Zusammen mehr erreichen: BFH Transformation

21.06.2023 BFH Transformation ist eine Kollaboration über die Departementsgrenzen hinweg. Im Gespräch erzählen Simone Gäumann und Urs Heimberg, wie ihr Projekt nach aussen Impulse für die Weiterentwicklung unserer Lebensräume gibt und nach innen ein neues Gemeinschaftsgefühl schafft.

BFH Transformation ist eine Kollaboration von Mitarbeiter*innen, Dozent*innen und Student*innen der Departemente Architektur, Holz und Bau, Soziale Arbeit und der Hochschule der Künste Bern. Im Projekt geht es einerseits darum, innerhalb der BFH neue Arten der Zusammenarbeit zu testen, aber gleichzeitig auch nach aussen mit Impulsen und als Ideengeberin zu wirken. Beispielsweise haben Student*innen neue Begegnungsmöglichkeiten in Ostermundigen, einen architektonischen Mittelpunkt fürs Quartier und die Nutzung von Brachland als Allmend vorgeschlagen. Ziel war es, die Stadtregion Bern aus der Perspektive von Ostermundigen, also «vom Rand her» neu zu denken.

Vom 28. Februar bis zum 17. März 2023 präsentierte die BFH bei Fachveranstaltungen, Konzerten, einer Vernissage und Ausstellung im Kornhaus und diversen Führungen die Ergebnisse. Im Kontext der Fusion von Bern und Ostermundigen stiess BFH Transformation auf grosses Interesse: Diverse Fachverbände, der Verein "Bern neu gründen", eine Delegation des Stadtparlaments mit 30 Personen und die beiden Stadtpräsidenten von Ostermundigen und Bern nahmen teil.

Simone Gäumann (SG), Urs Heimberg (UH), um was geht es bei BFH Transformation?

SG: Es geht immer um mittel- und längerfristige Entwicklungen unserer Lebensräume. Darum, mit baulichen, sozialen und künstlerischen Perspektiven gesellschaftliche Veränderungen zu analysieren, Zugänge zu finden und Interventionen zu lancieren. Es sind Entwicklungsprozesse, die nah an der Bevölkerung sind und einen räumlichen Aspekt haben. Raum verbindet die Disziplinen.

UH: Die Region Bern etwa wurde lange von innen, also von Bern aus nach aussen geplant. Wir machen es am Beispiel Ostermundigen umgekehrt und denken von den Rändern nach innen und versuchen so, Impulse für die Stadtregion zu schaffen. Mit ungewohnten Ansätzen eröffnen wir neue Perspektiven. Dabei entstehen selten pfannenfertige Lösungen, aber sehr wohl wertvolle Impulse.

Wie haben die Politiker*innen auf die Ideen zu ihren Gemeinden reagiert?

UH: Die Berner Stadträt*innen haben dank BFH-Transformation neue Facetten der unbekannten Nachbargemeinde Ostermundigen kennengelernt. Sie sind lange vor dem Drohnenvideo gestanden, in dem Menschen vor Ort über ihr Quartier sprechen. Dieses Video hat ihnen wortwörtlich eine neue Perspektive auf Ostermundigen eröffnet.

Wie wurde das Projekt innerhalb der BFH aufgenommen?

UH/SG: Die Rückmeldungen zur Ausstellung im Kornhaus waren durchwegs positiv und geschätzt wurde auch, dass wir im Projekt mit den drei beteiligten Departementen eine gemeinsame Stimmung geschaffen haben. Auch dass der Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit der BFH uns unterstützt, zeigt die Bedeutung des Projekts.

Worin liegen die Herausforderungen bei einem interdisziplinär angelegten Projekt wie BFH Transformation?

SG: Im Pilotjahr haben wir viel in den Aufbau der interdisziplinären Zusammenarbeit investiert. Als Departemente funktionieren wir sehr unterschiedlich, handhaben unsere jeweiligen Lehr- und Forschungsaktivitäten teils ganz anders. Diese unterschiedlichen Strukturen zu überbrücken, darin liegt wohl die grösste Herausforderung des Projekts.

UH: Stimmt. Ausserdem hat uns die Erfahrung mit transdisziplinärer Didaktik noch gefehlt, deshalb haben wir den niederschwelligen Austausch zwischen den Departementen gesucht und erst mal Austauschplattformen organisiert.

«Wir könnten doch viel mehr erreichen, wenn wir uns zusammentun würden.»

Worum geht es denn bei transdisziplinärer Didaktik?

SG: Interdisziplinäres Arbeiten heisst Zusammenarbeit über die fachlichen Grenzen hinweg, wobei alle Beteiligten ihre jeweiligen Perspektiven einbringen. Bei der transdisziplinären Lehre gehen wir einen Schritt weiter und versuchen, ein Thema aus einer gemeinsamen Perspektive heraus zu bearbeiten.

UH: Dazu braucht es übergeordnete Fragestellungen, die aufs Transdisziplinäre abzielen. Die Ausstellung und das Event-Wochenende zu BFH Transformation zeigen verschiedene disziplinäre Perspektiven zusammen an einem Ort und haben damit bereits eine andere Dimension als eine departementale Ausstellung. Der nächste Schritt ist es nun, eine gemeinsame transdisziplinäre Aufgabenstellung zu finden und diese im studentischen Alltag mit neuen Zusammenarbeitsformen zu etablieren.

Wie findet man eine solche gemeinsame transdisziplinäre Basis?

SG: Es reicht nicht, die Studierenden zusammenzubringen. Wir müssen auch schauen, wie wir zusammenarbeiten, was es für didaktische Mittel braucht. Angebote wie BFH diagonal, die Student*innen ermutigen, ihr Studium mit Kursen aus anderen Disziplinen anzureichern, zeigen die Richtung. Aber: Wir sind da noch am Anfang.

UH: Die Annäherung zwischen den Disziplinen und Departementen braucht Zeit, wir müssen Schritt um Schritt vorgehen. Es braucht einen langen Schnauf, denn partizipative Prozesse lassen sich nicht verordnen.

«Partizipative Prozesse lassen sich nicht verordnen.»

Warum nimmt man einen solchen Aufwand in Kauf?

UH: Das ist einfach: Weil es enorm interessant ist. Wir können doch viel mehr erreichen, wenn wir uns zusammentun würden.

SG: Und es ist Work in Progress. BFH Transformation ist als ergebnisoffener Prozess eine Lernerfahrung für die BFH. Wir hoffen natürlich, dass wir diesen Lernweg schon bald mit weiteren Departementen teilen können.

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