«Eine Kündigung bedeutet meistens eine Zitterpartie»

26.10.2023 Wie nehmen diejenigen den Fachkräftemangel wahr, die die kommunalen Sozialämter beaufsichtigen? Wir haben im September anlässlich des Sozialbehördenforums an der BFH bei drei Behördenmitgliedern nachgefragt. Fazit: Die Befragten orten für ihre Gemeinden auf dem umkämpften Arbeitsmarkt unterschiedliche Stärken und Lösungsansätze.

«Da wir eine ländliche Gemeinde sind, haben wir immer wieder Mühe, Fachkräfte zu finden. Eine Kündigung bedeutet meistens eine Zitterpartie», sagt Petra Schläppi, Sozialbehörde Saanen. Und Cornelia Krall, Behördenmitglied Trachselwald-Huttwil meint, massgebend seien der geografische Standort der Gemeinde und somit das Gebiet, aus dem Fachleute angeworben werden können. 
 

Was ist das Sozialbehördenforum?

Mitglieder von Sozialbehörden haben gemäss dem Bernischen Sozialhilfegesetz (SHG Art. 17) vielfältige und anforderungsreiche Aufgaben der Strategieverantwortung und Aufsicht.

Die BFH führt im Auftrag der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern, Amt für Integration und Soziales Anlässe für die Behördenmitglieder durch, damit sie sich vernetzen und weiterbilden können.

Im Sozialbehörden-Forum 2023 wurden zwei Themen behandelt: Der Fachkräftemangel und dessen Folgen für die Strategiearbeit sowie die neue Fachstelle Sozialrevisorat des Kantons und deren Auswirkungen auf die Aufsichtstätigkeit der Sozialbehörden. 

Selbst der Vertreter der Gemeinde Urtenen, Mathias Gehrig, bestätigt trotz Nähe zur Stadt Bern, die angespannte Fachkräftesituation. Sie habe eine deutliche Reduktion der Anzahl Bewerbungen auf offene Stellen zur Folge. Er sagt: «Im Moment haben wir eigentlich fast nur Bewerbungen von Studienabgänger*innen, was vor allem im Kindes- und Erwachsenenschutz ein Problem ist, weil dort das Erfahrungswissen zentral ist.» 

Dennoch meinen die drei befragten Sozialbehördenmitglieder, sie hätten bisher Glück gehabt und alle Stellen mit professionellem Fachpersonal besetzen können. 

Bewusstsein und Lösungsansätze

Auch eine Rolle spielen dürften die bei allen drei Sozialbehörden eingeleiteten strategischen Massnahmen. Die Gemeinde Saanen etwa betreibt ihren kommunalen Sozialdienst interdisziplinär und nicht generalistisch. Ihr Behördenmitglied, Petra Schläppi, erhofft sich, dass dies von Fachkräften geschätzt wird und sie anzieht. 

Demgegenüber betont Cornelia Krall von Trachselwald-Huttwil sie seien zum einen bestrebt, in ihrem Sozialdienst attraktive Arbeitsbedingungen anzubieten, wie Teilzeitarbeit und mobiles Arbeiten und zum anderen eine angemessene Fallbelastung zu gewährleisten. 

Die Sozialbehörde der Gemeinde Urtenen versucht laut Mathias Gehrig ebenfalls das Arbeitsklima sowie das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu stärken: «Wir versuchen genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit die Fallbelastung nicht zu hoch wird.» Dies dämme die Fluktuation des Personals ein, motiviere Praktikant*innen längerfristig zum Bleiben und werte das Image des Sozialdienstes in der Öffentlichkeit auf. Seit 2022 veröffentlicht die Gemeinde Urtenen zudem einen detaillierten Jahresbericht, um die fortschrittlichen Arbeitsbedingungen öffentlich sichtbar zu machen. 

Fazit

Die Sozialbehörden können zwar das Arbeitsklima auf dem kommunalen Sozialdienst nicht direkt beeinflussen. Sie können jedoch die strukturellen Rahmenbedingungen schaffen, die ein befriedigendes Arbeiten fördern. Für diese Einflussmöglichkeiten wurden sie anlässlich des Sozialbehördenforums 2023 an der BFH sensibilisiert. Der Anlass bot zudem Gelegenheit, sich über Erfahrungen und strategische Handlungsoptionen auszutauschen. 
 

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Fachgebiet: Management im Gesundheits- und Sozialwesen, Soziale Arbeit
Rubrik: Dienstleistungen