MOZART Modelle für den zukünftigen Arbeitsmarkt 45+

In enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Bundesstellen und Forschungsinstitutionen entwickelt und evaluiert die Berner Fachhochschule Modelle und Interventionen für den zukünftigen Arbeitsmarkt 45+.

Steckbrief

  • Institut(e) Institut Alter
    Institut Soziale Sicherheit und Sozialpolitik
  • Laufzeit (geplant) 01.01.2017 - 31.03.2021
  • Projektleitung Peter Neuenschwander
  • Partner Universität Bern
    Ecoplan
    Schweizerische Bundesbahnen SBB
    Generalsekretariat Eidg. Departement des Innern (EDI)
    Direktion für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern (BSS)
  • Schlüsselwörter Arbeitsmarkt, ältere Arbeitnehmer, Modellversuch, Intervention

Ausgangslage

Der demografische Wandel lässt den Anteil älterer Arbeitnehmender stetig zunehmen. In der Schweiz ist beinahe ein Fünftel der Erwerbstätigen 55-jährig oder älter. Werden sie arbeitslos, ist der Weg zurück in den Arbeitsmarkt steinig und entsprechend sind ältere Personen überdurchschnittlich von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Dies belastet auch das Sozialversicherungssystem. Zudem sind Unternehmen auf das enorme Fachwissen älterer und langjähriger Mitarbeitenden angewiesen. Daher braucht es präziseres Wissen über Motivation, Verhalten und Erleben der Personen 45+ im Arbeitsprozess und Arbeitsmodelle, die den zukünftigen persönlichen, unternehmerischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechen.

Ziele

Im Projekt MOZART werden Modellversuche und Interventionen evaluiert und weiterentwickelt, die einen Beitrag dazu leisten, dass ältere Arbeitnehmende bis zum ordentlichen Pensionsalter im Arbeitsprozess bleiben. Dabei sucht es Antworten auf unterschiedliche Fragen:

  • Wie können die Kompetenzen und die Motivation von älteren Arbeitnehmenden gefördert und aufrechterhalten werden?
  • Wie sind die Interaktion zwischen ihnen und den Arbeitgebenden zu gestalten, dass sie für beide Seiten einen Mehrmehrt schaffen?
  • Welche Rolle spielen Personalentwicklung und -rekrutierung für den Verbleib im Betrieb?
  • Welche persönlichen Motive führen zu einer vorzeitigen Pensionierung?
  • Welche Faktoren tragen dazu bei, dass über 50-jährige Arbeitslose wieder eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt finden?

Vorgehen

Mit Unterstützung eines Expertengremiums, bestehend aus Verteterinnen und Vertretern von Grossunternehmen, KMUs und Verwaltungsstellen, implementierte und evaluierte die BFH zusammen mit der Universität Bern Modellversuche und entwickelte auf der Basis des generierten Know-hows verschiedene Angebote für ältere Arbeitnehmende.

Dabei kamen unterschiedliche Methoden zum Einsatz:

  • Systematische Literaturanalyse
  • Qualitative Interviews und Fokusgruppen mit Fachpersonen, Führungskräften, Personalverantwortlichen, älteren Arbeitnehmenden und Interessenvertreter*innen
  • Zukunftswerkstatt
  • Online Delphi-Befragung
  • Quasi-experimentelle Analyse von Administrativdaten

Charta Arbeitsmarkt 45+

Der demographische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel gehören zu den grössten Herausforderungen des Schweizer Arbeitsmarkts. Daher entwickelte ein Expertengremium aus HR-Verantwortlichen von Schweizer Grossunternehmen, Geschäftsleitenden sowie HR-Verantwortlichen von KMUs, Fachpersonen aus der Bundesverwaltung und Forschende der Berner Fachhochschule die Charta Arbeitsmarkt 45+.

Die Charta enthält fünf zentrale Forderungen zur Realisierung eines optimierten Arbeitsmarktes 45+, zu dessen Erreichung   sowohl Arbeitgeber, Arbeitnehmende, politische Entscheidungsträger*innen und Sozialpartner gefordert sind.

  • Flexibles Rentenalter
  • Diversitätsorientierte Unternehmens- und Führungskultur
  • Flexibles Arbeiten
  • Gesundheitsförderung
  • Kontinuierliche Weiterbildung

Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen sprechen sich für die Stärkung des Arbeitsmarkts 45+ aus und setzen sich dafür ein, dass Arbeitnehmende möglichst lange im Arbeitsmarkt verbleiben wollen und können.

Ergebnisse

Pionierprojekte der SBB und der Stadt Bern

Die SBB gründete zusammen mit den Sozialpartnern den ersten Digitalisierungsfonds der Schweiz, der unter anderem bezweckt, innerhalb der digitalen Transformation möglichst viele Mitarbeitende im Arbeitsprozess zu halten. Einerseits werden durch «Best Practices» und «Lessons Learned» wichtige Erkenntnisse zum sozialpartnerschaftlichen Dialog aus vergangenen und laufenden SBB-Projekten abgeleitet. Andererseits werden in Studien die Auswirkungen der Digitalisierung auf verschiedene zentrale Themenbereiche antizipiert. Anhand der Resultate werden Weiterentwicklungsprogramme für bestehende und zukünftige Berufsgruppen konzipiert. Die Studie der BFH zum Thema Soziale Sicherheit und Arbeitsmarktfähigkeit eruierte hierzu verschiedene Erfolgsfaktoren im Umgang mit der digitalen Transition. Hierzu zählen zum Beispiel die Förderung von fachübergreifenden Kompetenzen, agile Arbeitsformen, die Stärkung der technologiebezogenen Selbstwirksamkeit oder ein gesicherter, generationenübergreifender Wissenstransfer.

Mit der Laufbahnberatung 45+ unterstützt die Direktion für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern (BSS) ihre erfahrenen und älteren Mitarbeitenden bei der beruflichen Orientierung und Weiterentwicklung. Die Evaluation der BFH zeigt, dass Ratsuchende das Angebot aus drei Hauptgründen in Anspruch nehmen: Sie wollen sich beruflich verändern, benötigen Informationen resp. eine Standortbestimmung oder erhoffen sich Ratschläge in einer unbefriedigenden Arbeitssituation. Dank den geführten Interviews konnten zudem verschiedene Anregungen und Verbesserungsvorschläge zusammengetragen sowie Themen wie Bogenkarriere, Altersteilzeit/Weiterarbeit und Job-Rotation beleuchtet werden.

Berufliche Reintegration

Im Falle eines Stellenverlusts sind auf der individuellen Ebene vier Faktoren für die berufliche Reintegration von über 50-Jährigen bedeutend:

  • Motivation
  • Positives Selbstbild
  • Flexibilität
  • lebenslanges Lernen

Um diese Faktoren zu stärken braucht es spezielle staatlichen Massnahmen. Als erfolgsversprechend erwiesen sich insbesondere ein Job-Coaching durch spezialisierte Beratungspersonen sowie regional verankerte Netzwerke zwischen Behörden, Wirtschaft und Gesellschaft

Entgegen der weitverbreiteten Annahme scheinen altersabhängige Pensionskassenbeiträge keine Auswirkungen auf die berufliche Reintegration älterer Personen zu haben. Dies zeigte die Untersuchung der BVG-Revision von 2005, in deren Rahmen die Beitragssätze von Frauen angepasst wurden. Die Anpassung führte jedoch bei jungen Arbeitnehmerinnen zu negativen Effekten bei der Dauer der Arbeitslosigkeit, der Wahrscheinlichkeit einer Neuanstellung sowie beim erwartbaren Einkommen.

Dieses Projekt leistet einen Beitrag zu den folgenden SDGs