Interdisziplinarität als Klebstoff

19.09.2019 Feinste Klebstoffgitter verbessern die Restaurierung von Kunstwerken. Die Methode wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Institut ALPS und der Hochschule der Künste der Berner Fachhochschule weiterentwickelt.

Wir Laien würden nun wohl zur Tube Cementit oder gar zur Heissleimpistole greifen und damit am Kunstwerk einen Schaden anrichten, der sich nicht rückgängig machen liesse.
Deshalb gibt es Menschen wie Mona Konietzny und Karolina Soppa. Die beiden lehren und forschen an der Hochschule der Künste Bern (HKB) in der Vertiefung Konservierung und Restaurierung von Gemälden und Skulpturen. Ein Teil ihres Berufes besteht darin, Lösungen für spezifische Probleme zu finden, die beim Restaurieren eines Werks auftreten. Sie wissen, dass die Hitze des Leims aus der Heissklebepistole das Gemälde beschädigen und die Malschicht deformieren könnte. Oder dass flüssige Klebstoffe stark in das Gewebe einziehen können, es damit versteifen und sogar schneller degradieren lassen.
Doch moderne Restaurierung von Gemälden sollte möglichst minim in den Originalzustand eingreifen und dabei mindestens 50 Jahre halten. Weiter sollte sich das Material möglichst wieder komplett entfernen lassen.

Weltweites Interesse an den Klebstoffgittern

Die Lösung sind Klebstoffgitter. Für die Restauratorinnen fertigt die APM Technica AG eine Gussform für ein 0,3 Millimeter feines Gitter. Das auf Klebstoffe spezialisierte St. Galler Unternehmen stellt die Gitter aus drei alterungsbeständigen, klar definierten Klebstoffen mit unterschiedlichen Löslichkeitseigenschaften her. Damit haben die beiden Restauratorinnen der HKB für ihre Zwecke ein Produkt,
das den herkömmlichen flüssigen Klebetechniken weit überlegen ist. Das Interesse für die neuartigen Klebstoffgitter ist auf Fachkonferenzen weltweit spürbar. Nicht nur in der Gemälderestaurierung, auch im Bereich Papier, Textil und bei anderen Materialien wie Holz stellt sich die Problematik des Klebens. Die Nachfrage ist so gross, dass die APM Technica AG zum Ziel hat, die Klebstoffgitter dereinst industriell herzustellen.

Interdisziplinarität als Lösung

Doch die quadratischen Strukturen haben einen Nachteil. Oft weisen die Leinwände der alten Gemälde ebenfalls längliche oder gar quadratische Strukturen auf. Das führt dazu, dass der Klebstoff nicht mehr perfekt regelmässig verteilt wird. Als Mona Konietzny (siehe Interview) bei einem interdisziplinären
Mittagessen zwischen der Hochschule der Künste sowie dem Institut ALPS der Berner Fachhochschule BFH das Problem erläutert, horcht Patrick Schwaller auf.
Der Professor für Oberflächenphysik leitet am Departement Technik und Informatik das Institute for Applied Laser, Photonics and Surface Technologies Alps. Schwaller und sein Team sind sich gewohnt, interdisziplinär zu arbeiten. Ihre Partner stammen vom klassischen Maschinenbau über die Uhrenindustrie bis zur Medizinaltechnik.

Interview

Mona Konietzny ist Senior-Assistentin Konservierung und Restaurierung an der BFH-Hochschule der Künste: Ein Gespräch über Authentizität und digitale Restaurierung.

Mona Konietzny, wie viel des Materials eines alten Gemäldes, zum Beispiel der über 500 Jahre alten Mona Lisa, ist normalerweise noch original?

Mona Konietzny: Da sind sicher noch Bestandteile original, aber als Besucher ist nicht klar, was original ist, wenn man einmal draufschaut. Oftmals sind diese alten Kunstwerke schon sehr stark beschädigt. Viele Kunstwerke in Museen haben Überarbeitungen oder zumindest Restaurierungen erfahren, die dafür sorgen sollen, dass man als Besucher ein geschlossenes Erscheinungsbild des Kunstobjekts erhält.
In der Skulpturenrestaurierung ist es etwas anders, da akzeptiert man mittlerweile auch Fehlstellen. Leinwände, wo nur noch einzelne Schollen drauf sind, sieht man hingegen noch fast nicht. Hier arbeiten wir daran, dass wir das Original soweit schätzen lernen, dass wir auch einen beschädigten Zustand als erhaltenswert und ästhetisch empfinden können. Weil das viel authentischer ist.

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Fachgebiet: Institute for Applied Laser, Photonics and Surface Technologies ALPS