Teilzeit-Studierende profitieren. Wir konnten sehr viel ausprobieren und haben dabei aber wie gesagt auch die Grenzen der Digitalisierung erkannt. Die Diskussionskultur ist im digitalen Unterricht weniger lebendig als vor Ort in einem Raum. Als Konsequenz aus der Pandemie quasi zu einer digitalen Hochschule zu werden, stand nie zur Diskussion. Wir haben gemerkt, wo der Präsenzunterricht unabdingbar ist und wo es sich lohnt, in hybride Gefässe zu investieren.

«Es ist wichtig, die enge Verbindung zur Praxis in Form von Kooperationen und Reallaboren zu fördern.»

  • Lâra Wiederkehr Leiterin Ressort Lehre & Weiterbildung BFH-AHB

Welche Rolle spielt die KI in der Aus- und Weiterbildung?

Durchaus eine grosse. Die Studierenden sollen das Werkzeug aktiv nutzen, es reflektieren und sich damit Wissen aneignen. Es gibt auch Weiterbildungsangebote für Dozierende, in denen sie Möglichkeiten kennenlernen, um sich zum Beispiel mittels KI auf den Unterricht vorzubereiten. Wir prüfen auch KI-unterstützte Organisationsprozesse für die gesamte Hochschule.

Muss man der KI auch Grenzen setzen?

Ja, es gab auch schon Fälle von Studierenden, die wegen des unerlaubten Einsatzes von KI in Arbeiten sanktioniert werden mussten. Aber man kommt dem heute doch noch ziemlich schnell auf die Schliche. Etwas überspitzt formuliert kann man feststellen: Gute Studierende profitieren durchaus von der KI, demgegenüber werden weniger gute durch KI nicht unbedingt besser. Die Schere geht diesbezüglich noch weiter auseinander. Das beobachten Dozierende in der Praxis. Für gute Resultate muss man eben auch gut prompten.

Warum spielt die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Lehre eine immer wichtigere Rolle?

Weil es einer wichtigen Anforderung in der Arbeitswelt entspricht: Architekt*innen, Bau- oder Holzbauingenieur*innen arbeiten seit jeher in interdisziplinären Teams. In unserer Lehre fördern wir gezielt die Interdisziplinarität, um das vernetzte Denken der Studierenden zu stärken und sie auf die zunehmend komplexen Herausforderungen in Bauprojekten vorzubereiten. Dafür setzen wir auf projektorientierte Lehrformate die Theorie und Praxis kombinieren und in denen Studierende zum Beispiel reale Aufgabenstellungen der Architektur bearbeiten und Lösungen entwickeln. Ein weiteres Lehrgefäss ist die «Special Week», die Studierende verschiedener Fachrichtungen zusammenbringt. Zentraler Bestandteil unserer Ausbildung sind auch interdisziplinäre Semesterprojekte. Hier bewältigen Studierende aus Architektur, Holztechnik und Bauingenieurwesen gemeinsam komplexe Fragestellungen des Bauwesens. In unserer Ausbildung fördern wir Teamarbeit, gemeinsames, kreatives Denken und Problemlösungs-Kompetenzen. So stellen wir sicher, dass Studierende ihr theoretisches Wissen in praktischen Arbeiten anwenden und wertvolle Erfahrung für ihre berufliche Zukunft sammeln.

«Gute Studierende profitieren von der KI, demgegenüber werden weniger gute durch KI nicht unbedingt besser.»

  • Lâra Wiederkehr Leiterin Ressort Lehre & Weiterbildung BFH-AHB

Die interdisziplinären Minors «Integrales digitales Bauen» und «Zirkuläres und nachhaltiges Bauen» werden erstmalig angeboten. Wie sind sie angelaufen?

Sie stossen auf grosses Interesse und sind gut besucht. Die Gruppen sind durchmischt, und wir sind überzeugt, dass sich die Studierenden in diesen Angeboten  wichtige Kompetenzen für die Praxis aneignen können. 

Welche Themen werden Ihr Departement in Zukunft beschäftigen?

Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Resilienz, regenerative Materialien oder KI-gestützte Planungsprozesse sind für alle Hochschulen und die gesamte Baubranche von grosser Bedeutung. Für uns wird aber auch das Thema der «Engaged University» immer wichtiger.

Was verstehen Sie darunter?

Wir wollen uns in der Gesellschaft konkret engagieren und unsere Aktivitäten mit den Menschen teilen, um vom gegenseitigen Austausch zu profitieren. Die Jahresausstellung 2024 hat sich der Frage gewidmet, wie Architektur die Menschen in den verschiedenen Lebensphasen unterstützen kann. Dazu gab es diverse öffentliche Veranstaltungen. Wir engagieren uns auch beim «Open House Bern» im Mai, bei dem die Bevölkerung Gebäude besichtigen kann. Da übernehmen wir Führungen, bieten Spaziergänge an oder stehen im Dialog mit Besucher*innen.

«Wir wollen unsere Einzigartigkeit stärken und weiterentwickeln und eine inspirierende Lernumgebung gestalten.»

  • Lâra Wiederkehr Leiterin Ressort Lehre & Weiterbildung BFH-AHB

Welche Rolle spielt die Mehrsprachigkeit?

Sie ist für uns sehr wichtig. Die Masterstudiengänge sind fast alle schon mehrsprachig, auch in Englisch. Damit ziehen wir internationale Studierende an, was wiederum für alle Studierenden ein Gewinn ist: Mehrsprachigkeit ist auf dem Arbeitsmarkt ein wichtiges Kriterium. Die Angebote in Biel sind zum Teil zweisprachig. Die Bachelor-Studiengänge Architektur und Bauingenieurwesen in Burgdorf werden im Moment noch ausschliesslich in Deutsch angeboten. Im Hinblick auf den Umzug auf den Campus Biel/Bienne 2028 müssen wir Ideen entwickeln, wie die Mehrsprachigkeit clever in der Lehre umgesetzt werden kann.

Welches sind Ihre wichtigsten Anliegen für die Zukunft?

Unsere Einzigartigkeit in der Hochschullandschaft zu stärken und weiterzuentwickeln und durch innovative Lehrformate eine inspirierende Lernumgebung zu gestalten. Wichtig ist es auch, die enge Verbindung zur Praxis in Form von Kooperationen und Reallaboren zu fördern.

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