FeetBack Rückführung des Tastsinns von High-Tech Handprothesen

High-Tech Handprothesen versuchen physiologische Hände funktionell zu imitieren. Während ihrer Entwicklung wurde aber ein wichtiger Punkt vernachlässigt: Sie fühlen ihre Umgebung nicht. Mit FeetBack will das Institute for Human Centered Engineering HuCE und die Uniklinik Balgrist Zürich hierfür eine Lösung bieten.

Steckbrief

  • Forschungseinheit(en) Technik und Informatik
    HuCE / Labor für Biomedical Engineering
  • Förderorganisation Stiftung Inventus Bern
  • Laufzeit 01.01.2018 - 31.12.2022
  • Projektleitung Prof. Dr. Volker M. Koch, BFH
  • Projektmitarbeitende Dr. med. Martin Berli, Balgrist ZH
    Rafael Morand, BFH
    Sabrina Catanzaro, Balgrist ZH
    David Egger, Balgrist ZH
  • Partner Universitätsklinik Balgrist ZH
  • Schlüsselwörter Myoelektrische Prothese, Closed-Loop Hand Control, Vibrotaktiles Feedback

Ausgangslage

Nach einer Amputation von Extremitäten können die Gliedmassen durch Prothesen ersetzt werden. Für Handprothesen gibt es drei verschiedene Arten.

  1. Kosmetische Prothesen
  2. Body-Driven Prothesen
  3. Myoelektrische Prothesen

Kosmetische Prothesen sind starre Replikate und sollen möglichst natürlich aussehen, damit sich der/die Träger*in damit wohl fühlt. Body-Driven Prothesen dagegen können ihre Finger bzw. Greifer bewegen, in dem der/die Träger*in ein Kabel anzieht oder lockert. Das erwähnte Kabel ist dabei nicht am fehlenden Körperglied angemacht, sondern an einem anderen Körperteil. Somit hat der/die Träger*in eine relativ gute Kontrolle über die Griffkraft, da der Druck über das Kabel spürbar ist. Die dritte Art von Prothesen sind myoelektrischer Natur. Das heisst, die Prothesen werden überelektrische Signale gesteuert, welche mit Muskelkontraktionen einhergehen und an der Hautoberfläche des Stumpfes gemessen werde können. So wird die Handsteuerung vom Benutzer mechanisch entkoppelt, was komplexere Griffmuster ermöglicht als diejenigen einer Body-Driven-Prothese. Jedoch fühlt der/die Träger*in so nicht, wie stark ein Gegenstand in der Hand gehalten wird und muss die Prothese ständig visuell kontrollieren. Dies wiederum ist ermüdend und führt zu einer hohen Zurückweisungsrate dieser Geräte.

Forschende weltweit arbeiten an einer Lösung, um künstlichen Händen einen Tastsinn zu geben und diesen dem Menschen zurückzuführen. Viele Studien konzentrieren sich auf eine Rückführung von Sensordaten der Fingerspitzen auf den Stumpf innerhalb der Prothese. In einem früheren Projekt hat die BFH in Zusammenarbeit mit der EPFL und dem CSEM ähnliche Lösungswege versucht und hat positive Resultate erzielt. Die Proband*innen waren aber mit dem Design unzufrieden, weil es am Arm zu schwer und unästhetisch wirkte.

Vorgehen

Im Projekt FeetBack verfolgten Forschende vom Institute for Human Centered Engineering HuCE an der BFH einen neuen Ansatz: Das Feedback der Sensordaten sollte nicht länger im Schaft zurückgeführt werden, sondern diskret im Schuh. Die Füsse reagieren, ähnlich wie die Hand, empfindlich auf Vibrationen, was die Forschenden nutzen wollten. Dem Entwicklungsteam war dabei besonders wichtig, auf keine invasiven Methoden zurückzugreifen. Das Ziel war es, ein Gerät zu entwickeln, das an eine kommerzielle Prothese angebracht werden kann und sie um den Tastsinn erweitert. Damit soll die mentale Last zur Steuerung einer myoelektrischen Prothese gesenkt und die Akzeptanz der Besitzer*innen gegenüber ihren Geräten erhöht werden.

Resultate

Das entwickelte System besteht aus zwei Teilen: einem Sensorhandschuh für die Prothese und der FeetBack-Schuheinlage mit Vibrationsmotoren. Der Sensorhandschuh misst mit jeweils einem Sensor am Daumen und Zeigefinger die Griffkraft der Hand (die Handgriffe der führenden Prothesenhersteller stellen diese zwei Finger in den Fokus). Die Griffkraft wird danach über Funk vom Handmodul an das Fussmodul gesendet, wo die Kraft anschliessend einem von sechs Niveaus zugeteilt wird. Ohne Belastung in der Hand, erhält der/die Träger*in kein Feedback. Sobald die Griffkraft jedoch ansteigt, werden spezifische Vibrationsmotoren in der Sohle zur Vibration gesteuert. Motoren, die innerhalb der Schuheinlage nahe an den Zehen sind, deuten schwache Griffkräfte an. Je weiter hinten die Motoren bei der Ferse platziert sind, desto höher ist die Griffkraft. Das bedeutet, dass die Griffkraft im Schuh räumlich codiert ist.

Die Tauglichkeit des Systems wurde gemeinsam mit der Universitätsklinik Balgrist in Zürich in einer Studie erforscht. An der Studie nahmen vier Personen teil, die alle bereits seit mehreren Jahren eine myoelektrische Prothese verwenden und mit dem gleichen Prothesenmodell vertraut waren. Somit konnten sie die Experimente mit ihrem persönlichen Gerät durchführen. Die Prothese wurde lediglich durch das Hinzufügen des Sensorhandschuhs über der regulären Hülle modifiziert.

Die Versuche haben gezeigt, dass es möglich ist, Informationen von den Sensoren der Handprothese durch die Vibration am Fuss zu interpretieren. Somit ist das Grundprinzip der Sinnesrückführung von Hand zu Fuss ein Erfolg. Jedoch wurde offengelegt, dass das Zusammenspiel von Mensch, Prothese und dem Prototypen des FeetBack-System in Reaktionsaufgaben zu langsam ist.

Ausblick

Die Ergebnisse mit dem FeetBack-System stehen im Einklang mit den Resultaten ähnlicher Studien mit taktilem Feedback am Arm oder im Prothesenschaft. Somit liefern die Forschenden die Grundlage für weitere Untersuchungen, in denen man sich auf die Rückmeldung von Sensor-Feedback auf die Füsse konzentriert, nicht nur auf den Arm.