Simon Zumbrunnen – «Man muss sich die Zeit geben, Fehler zu machen»
Die Gründung eines Start-ups ist ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Simon Zumbrunnen ist Geschäftsführer und Mitinhaber der Firma ReseaTech und hat auf dem langen Weg vom Studium an der BFH bis zum eigenen Unternehmen wertvolle Erfahrungen gesammelt.
Ihre Firma ReseaTech stellt Messgeräte für kleinste Flüssigkeitsmengen her. Wie kamen Sie dazu, sich auf diese Technologie zu spezialisieren?
Im Rahmen meiner Bachelorarbeit konnte ich am Institut für Drucktechnologie der BFH an der Entwicklung eines Mikroventils mitwirken. Industriepartner war die ReseaChem, ein Start-up der BFH. Mir war es damals wichtig, nicht eine Arbeit «für die Schublade» zu schreiben, sondern an einem Projekt für die Industrie zu arbeiten.
Wie ging es nach dem Bachelorstudium weiter?
Ich hatte das Glück, dass mir die BFH ein Master Research Fellowship anbot. Das bedeutete, dass ich ein Masterstudium über zwei Jahre absolvieren konnte und in dieser Zeit mit einem Assistentenlohn unterstützt wurde. Es ergab sich, dass ich mit dem Thema meiner Masterarbeit dort weiterfahren konnte, wo ich mit der Bachelorarbeit aufgehört hatte. Ich sollte einen Sensor entwickeln, der die Flüssigkeit im Zulauf des Mikroventils misst.
Ihre Lösung wurde dann sogar mit dem Burgdorfer Innopreis ausgezeichnet.
Diese Auszeichnung war für mich persönlich sehr motivierend. Nach der Masterarbeit lag ein Funktionsmuster eines Sensors vor, an dem die Funktion erfolgreich getestet werden konnte. Wir hatten auch bereits ein Patent angemeldet.
Wie kam es dazu, dass Sie die Technologie an der BFH weiterentwickeln konnten?
Nach einem Auslandjahr in den USA hatte ich die Möglichkeit, im Rahmen eines Innosuisse-Projekts der BFH und der ReseaChem die Dosier- und Messtechnik weiterzuentwickeln. Bei Projektende verfügten wir über sehr gut funktionierende Prototypen.
Und wann fiel der Entschluss, die neue Technologie mit einem eigenen Unternehmen an den Markt zu bringen?
Die Rechte an der Technologie lagen nach dem Projekt bei ReseaChem. Die Firma bot mir eine Stelle an – zusammen mit meinem Kollegen Philipp Haslebacher, der von Beginn weg für die elektronischen Aspekte unserer Technologie zuständig war. Ich wollte aber lieber ein eigenes Unternehmen aufbauen. Zum Glück ist der Chef von ReseaChem, Stefan Berger, darauf eingestiegen. 2015 gründeten wir das Start-up ReseaTech. Damals steckten bereits fünf Jahre Entwicklung in unserer Erfindung.
Wie verlief die Startphase des neuen Unternehmens?
Zuerst wollten wir unser Produkt – ein Mikroventil mit Durchflusssensor – selbst herstellen und direkt bei Anwendern wie zum Beispiel Biotech-Firmen verkaufen. Es war in dieser Form und zu diesem Preis aber nicht verkäuflich. Also wandten wir uns an die Ausrüsterfirmen, dann eine Stufe höher an die Hersteller von Laborgeräten. Und zuletzt an die Hersteller von Gerätekomponenten wie Pumpen und Ventile. Erst hier hatten wir Erfolg. Bis zu diesem Punkt mussten wir unser Produkt mehrfach anpassen.
Waren Sie anfangs zu blauäugig?
Jeder Businessplan ist gut – bis man ihn beim Kunden prüft. Wir haben unser Produkt präsentiert und aus den Feedbacks gelernt. Es war «learning by doing» und ein langer Weg. Aber so ist das bei jedem Start-up: Man begibt sich mit einer neuen Idee auf neues Terrain. Auch die Kundschaft wird mit etwas konfrontiert, dass sie noch nie so gesehen oder nicht für möglich gehalten hat.
Wie hat sich die Firma ReseaTech in dieser Aufbauphase finanziell über Wasser gehalten?
Wir starteten mit etwas Eigenkapital von den vier Gründern und gewannen kurz vor der Firmengründung den Ypsomed-Innovationspreis. Das half uns beim Start. Entscheidend war auch, dass Philipp und ich damals noch Teilzeit am Institut für Drucktechnologie der BFH arbeiteten. Ich rate jedem Gründer, nicht gleich alles auf eine Karte zu setzen. In Bezug auf die ersten Einnahmen waren wir immer zu optimistisch. Man muss sich die Zeit geben, Fehler zu machen und einen zweiten Weg auszuprobieren, bevor das Geld ausgeht.
Haben Sie manchmal am Erfolg Ihrer Firma gezweifelt?
Natürlich, aber ich versuchte stets positiv zu bleiben. Irgendwie ging es immer weiter. Zudem war ich ziemlich erfolgreich dabei, Geld zu organisieren (lacht). Wir erhielten Unterstützung vom Start-up-Förderprogramm Venture Kick und von der Stiftung Inventus. Mein Tipp: Man sollte sich gut überlegen, bei welchen Förderprogrammen und Innovationspreisen man eine echte Chance hat, denn der Aufwand für Bewerbungen ist gross. 2019 fanden wir schliesslich Investoren, die es uns ermöglichten, Vollzeit bei ReseaTech angestellt zu sein.
Wie sehen Sie die Zukunft?
Wir gehören nicht zu den Start-ups, die schnell Gewinn machen und wieder verschwinden. Der Lebenszyklus unserer Produkte kann 20 Jahre betragen. Aber wenn sie sich einmal als Komponenten von Anlagen etablieren, haben wir ein sehr langfristig ausgelegtes Geschäftsmodell. Ich hoffe, dass wir in zwei bis drei Jahren schwarze Zahlen schreiben.
Sie haben sich vom Techniker zum Unternehmer entwickelt. Was haben Sie dabei gelernt?
Ein guter Unternehmer ist noch lange kein guter Start-upper. In einem Start-up gibt es nichts zu managen oder zu optimieren, denn man fängt bei null an. Eine grosse Hilfe waren Ratschläge von Personen, die selber Start-up-Erfahrung hatten. Die haben mir am meisten weitergeholfen.
Was empfehlen Sie Studierenden, die sich die Gründung eines Start-ups überlegen?
Ein grosser Vorteil ist, wenn man nicht allein ist, sondern Verbündete hat. Ich würde auch immer einen Plan B bereithalten, zum Beispiel in Form einer Teilzeitanstellung, bis das Geschäft zu laufen beginnt. Wichtig ist, dass man sich von den vielen Zweiflern nicht entmutigen lässt. Einige Schweizer sind gegenüber Start-ups ziemlich kritisch und zurückhaltend eingestellt. Aber wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts.
Steckbrief
Departement
Technik und Informatik
Studiengang
Bachelor of Science in Maschinentechnik
Master of Science in Engineering
Institut
Spin-off
ReseaTech
Funktion
CEO und Co-Founder
Link
ReseaTech - more than dosing - micro dosing systems