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«Wenn verbale Kommunikation nicht möglich ist, kommt Unterstützte Kommunikation zum Einsatz»
03.08.2023 «Man kann nicht nicht kommunizieren», sagte bereits Paul Watzlawick. Kommunikation ist für Menschen etwas Grundlegendes, insbesondere in der Gesundheitsversorgung. Was, wenn jedoch aufgrund einer Behinderung die Kommunikation nicht durch Lautsprache erfolgen kann? Welche Formen der Unterstützung hier möglich sind, weiss Paula Innerhofer, Schulische Heilpädagogin und Expertin für Unterstützte Kommunikation.
Sich mit Freund*innen im Restaurant treffen und einen Kaffee bestellen: Für viele ist es selbstverständlich, das Getränk selbst auswählen und bestellen zu können. Doch es gibt Menschen, die aufgrund angeborener oder erworbener Schädigungen in ihrer Kommunikation und sprachlichen Verständigung mit ihrer Umwelt eingeschränkt sind. Die Teilhabe an der Gesellschaft und ein selbstbestimmtes Leben – insbesondere auch in der Gesundheitsversorgung – können erheblich eingeschränkt sein. Durch den Einsatz von Unterstützter Kommunikation (UK) können diese Menschen eine deutliche Verbesserung ihrer Verständigung erreichen.
Die Wichtigkeit von Kommunikation im Gesundheitswesen
Paula Innerhofer hat mit zwei Kolleginnen zusammen die Firma UKmomente im Kanton Schaffhausen gegründet, mit der sie – neben ihrem Hauptjob als Heilpädagogin – Workshops, Schulungen und Beratungen zur Unterstützten Kommunikation anbietet. Sie ist zudem Mitglied des UK-Netzwerks Zürich, im Vorstand des Untervereins UK-Regionalgruppe Schaffhausen. «Wenn verbale Kommunikation nicht möglich ist, kommt Unterstützte Kommunikation zum Einsatz», erklärt sie. Die Unterstützte Kommunikation ist für die partizipative Gesundheitsversorgung von besonderer Bedeutung. Das Gesundheitswesen umfasst viele Facetten der Begegnung zwischen Menschen: Menschen mit Behinderungen, Menschen mit neurologischen Beeinträchtigungen mit sukzessivem Verlust von Sprachfunktionen und -fähigkeiten (Schlaganfall, Hirnblutung usw.). Allen gemeinsam ist, dass die Menschen auf Hilfe angewiesen sind. In solchen Situationen ist es umso wichtiger, sich gut verständigen zu können. Neben Selbstbestimmung und Teilhabe kann eine gelungene Kommunikation unter Umständen auch lebensrettend sein. Ohne klare Verständigung besteht die Gefahr, dass Symptome missverstanden werden und Behandlungen nicht adäquat ausgewählt werden. «Die Beteiligung am Behandlungsprozess ist für die Genesung sehr wichtig», sagt Paula Innerhofer. «Daher ist es auch wichtig, dass das Gesundheitswesen Unterstützte Kommunikation anbietet.»

Körpereigene Kommunikation und Unterstützte Kommunikation – ein Zusammenspiel
Für die Unterstützte Kommunikation würden sich körpereigene Kommunikationsformen wie Lautsprache und Laute, Körpersprache und Mimik, Bewegungszeichen, taktile Gebärden sowie Gebärden der Gebärdensprache eignen. «Die Vorteile der körpereigenen Kommunikationsmöglichkeiten liegen darin, dass sie schnell, spontan, ortsunabhängig und ohne Hilfsmittel eingesetzt werden können», erklärt Paula Innerhofer. «Auch Gegenstände, Symbole und technische Hilfsmittel spielen eine wichtige Rolle. Werden einer Person zum Beispiel zwei Gegenstände angeboten, kann sie durch Blickrichtung, Zeige- oder Greifbewegung direkt eine Auswahl treffen.» Zur Unterstützten Kommunikation gehören auch grafische Symbole wie Fotos, Bilder, Zeichnungen, Symbole und Schrift. Sie können auf Karten, in Büchern oder auf Tafeln präsentiert werden. Durch das Zeigen auf ein oder mehrere Symbole können Menschen mit Beeinträchtigungen kommunizieren. Auf diese Weise können sowohl einfache Bedürfnisse ausgedrückt als auch komplexe Inhalte vermittelt werden.
Technische Kommunikationshilfen
Eine weitere Möglichkeit der Unterstützten Kommunikation sind technische Hilfsmittel. Hier wird zwischen einfachen und komplexen Sprachausgabegeräten unterschieden. Einfache Sprachausgabegeräte können Geräte mit einer oder zwei Tasten mit Sprachausgabe sein. Über ein Mikrofon können Äusserungen aufgenommen und wiedergegeben werden. Sie enthalten keinen Grundwortschatz, keine vordefinierten Strukturen oder Grammatikfunktionen. Komplexe Sprachausgabegeräte sind mobile Kommunikationshilfen mit Sprachausgabe. Sie bieten in der Regel die Möglichkeit, verschiedene Äusserungen aus einem Wortschatz miteinander zu verknüpfen. Auf einem dynamischen Display können die Nutzer*innen, selbständig auf verschiedenen Ebenen auf Vokabular zugreifen und sich über grafische Symbolkombinationen ausdrücken. «Unterstützte Kommunikation entwickelt individuelle Massnahmen zur besseren Verständigung und Teilhabe im Alltag», führt Paula Innerhofer aus. «Sie bekräftigt damit das Recht jedes Menschen auf Selbstbestimmung und Partizipation. Es ist an der Zeit, dass Teilhabe auch im Gesundheitswesen zu einem selbstverständlichen Kriterium der Gesundheitsversorgung wird», sagt die UK-Expertin abschliessend. «Eine gelingende Kommunikation kann durch Hilfsmittel und -methoden der Unterstützten Kommunikation ermöglicht werden.»
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