Curriculum: Traditionelle Rollenbilder aufbrechen
Traditionelle Rollenbilder werden auch in der Hochschullehre noch oft als die Norm angenommen. Um Studierende auf ihre Tätigkeit in einer vielfältigen Gesellschaft vorzubereiten, sollten auch im Studium verschiedene Identitäten und Lebensrealitäten sichtbar gemacht werden.
Kim sieht sich im Hebammen-Studiengang oft mit traditionellen Rollenvorstellungen und Familienbildern konfrontiert. Als asexuelle Person mit dem Wunsch nach einer eigenen Familie beobachtet Kim, dass alternative Familienformen an den Rändern der Diskussionen im Studiengang verschwinden. Kim ist erstaunt, dass der rechtlichen Ausgangslage und den Herausforderungen von Regenbogenfamilien in der Geburtshilfe und allgemein in der Familiengründung kaum Rechnung getragen wird. Kim vermutet, dass sich bisher wenige Mitstudierende und Dozierende mit alternativen Beziehungskonstellationen beschäftigt haben, beispielsweise Familien mit mehr als zwei erwachsenen Bezugspersonen. Kim macht die Dozentin darauf aufmerksam. Die Dozentin zeigt Interesse, erklärt aber, dass Anpassungen im Curriculum Zeit bräuchten.
Einige Wochen später spricht die Dozentin das Thema in einem Gespräch mit Kim am Rande an und erklärt, dass sie die Rückmeldung an einige Kolleg:innen weitergegeben habe. Sie habe jedoch von ihnen gehört, dass «keine solchen Rückmeldungen» von anderen Studierenden oder Dozierenden eingegangen seien, was darauf hindeutet, dass der Bedarf nicht wahrgenommen wird. Kim stellt enttäuscht fest, dass das Bewusstsein für die Lebensrealität queerer Familien an der Hochschule offenbar noch nicht ausreichend vorhanden ist. Obwohl die Dozentin Verständnis zeigt, bleibt das Thema vorerst am Rand, und Kim fragt sich, wie lange es dauern wird, bis die Hochschule sich wirklich damit auseinandersetzt.
Proaktive Massnahmen
Diversity-Mainstreaming in der Lehre:
In allen Studiengängen überprüfen inwiefern Geschlechterrollen, Geschlechtsidentität, körperliche Geschlechtsmerkmale und sexuelle Orientierung relevante Kategorien bei der Gestaltung des Curriculums sind. Den Lebensrealitäten von LGBTIAQ+ Personen in Modulen einen Platz geben, beispielsweise in Case-Studies und Übungen.
Vielfältige Dozierende:
Dozierende mit vielfältigen Hintergründen beschäftigen, die verschiedene Lebensrealitäten einbringen können.
Schulung und Sensibilisierung:
Sensibilisierungsmassnahmen und Schulungen zu LGBTIAQ+ und Diversity allgemein durchführen, um die Awareness für die Thematik zu erhöhen.
Feedback einholen:
Regelmässige Evaluationen zu Lehrmaterialien/Studieninhalten durchführen und freie Kommentarfelder darin aufnehmen. Hinweise auf problematische resp. fehlende Inhalte ernst nehmen.
Reaktive Massnahmen
Feedback umsetzen:
Veraltete Lehrmittel und Studieninhalte durch aktuelle ersetzen. Vereinzelte problematische Inhalte mit entsprechenden Hinweisen versehen, um sie einordnen zu können.
Awareness
- Nicht alle leben die gleiche Beziehungs- und/oder Familienform oder haben dieselben Vorstellungen davon.
- Jede Person kann den Wunsch nach einer Familie/Kindern haben, das ist unabhängig von der sexuellen Orientierung und/oder von der Geschlechtsidentität.
- Menschen, die in alternativen Beziehungs- und/oder Familienformen leben, sind mit gesellschaftlichen und rechtlichen Herausforderungen konfrontiert.
Support
- Unterschiede anerkennen und respektieren.
- Andere auf diskriminierende und menschenverachtende Inhalte und Äusserungen aufmerksam machen und Betroffenen Unterstützung anbieten.
- Mit LGBTIAQ+ Studierenden zusammenarbeiten, um individuelle und stimmige Lösungen zu finden.