- Forschungsprojekt
Langzeitverhalten von PV-Steckern
Sie sind millionenfach auf Schweizer Hausdächern verbaut: Steckverbindungen für Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Die internationale Firma Stäubli Electrical Connectors AG, mit Headquarter in Allschwil, ist mit dem Markenprodukt MC4 Weltmarktführerin für PV-Stecker. Sie hat dem PV-Labor der Berner Fachhochschule den Auftrag gegeben zu untersuchen, welches Alterungsverhalten die PV-Stecker in der Praxis zeigen.
Steckbrief
- Institut(e) Institut für Energie- und Mobilitätsforschung IEM
- Laufzeit (geplant) 01.07.2021 - 30.06.2023
- Projektleitung Matthias Burri
- Projektmitarbeitende Luciano Borgna
- Partner Stäubli Electrical Connectors AG
- Schlüsselwörter Energiestrategie 2050, Erneuerbare Energien, Dezentrale Versorgung, Photovoltaik, Langzeitverhalten von PV-Anlagen
Ausgangslage
PV-Anlagen sind langlebig und benötigen ausser einer meist automatischen Betriebsüberwachung praktisch keine Wartung. Insbesondere die Verkabelung im Modulfeld wird oft über mehrere Jahrzehnte sich selbst überlassen. Ob dies gut geht, kommt nicht zuletzt auf die Qualität der eingesetzten Steckverbindungen sowie das korrekte Handling bei der Installation an. Der wohl meistverbaute Stecker ist der Original-MC4-Stecker des Weltmarktführers Stäubli Electrical Connectors AG, ehem. Multi Contact, der weltweit den Massstab gesetzt hat.
Auftraggeberin
Ziele
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts soll das Alterungsverhalten von PV-Steckern im Feld charakterisiert werden. Eine grössere Anzahl an PV-Steckern von diversen PV-Anlagen soll im Labor für PV-Systeme der BFH untersucht werden. Das Alterungsverhalten soll in Abhängigkeit folgender Faktoren untersucht werden:
- Alter der Steckverbindungen
- Einbausituation der Steckverbindungen (Schutz vor Regen / Sonne / extremen Temperaturen)
- Art der Steckverbindungen (Originalstecker, Kreuzverbindungen)
- Art der Crimpung (herstellerseitige oder im Feld erstellte Crimpung)
Mit den Resultaten erhofft sich einerseits der Hersteller weitere Inputs zur Verbesserung seiner Produktequalität, andererseits soll die PV-Branche ein besseres Gefühl für die Alterung einer kritischen Komponente der PV-Anlagen erhalten.
Vorgehen
Zuerst wird ein Testverfahren zur Überprüfung der Stecker festgelegt. Das Testverfahren kombiniert die Anforderungen aus drei IEC-, einem UL- sowie drei EN-Standards. Insbesondere werden die Prüfanforderungen nach IEC 62852 «Connectors for DC-application in photovoltaic systems – Safety requirements and tests» berücksichtigt. Neben der präzisen Messung des Steckerwiderstands unter verschiedenen Stromstärken werden unter anderem Feuchtetests und Hochspannungsprüfungen durchgeführt.
Die Stecker sollen von einem möglichst breiten Spektrum an PV-Anlagen getestet werden. Der Ablauf zur Prüfung der Stecker ist wie folgt:
- Interessierte Anlagenbetreiber*innen sowie Installationsfirmen melden sich beim Projektleiter Matthias Burri. Die detaillierten Anweisungen zur Lieferung der Steckersamples werden abgegeben.
- Es sollen für jede PV-Anlage mindestens drei Steckersamples zwischen zwei PV-Modulen sowie drei Steckersamples zwischen PV-Modul und Strangkabel herausgeschnitten werden. Beim Herausschneiden und Transportieren der Stecker ist darauf zu achten, dass Stecker und Kabel möglichst wenig bewegt und auf keinen Fall voneinander getrennt werden. Detaillierte Anforderungen an das Herausschneiden und Transportieren der Stecker werden vom PV-Labor bekannt gegeben.
- Die Stecker werden im PV-Labor der BFH in Burgdorf getestet.
- Die Lieferant*innen der Stecker erhalten ein Feedback zum Zustand ihrer Stecker
Die Firma Stäubli stellt kostenlos Ersatzstecker sowie wenn notwendig Verlängerungskabel zur Verfügung. Der Aufwand für den Ersatz der Stecker geht zulasten der Parteien, welche die Stecker testen lassen möchten. Als Entschädigung erhalten sie Informationen über den Zustand ihrer Steckverbindungen.
Ergebnisse
Geprüft wurden Steckverbinder verschiedener Hersteller und Typen, aber auch sogenannte Kreuzverbindungen (Verbindungen von Steckverbinder-Teilen verschiedener Hersteller).
Dabei wurde folgendes festgestellt:
- MC3-Steckverbinder zeigen die niedrigsten Übergangswiderstände der untersuchten Verbindungen.
- MC4-Steckverbinder zeigen ebenfalls niedrige Werte ohne grössere Anzahl an Ausreissern (Werte, die ausserhalb des 1.5-fachen Interquartilabstands liegen).
- Kreuzverbindungen zeigen höhere Übergangswiderstände.
- Nur bei den Kreuzverbindungen wurden Übergangswiderstände von über 5 mΩ gemessen (normativer Grenzwert für neue Steckverbinder gemäss IEC 62852).
- Eine Kreuzverbindung zeigte massiv höhere Widerstände im Bereich >45 mΩ und war stark deformiert, so dass er nicht mehr getrennt werden konnte
Mit Sicht auf die verschiedenen PV-Anlagen wurden folgende Beobachtungen gemacht:
- Zwischen verschiedenen Installationsorten sind grosse Unterschiede sichtbar.
- Eine Anlage zeigt eine hohe Streuung und grössere Ausreisser. Diese Anlage wurde umgebaut und die Steckverbinder wurden über längere Zeit ungeschützt auf der Baustelle offen gelagert.
- Eine weitere Anlage zeigt ebenfalls erhöhte Werte und hat einen hohen Ausreisser. Diese Anlage steht in der Nähe einer Kläranlage und die Verbindungen bestehen auch den Isolationsfestigkeitstest nicht. Bei der Strombelastung der Verbindungen mit Nennstrom konnte ein klarer Zusammenhang von Übergangswiderstand zu Erwärmung gezeigt werden.
Die Hochspannungs- und Kriechstromtest zeigten folgende Ergebnisse:
- Alle Prüflinge bestanden den ersten Hochspannungstest zu Beginn des Messablaufs.
- Nachdem die Verbindungen zusätzlich die Erwärmungsprüfung, den Isolationswiderstandstest und den IP-Dichtheitstest durchlaufen hatten, gab es diverse Exemplare, die den zweiten Hochspannungstest nicht mehr bestanden.
- Auf der Basis der durchgeführten Untersuchungen kann jedoch kein klarer Zusammenhang von Beobachtungen (z. B. Feuchtigkeit im Steckverbinder) zum Nichtbestehen von Isolationsprüfung, Hochspannungsprüfung und IP-Test festgestellt werden.
Fazit und Ausblick
Die Untersuchungen konnten nur mit einer geringen Stichprobengrösse durchgeführt werden und gewisse Variablen, die für die Interpretationen hinzugezogen wurden, sind voneinander abhängig. So zeigte beispielsweise eine Anlage hohe Übergangswiderstände, bei der bekannt ist, dass die Verbinder während einem Anlagenumbau offen ohne Schutzkappen auf der Baustelle lagen.
Trotz diesen Limitationen konnten die Untersuchungen bereits zeigen, dass das offene Liegenlassen von Steckverbindungen negative Auswirkungen haben kann. Zudem wird die Warnung der Hersteller unterstützt, laut der es zu keinen Kreuzverbindungen von Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller kommen darf.
Genauere Aussagen zu den Ursachen der erhöhten Übergangswiderstände sind noch nicht möglich, da die Steckverbinder nicht geöffnet oder mit weiteren bildgebenden Verfahren untersucht wurden.
Das PV-Labor führt die Messkampagne weiter und sucht zu diesem Zweck erneut Steckverbinder. Wer über eine PV-Anlage verfügt – insbesondere eine, die umgebaut oder aufgrund von Hagel- oder Blitzschäden repariert werden muss – kann sich bei Projektleiter Matthias Burri melden: matthias.burri@bfh.ch.