Brandprävention an PV-Anlagen mit Lichtbogendetektoren
In diesem Projekt mit der Gebäudeversicherung Bern GVB wurde die Wirksamkeit von Lichtbogendetektoren in PV-Anlagen erforscht und deren Rolle in Bezug auf Brandprävention der Öffentlichkeit bekannt gemacht.
Steckbrief
- Beteiligte Departemente Technik und Informatik
- Institut(e) Institut für Energie- und Mobilitätsforschung IEM
- Forschungseinheit(en) IEM / Photovoltaiksysteme
- Förderorganisation Andere
- Laufzeit 01.10.2022 - 30.09.2023
- Projektleitung David Joss
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Projektmitarbeitende
Luciano Borgna
Ramona Bianca Stoll
Peter Wüthrich - Partner Gebäudeversicherung Bern GVB
- Schlüsselwörter AFCI; AFD; AFPE; Brandprävention; Brandschutz; LBD; Lichtbogen; Lichtbogendetektor; Personenschutz; PV
Ausgangslage
PV-Anlagen werden künftig eine Stütze der Stromversorgung in der Schweiz darstellen. Herzstück einer PV-Anlage sind die Wechselrichter, welche zunehmend mit Lichtbogendetektoren ausgerüstet sind. Lichtbogendetektoren können brandgefährliche Funkenstrecken (Serielichtbögen) auf der Modulseite erkennen und durch Abschaltung der Anlage Folgeschäden vermeiden. Bislang gab es keine einheitliche europäische Forderung, Lichtbogendetektoren einzusetzen. Dennoch bieten nun immer mehr Hersteller von Wechselrichtern auch in ihren europäischen Geräten Lichtbogendetektoren an. Nicht zuletzt, weil seit Mai 2023 mit der IEC 63027:2023 eine internationale Norm für die Prüfung von Lichtbogendetektoren verfügbar ist und das Thema dadurch bekannter wird. Die Gebäudeversicherung Bern GVB und das Labor für PV-Systemtechnik wollten die Zuverlässigkeit von heute erhältlichen WR-integrierten Lichtbogendetektoren erforschen und deren Potential zur Brandprävention aufzeigen.
Vorgehen
In einer normativen Messreihe wurden drei handelsübliche PV-Wechselrichter getestet. Mittels eines Prüfstandes, bei welchem zwischen zwei Wolframelektroden ein Lichtbogen gezogen wird, wurde die Brenndauer und die Energie des entstandenen Lichtbogens erhoben und anschliessend vermerkt, ob der Wechselrichter es vermochte, den Lichtbogen zu löschen und eine Meldung absetze. Wechselrichter müssen Lichtbögen nach IEC 63027:2023 innerhalb von 2.5s oder bevor die Lichtbogenenergie 750J erreicht, löschen - je nach dem, was früher eintritt. Dabei muss das Gerät stets eine entsprechende Fehlermeldung absetzen. Ausgenommen hiervon ist der Fall, dass der Lichtbogen rechtzeitig erlischt, bevor die Lichtbogenenergie 200 J überschreitet. In dieser Situation muss der Lichtbogen nicht gemeldet werden (vgl. Abbildung 1). Im Labor erfolgte die Prüfung von Lichtbogendetektoren mittels sogenannten Kennliniensimulatoren (Programmierbare DC-Quellen mit PV-Modul-Charakteristik). Zur Kompensation unerwünschter Erdkapazitäten der Quellen wurde ein «Decoupling Network» zwischen DC-Quelle und Wechselrichter geschaltet. Die Tests der Lichtbogendetektoren wurden bei verschiedenen Systemströmen an unterschiedlichen Positionen im Strang durchgeführt. Ergänzend wurde das Schutzniveau bei praxisnahen Tests erhoben. Ein solcher Test erfolgte mit Kabeln, welche aufgewickelt wurden, um eine erhöhte Leitungsinduktivität zu erreichen und damit den Wechselrichtern die Detektion potenziell zu erschweren.
Ergebnisse
Das PV-Labor der BFH hat die Lichtbogendetektoren von je einem Wechselrichter der Haushaltsklasse der Hersteller Huawei, SMA und SolarEdge (Reihenfolge zufällig gewählt) geprüft. Im Rahmen des normativen Tests sind alle drei Wechselrichter bei eingeschaltetem Lichtbogendetektor in der Lage, die grosse Mehrheit der Lichtbogen ohne Schwächen zu löschen (Abbildung 2). Das bedeutet: Die Wechselrichter können die Energie beim Auftreten eines Serielichtbogens massiv begrenzen und damit einen signifikanten Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit von PV-Anlagen leisten. Wird jedoch die Induktivität von deutlich längeren Leitungen nachbildet (arbiträr 20m Kabellänge, lose aufgerollt zu einer Luftspule), verändern sich die Testresultate. Wie die gemessenen Lichtbogenenergien in Abbildung 3 zeigen, war nur noch WR2 in der Lage, alle Lichtbögen an verschiedenen Stellen im Strang zu erkennen respektive zu löschen, während die beiden anderen getesteten Geräte sie je nach Lichtbogenposition nicht mehr detektieren konnten und der Lichtbogen somit weiterbrannte. Die Testresultate im Detail finden Sie auch in untenstehendem PDF.
Ausblick
Lichtbogendetektoren in PV-Wechselrichtern sind im Kommen – immer mehr auch in Europa. Das frühe Obligatorium der Lichtbogendetektoren in den USA ermöglichte es den Herstellern von Wechselrichtern wertvolle Praxiserfahrung zu sammeln, sodass sie heute meist gut funktionierende Produkte anbieten können. In modernen Wechselrichtern sind Lichtbogendetektoren eine oft vorhandene Option, welche einfach und ohne hohe Zusatzkosten aktiviert werden kann. Da Lichtbogendetektoren – wie es die normativen Messungen des PV-Labors zeigen - grundsätzlich gut funktionieren, kann ihre verstärkte Nutzung zu einer erhöhten Sicherheit führen; insbesondere bei älteren PV-Anlagen. Der Einfluss langer DC-Leitungen oder andere praktische Einschränkungen wurden in Labormessungen identifiziert und sollten weiter untersucht werden. Dank bedeutender Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens ist zu erwarten, dass die Lichtbogendetektoren kontinuierlich verbessert werden und künftig Ihren Beitrag zur Sicherheit von vielen verschiedenen PV-Anlagen verlässlich leisten werden. Allerdings gilt es nach wie vor, die Qualität der Elektroinstallationen grundsätzlich, insbesondere jedoch im DC-Bereich, hochzuhalten. Nach Einschätzung des PV-Labors sollten Lichtbogendetektoren derzeit nicht als obligatorisch vorgeschrieben werden. Vielmehr sollten sie als zusätzliche, objektspezifische Massnahme für den Brandschutz in Betracht gezogen werden.