Wie viel Moral steckt im moralischen Distress?

Das vorliegende Projekt untersucht die Folgen verschiedener Arten von Stress, denen Pflegefachpersonen und Hebammen ausgesetzt sind, und zielt darauf ab, moralischen Distress von anderen arbeitsbedingten Stressursachen zu unterscheiden.

Factsheet

Situation

Moralischer Distress wird oft als psychische Reaktion verstanden, die auftritt, wenn Gesundheitsfachpersonen nicht gemäss ihren moralischen Überzeugungen handeln können. Zahlreiche empirische Studien legen dabei eine kausale Beziehung zwischen moralischen Ereignissen und psychischem Stress, einer verminderten Betreuungsqualität und einer geringeren Berufszufriedenheit nahe. Allerdings besteht eine anhaltende Debatte bezüglich der korrekten Konzeption von moralischem Distress. Zudem weisen viele Studien wesentliche Schwächen auf, die die Interpretation der Folgen von moralischem Distress erschweren. Erstens werden Ursache und Wirkung häufig vermischt, indem moralische Ereignisse und die daraus resultierende Belastung als ein singuläres Konzept definiert und empirisch erhoben werden. Dies erschwert eine fundierte Unterscheidung zwischen moralischem Distress und anderen, arbeitsbedingten Stressoren. Zweitens werden alternative Ursachen für Stress am Arbeitsplatz selten angemessen berücksichtigt, wie etwa schlechte Arbeitsbedingungen oder mangelnde soziale Unterstützung. Drittens verwenden gängige Messinstrumente für moralischen Stress oft unklare oder doppeldeutige Fragen, die moralische Probleme mit anderen Stressoren wie Personalmangel oder hierarchischem Druck vermischen. Entsprechend hat das vorliegende Projekt zum Ziel, diese methodischen Schwächen zu überwinden, um valide Aussagen zu den Folgen von moralischem Distress machen zu können.

Course of action

Im vorliegenden Projekt wird eine webbasierte Befragung unter Pflegefachpersonen und Hebammen durchgeführt. Ziel ist es, deren Perspektiven auf Arbeitsbedingungen, die Anerkennung ihrer Arbeit sowie die berufliche Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte, die allfällige Einschränkung ihrer Arbeitsautonomie sowie die kurz- und langfristigen psychologischen Folgen dieser Faktoren zu erfassen. Der Fragebogen mit verschiedenen validierten Skalen wird an Fachpersonen in verschiedenen Spitälern der Deutschschweiz verteilt, um eine möglichst repräsentative Stichprobe zu gewährleisten. Die Datenanalyse erfolgt mittels Strukturgleichungsmodellen, um die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Stressoren und ihren psychologischen Folgen zu untersuchen. Dabei wird insbesondere geprüft, ob sich moralischer Distress bezüglich der Folgen empirisch von anderen Stressoren unterscheidet.

This project contributes to the following SDGs

  • 3: Good health and well-being
  • 8: Decent work and economic growth