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Advanced Practice Nurses: Gesetzliche Anpassungen nötig
26.01.2023 Advanced Practice Nurses (APN) können einen Mehrwert in der hausärztlichen Gesundheitsversorgung bieten. Zu diesem Schluss kommt eine Pilot-Studie der BFH im Auftrag von «Gesundheitsförderung Schweiz». Damit das Versorgungsmodell Breitenwirkung entfalten kann, braucht es die gesetzliche Anerkennung der Berufsrolle, klare Abrechnungsmodelle und Prozessanpassungen in Hausarztpraxen.
Zunahme chronischer Erkrankungen, Multimorbidität und Fachkräftemangel: Um den Herausforderungen des schweizerischen Gesundheitssystems zu begegnen, sind neue Modelle in der Primärversorgung nötig. Der Einsatz von Advanced Practice Nurses (APN) hat dabei ein grosses Potential. APN sind Pflegefachpersonen, die mindestens durch einen Master-Abschluss ihre Kompetenzen erweitert haben. Das umfasst neben medizinischem und klinischem Fachwissen unter anderem professionelles Leadership, Coaching, Forschungsfertigkeiten, interdisziplinäre Zusammenarbeit und ethische Entscheidungsfindung. Während der Beruf in anderen Ländern wie beispielsweise der USA bereits etabliert ist, befindet sich die Rolle der APN in Schweizer Hausarztpraxen in der Pionierphase.
Evidenz zeigt: APN bieten Mehrwert
Die Studie untersuchte zwei Hauarztpraxen: eine in einer ländlichen Gegend im Schweizer Mittelland und eine andere in einer Bergregion. Die Ergebnisse zeigen, dass APNs einen Mehrwert in den Bereichen Unterstützung des Selbstmanagements, Prävention und Gesundheitsförderung bei komplexen, stabilen und instabilen Patientensituationen leisten. «Besonders Patient*innen mit chronischen Erkrankungen erhalten eine raschere und zielgerichtetere Behandlung», sagt Studienleiterin Prof. Dr. Maya Zumstein-Shaha.
Das zeigt sich am Beispiel der Hausbesuche: Diese stärken die Verbindung zwischen Patient*innen, Angehörigen, Hausarztpraxis, Spitex oder anderen Leistungserbringenden. «Bis dato ist diese Dienstleistung mit anderen Gesundheitsberufen selten abgedeckt», beobachtet Zumstein-Shaha. In beiden untersuchten Fällen sind die APN auch bei der lokalen Spitex angestellt. Damit ergibt sich eine bessere Behandlungskontinuität und eine raschere Überweisung an lokale Spitexdienste.
Auch in Alters- und Pflegeheimen werden mit dem Einsatz von APN Problemstellungen frühzeitiger erkannt. Dank APN werden systematischer gesundheitsfördernde und präventive Massnahmen eingeleitet sowie Patient*innen im Selbstmanagement unterstützt. Das Fazit von Zumstein-Shaha: «In ihrer Rolle als Bindeglied zwischen Pflege und Medizin können APN einen Grossteil der heimärztlichen Aufgaben abdecken und so die Hausärzt*innen entlasten sowie die Pflege vor Ort stärken.»
Gesetzliche Anpassungen nötig
Die Vorteile von APN in der hausärztlichen Gesundheitsversorgung sind offensichtlich. Doch warum ist die Berufsrolle in der Schweiz noch nicht etabliert? «Einerseits ist die Rolle der APN bei Schweizer Hausärztinnen und Hausärzten noch wenig bekannt», sagt Maya Zumstein-Shaha, «andererseits sind sie im heutigen System nicht als Leistungserbringende vorgesehen». Durch die fehlenden rechtlichen Grundlagen können APN-Leistungen nur abgerechnet werden, wenn sie entweder im Rahmen einer ärztlichen Verordnung erbracht werden – und dann auch nur mittels Tarife für nicht-ärztliche Leistungserbringende. «Wir brauchen unbedingt eine gesetzliche Anerkennung der Berufsrolle», fordert Zumstein-Shaha. Das Master-Niveau muss im Gesundheitsberufegesetz GesBG reguliert werden. Erst dann kann die Leistungserbringung im Bundesgesetz über die Krankenversicherung KVG geregelt werden.
Die Studie zeigte, dass auch innerhalb von Hausarztpraxen Anpassungen der Prozesse und Strukturen nötig sind. Bei der Zuweisung von Patient*innen muss es den APN möglich sein, einen eigenen Patientenstamm aufbauen zu können. Die Anbindung an eine lokale Spitex kann hier eine interessante Lösung sein, ebenfalls die Vernetzung mit lokalen Alters- und Pflegeheimen.
Rahmenbedingungen und Stellenprofil APN
Oft sind die Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche von APN in der hausärztlichen Gesundheitsversorgung noch unklar. Zusammen mit «Gesundheitsförderung Schweiz» hat die BFH Rahmenbedingungen und ein Stellenprofil APN für den Kanton Bern entwickelt.