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«Probieren darf man immer!»
25.04.2023 Ein Semester lang in den Alltag eines nachhaltigen Start-ups eintauchen: Unser-Modul «Sustainable Start-up Challenge» macht es möglich. Jovan Gocev, Student im Bachelor Wirtschaftsinformatik, und Zeinab Serage, Gründerin von «Recycle Design Bern», erzählen von ihrer Zusammenarbeit und weshalb sich Mut immer auszahlt.
Ein eigenes Unternehmen gründen, das die Welt ein bisschen besser macht: Ein Traum, den viele hegen. Doch was gehört dazu? Mit einer Idee allein ist es nicht gemacht; finanzielle Fragen und eine gezielte Vermarktung sind genauso wichtig. Dort setzt unser Modul «Sustainable Start-up Challenge» an: Student*innen aus den Bachelorstudiengängen Betriebsökonomie und Wirtschaftsinformatik unterstützen während eines Semesters ein nachhaltiges Start-up bei individuellen betriebswirtschaftlichen Fragen.
Den klassischen Design-Ansatz umkehren
Auch Zeinab Serage, kurz Ina, hat sich als Unternehmerin für die Teilnahme am Modul gemeldet. Sie studierte an der Hochschule Luzern Objektdesign und absolvierte in Schweden zusätzlich den Studiengang «Recycle Design». Aus einem Studienprojekt entstand das Konzept für ihren Laden «Recycle Design Bern» in einem Berner Gewölbekeller. Dort verkauft sie selbst designte Alltagsgegenstände, die sie aus nicht mehr verwendeten Materialien wie Bierflaschen, Veloschläuchen oder Tetrapak-Verpackungen fertigt. Die Idee dahinter: «Ich möchte den klassischen Design-Ansatz umkehren. Bei mir steht nicht eine Produktidee am Anfang, sondern ein Material, welchem ich ein zweites Leben schenken möchte. Daraus kreiere ich Prototypen und teste, wie die Kund*innen im Laden darauf ansprechen, bevor ich grössere Mengen produziere», erklärt Ina. Nicht nur die Produkte, die sie verkauft, stammen aus recyceltem Material: Visitenkarten sind auf alte Produktverpackungen gedruckt und als Ausstellungsmöbel verwendet Ina alte Holzkisten der SBB. Auch bei der Produktion achtet sie auf nachhaltige Lösungen: Ihre Bestseller – Gläser aus alten Bier- und Weinflaschen – werden von GLASDESIGN Bern, einem Betrieb des Kompetenzzentrums Arbeit der Stadt Bern, hergestellt.
Vom Pitch Deck bis zum Online-Shop
Innovative Produkte und ein durchdachtes Nachhaltigkeitskonzept allein reichen aber nicht zum unternehmerischen Erfolg. Hier kommen unsere Studierenden, beziehungsweise deren Business-Wissen, ins Spiel. Als Ina ihr Projekt beim Kickoff des Moduls «Sustainable Start-up Challenge» vorstellte, weckte sie das Interesse von Jovan Gocev, Sarah Schürch, Karim Tarraf und Saruhan Thalayasingham. In einem ersten Gespräch eruierten die Studierenden gemeinsam mit Ina die wichtigsten Handlungsfelder: Ein aussagekräftiges Pitch Deck für Präsentationen bei künftigen Geschäftspartner*innen, neue Geschäftskontakte aufbauen sowie die Webseite optimieren, sodass sie von Suchmaschinen und damit von Kund*innen besser gefunden wird. Zusätzlich wünschte Ina sich einen Online-Shop – auch hier wollten die Studierenden erste Ideen liefern.
Viel Arbeit für ein Modul und ein Semester. «Wir studieren alle Wirtschaftsinformatik und haben im Projekt eine agile Vorgehensweise angewendet», erzählt Jovan Gocev. «Jedes Teammitglied hat ein Aufgabenpaket übernommen, und wir haben uns wöchentlich ausgetauscht – auch mit Ina. Damit stellten wir sicher, dass wir das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren.» Ihre Ziele seien schon sehr ehrgeizig gewesen, gibt Jovan zu. Aber: «Wir waren wirklich motiviert, fanden das Projekt von Ina toll und wollten ihr von Herzen helfen.»
Erreicht hat das Team während der Laufzeit des Moduls einiges: Für die Webseite haben die Studierenden Entwürfe für einen Online-Shop erstellt und Möglichkeiten recherchiert, wie dieser ohne grossen Aufwand mit einem Plug-In in die bestehende Webseite integriert werden könnte. Zudem gelang es den Studierenden, Kontakte zu drei möglichen Geschäftspartner*innen herzustellen – unter anderem zur Migros Aare. Dort wurden sie eingeladen und konnten das Pitch Deck, welches sie für Ina erstellt hatten, gleich selbst anwenden. Eine vertraglich vereinbarte Zusammenarbeit ergab sich noch nicht, aber der Kontakt besteht nun.
Starthilfe für «Recycle Design», Gründer*innen-Perspektive für die Studierenden
Was nehmen sowohl das Start-up wie auch die Studierenden mit aus dem Modul? Für Ina war es eine spannende Erfahrung: «Ich habe neue Perspektiven auf mein Projekt kennengelernt – mehr aus einer Business-Sicht. Zudem haben mir die Studierenden in allen Handlungsfeldern, die sie sich angeschaut haben, eine wertvolle Starthilfe gegeben, um weiterzuarbeiten». Das Pitch Deck hat sie im Übrigen nicht nur bei Geschäftskontakten, sondern auch an ihrer alten Hochschule in Schweden eingesetzt: «Ich durfte dort als Gastdozentin von meinem Projekt berichten. Damit hat sich für mich ein Kreis geschlossen: Ich habe mich riesig gefreut, dass mein ehemaliges Studienprojekt nun als Inspiration für andere Studierende dienen kann.» Für Jovan und seine Teamkolleg*innen war das Projekt ein lehrreicher Einblick in den Alltag von Gründer*innen: «Gerade, wenn man selbst unternehmerisch tätig werden will, zeigt das Modul sehr schön auf, was möglich ist und wo die Grenzen liegen.» Aus seiner Sicht gehören zum Gründen vor allem eine grosse Portion Mut und viel Durchhaltewillen dazu: «Man muss sich trauen, beispielsweise auch die «grosse» Migros einfach mal anzufragen und sich nicht demotivieren lassen, wenn es einmal nicht klappt. Probieren darf man immer!»