Sensorimotor Knee (Teil 1 & 2)
Verletzungen und Rupturen des VKB passieren häufig bei körperlicher Aktivität. Direkt nach der Verletzung ist eine unmittelbare Veränderung der neuromuskulären Aktivität der kniestabilisierenden Muskulatur anzunehmen.
Steckbrief
- Beteiligte Departemente Gesundheit
- Institut(e) Physiotherapie
- Forschungseinheit(en) Neuromuskuläre Kontrolle
- Förderorganisation Andere
- Laufzeit 01.01.2016 - 31.12.2018
- Projektleitung Prof. Dr. Heiner Baur
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Projektmitarbeitende
Prof. Dr. Heiner Baur
Prof. Dr. Angela Blasimann Schwarz - Partner Orthopädie Sonnenhof, Kniechirurgie & Sportverletzungen, Dr. Philipp Henle
- Schlüsselwörter Elektromyographie, Dehnreflexe, Neuromuskuläre Kontrolle, Vorderes Kreuzband
Ausgangslage
Über akute Veränderungen nach einer VKB-Verletzung gibt es noch keine fundierten Daten. Das Projekt versucht, diese Wissenslücke zu schliessen und untersucht die Reflex- und Willküraktivität in funktionellen Situationen bei Patienten direkt nach dem Verletzungsereignis (max. 3 Wochen danach).
Vorgehen
Im Rahmen des Projekts werden Patienten (ACL-D) mit akuten VKB-Rupturen mit gesunden Kontrollpersonen (ACL-I) verglichen. Die neuromuskuläre Aktivierung der kniestabilisierenden Muskulatur wird mittels Elektromyographie in funktionell relevanten Situationen gemessen. Dadurch lassen sich Defizite in der neuromuskulären Kontrolle erkennen. Die elektromyographische (EMG) Oberflächenaktivität des Vastus medialis (VM), des Vastus lateralis (VL) (vorderseitige Oberschenkelmuskulatur), des Biceps femoris (BF) und des Semitendinosus (ST) (rückseitige Oberschenkelmuskulatur) wurde bei 15 Patienten (Mittelwert, 13,8 Tage Range 7-21 Tage seit der Verletzung) und 15 Kontrollpersonen während des Treppenabstiegs und der künstlich herbeigeführten anterioren tibialen Translation bilateral aufgezeichnet. Die Muskelaktivität beim Treppenabstieg wurden in die Phasen der Voraktivität, der Gewichtsübernahme und des Abstoßens unterteilt. Die Reflexaktivität während der anterioren Tibia-Translation wurde in Voraktivität und Reaktionen mit kurzer, mittlerer und später Latenzzeit unterteilt. Das Gehen auf einem Laufband wurde zur submaximalen EMG-Normalisierung verwendet. Der Kruskal-Wallis-Test und Post-hoc-Analysen mit Dunn-Bonferroni-Korrektur wurden verwendet, um die normalisierten Amplitudenwerte für jeden Muskel, jede Extremität, jede Bewegung und jede Reflexphase zwischen den ACL-D- und ACL-I-Gruppen zu vergleichen.
Ergebnisse
Die muskuläre Voraktivität beim Treppenabstieg war bei der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur des betroffenen Beins der ACL-D-Gruppe um 33 % bis 51 % im Vergleich zu dem entsprechenden Bein und dem kontralateralen Bein der ACL-I-Gruppe reduziert (p < .05). Während der Gewichtsaufnahme und Abstossphase zeigte die Streckmuskulatur im betroffenen Bein der ACL-D-Gruppe im Vergleich zur ACL-I-Gruppe eine signifikante Reduktion (ca. 40 %). Bei der Reflexaktivität zeigte BF und ST des betroffenen Beins der ACL-D-Gruppe eine signifikante Zunahme der EMG-Aktivität im Vergleich zum unbeteiligten Bein der ACL-I-Gruppe, und zwar um den Faktor 2,2 bis 4,6.
Ausblick
In der akuten Phase nach einer VKB-Ruptur wurden neuromuskuläre Veränderungen vor allem in den kniestabilisierenden Muskulatur beider Gliedmassen beim Treppenabstieg und bei der Reflexaktivität festgestellt. Die mögliche Rolle der Prähabilitation muss weiter untersucht werden. (siehe auch: DOI: 10.1177/23259671221123299)