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Was Gemeinden für die Altersarbeit brauchen

29.10.2024 Mit dem Projekt «Digitales Bildungsmanual für die kommunale Altersarbeit» möchte die BFH eine heterogene Zielgruppe erreichen, weiterbilden und vernetzen. Im Projekt dabei ist auch Sandra Hofer Sanchez von Pro Senectute Kanton Bern. Im Interview erzählt sie von der Zusammenarbeit mit dem Institut Alter.

Das Wichtigste in Kürze

  • Sandra Hofer Sanchez unterstützt Gemeinden dabei, ihre Altersleitbilder in konkrete Massnahmen umzusetzen. 

  • Aktuell ist sie an einem BFH-Projekt beteiligt, in dem ein digitales Bildungsmanual entwickelt wird, das den unterschiedlichen Bedürfnissen der kommunalen Akteur*innen gerecht werden soll.

  • Sie betont, dass für eine lebendige Community eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit und ein stärkeres Bewusstsein fürs Thema Alter notwendig sind.

Frau Hofer, Sie leiten bei Pro Senectute Kanton Bern den Bereich Gemeinwesenarbeit. Wie sieht die Arbeit Ihres Team aus?

Unser Auftrag ist es, Gemeinden im Kanton Bern in ihrer kommunalen Altersarbeit zu unterstützen. Aufgrund der kantonalen Förderung verfügen die meisten Gemeinden über ein partizipativ erarbeitetes Altersleitbild, das aber nicht überall aktiv gelebt wird. Wir helfen den Gemeinden nun, diese Leitbilder mit konkreten Massnahmen umzusetzen.

Wir starten beispielsweise mit einer Befragung und schauen, was für die Bevölkerung passen könnte. Dabei arbeiten wir einerseits mit den auftraggebenden Gemeinderatsmitgliedern und Sozialdiensten zusammen, andererseits mit Senior*innenräten und Personen aus Kirchen oder Vereinen. Ein wichtiger Schwerpunkt ist aktuell die Schaffung von Altersfachstellen.

Sandra Hofer Sanchez ist Team- und Projektleiterin Gemeinwesenarbeit bei Pro Senectute Kanton Bern
Sandra Hofer Sanchez ist Team- und Projektleiterin Gemeinwesenarbeit bei Pro Senectute Kanton Bern

Sie erarbeiten zurzeit zusammen mit der BFH ein digitales Bildungsmanual für die kommunale Altersarbeit. Wie kam es dazu und was erhoffen Sie sich von diesem Manual?

Das Projekt entstand aus einer früheren gemeinsamen Studie, welche die bestehende Organisationsstruktur der Altersarbeit im Kanton Bern aufzeichnete. Im nächsten Schritt wurden die Gemeinden nun gefragt, welches Unterstützungsangebot sie benötigen, damit sie die abstrakten Leitbilder selbstständig in fassbare Dinge umwandeln können.

Die Gemeinden verfügen oft über sehr eingeschränkte Zeitressourcen, oftmals fehlen auch Alters- und Projektmanagementressourcen – zum Beispiel, wenn eine Seniorin ein Alterscafé betreiben möchte, jedoch bei der Planung und Umsetzung stark gefordert ist. Diese Menschen möchten wir im Projekt erreichen. Dazu wollen wir ein digitales Bildungsmanual einsetzen, das vor Ort genutzt werden kann. Die Niederschwelligkeit war dabei ein entscheidender Punkt, damit die Leute die benötigten Information online so rasch wie möglich abrufen können.

Die Niederschwelligkeit ist ein entscheidender Punkt, damit die Leute die benötigten Information online so rasch wie möglich abrufen können.

Sandra Hofer Sanchez
Sandra Hofer Sanchez Pro Senectute Kanton Bern

Sandra Hofer Sanchez…

… ist seit zwei Jahren Team- und Projektleiterin Gemeinwesenarbeit bei Pro Senectute Kanton Bern. Sie studierte Sozialpädagogik, bildete sich in der Erwachsenenbildung weiter und schloss den MAS Sozialmanagement mit Schwerpunkt Organisationsentwicklung ab. Vor ihrer aktuellen Tätigkeit arbeitete sie u.a. in der Jugend- und Suchtarbeit, der Arbeitsintegration und im Armutsbereich in Leitungspositionen.

Kontakt

Gemeinwesenarbeit der Pro Senectute Kanton Bern

Welche Faktoren sind Ihrer Meinung denn entscheidend, dass das anvisierte, digitale Bildungsmanual erfolgreich wird?

Die Akteur*innen im Altersbereich sind sehr heterogen. Da gibt es Gemeinderatsmitglieder, die nicht vom Fach sind und sich den Alterskontext erst erarbeiten müssen. Da gibt es die Fachpersonen in der Verwaltung oder Partnerorganisationen, die sich teilweise in das erst junge Tätigkeitsfeld Alter einarbeiten. Und da gibt es Freiwillige in den Senior*innenräten. Wenn wir all diese Ansprechgruppen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen erreichen, ist ein wichtiges Ziel des Manuals bereits erreicht.

Ein weiterer Knackpunkt ist die Frage, wie die bereits angesprochene Niederschwelligkeit technisch realisiert werden kann. Allenfalls müssen wir hier von der Planung abweichen, da das ursprünglich angedachte Tool nicht die erhobenen Bedürfnisse abdeckt. 

Sie selbst waren an der Erhebung beteiligt. Wie ging sie vonstatten und wie haben Sie diese erlebt.

Zu Beginn führten wir Interviews mit zwölf Altersbeauftragten, die in verschiedenen Gemeinden mit unterschiedlichen Modellen der Altersarbeit tätig sind. Ausgehend davon erarbeiteten wir die Themen für das Manual, die wir mit ihnen in einem Workshop wieder besprachen und weiterentwickelten. Dabei traten Themen ans Licht, die wir im Vorfeld nicht erwartet haben. Dies zeigt, dass dieser Erhebungsprozess sich tatsächlich an den Bedürfnissen der Leute orientiert und für Innovationen sorgt.

Digitales Bildungsmanual für die kommunale Altersarbeit

Keyvisual

Die grosse Mehrheit der kommunalen Verantwortlichen für Alters- und Generationenfragen ist mit einem kleinen Pensum angestellt, oft dominiert ehrenamtliches Engagement. Trotz unterschiedlichen Hintergründen und Ausgangssituationen ergeben sich in den Gemeinden oft ähnliche Fragestellungen und Herausforderungen. Weil die Erwartungen hoch und die zur Verfügung stehenden Ressourcen meist sehr beschränkt sind, gibt es einen grossen Bedarf nach Erfahrungsaustausch und nach Inputs zu praxisorientiertem Wissen oder angepassten Lösungsansätzen. 

Mit Förderung der Age-Stiftung erarbeitet das Institut Alter derzeit zusammen mit Pro Senectute Kanton Bern und ProSenior Bern ein entsprechendes, digitales Bildungsangebot. Die vorgängige Bedarfsanalyse ergab, dass das anvisierte Manual insbesondere folgenden Bedürfnissen Rechnung tragen muss: 

  • Zuverlässige, aktuelle und übersichtliche Wissensgrundlagen zur kommunalen Altersarbeit
  • Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen den kommunalen Verantwortlichen für Alters- und Generationenfragen

Ein digitales Bildungsmanual für die kommunale Altersarbeit

Die Pro Senectute arbeitet immer wieder mit dem Institut Alter zusammen. Wie erleben Sie diese Partnerschaft und wo liegt für Sie der besondere Mehrwert darin.

Die Zusammenarbeit mit dem Institut Alter «fägt»! Für uns ist sie eine Art Rückendeckung, die uns bei der direkten Arbeit mit den Menschen hilft, die Gesamtübersicht zu behalten. Und es ist toll, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die unser Anliegen teilen und die wissenschaftliche Ebene zusammen mit der konkreten, zum Teil raschen Umsetzung vor Ort denken können. Mit dieser Erfahrung und dem Austausch auf Augenhöhe lernen wir voneinander und es entstehen Dinge, die auch tatsächlich genutzt werden und Wirkung erzielen.

Und solche Zusammenarbeiten helfen auch, sich nicht als Konkurrenz zu sehen, was wir im Dienstleistungsbereich ja durchaus könnten. Aber so kennen wir unsere jeweiligen Kernkompetenzen und können uns bei Projekten auch gegenseitig mit ins Boot holen.

Mit der Erfahrung des Instituts Alter und dem Austausch auf Augenhöhe lernen wir voneinander und es entstehen Dinge, die auch tatsächlich genutzt werden und Wirkung erzielen.

Sandra Hofer Sanchez
Sandra Hofer Sanchez Pro Senectute Kanton Bern

Das Thema altersfreundliche Städte und Gemeinden hat sich in den letzten Jahren etabliert und wird vielerorts als wichtige Querschnittsaufgabe betrachtet. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein und wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Wir haben noch Potential, gerade in der Bewusstseinsebene. In vielen Gemeinden wird das Thema Alter noch immer dem Sozialbereich zugeordnet – obwohl die Projekte längst bereichsübergreifend organisiert sind. Und nach dem Auslaufen der kantonalen Förderung der Altersleitbildern hängt in den Gemeinden derzeit vieles von engagierten Einzelpersonen ab. Hier könnten Anstrengungen unternommen werden, damit es rund um den Fachbereich Alter eine stärkere Community gibt, die auch lebt und sich austauscht. Das digitale Bildungsmanual könnte hierzu einen ersten Schritt darstellen.

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