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«Mit greifbaren Vorbildern lassen sich Studierende am besten fürs Unternehmertum begeistern»
12.09.2023 eClimber, Auto-Mate Robotics, Microcyte, eMobility+: Gleich vier Startups haben in den letzten zwei Jahren Fördergelder von der Gebert Rüf Stiftung erhalten. Yacine Bouazdia, Experte für Entrepreneurship am Departement Technik und Informatik der Berner Fachhochschule, unterstützt die Jungunternehmer*innen auf ihrem Weg.
Yacine Bouazdia, in den letzten zwei Jahren haben vier Startups der BFH-TI eine «First Ventures»-Förderung der Gebert Rüf Stiftung (GRS) erhalten – so viele wie noch nie. Woran machst du diesen Erfolg fest?
Ich bin überzeugt, dass die richtigen Projekte und Personen schon immer da waren. Neu ist, dass die BFH als Ganzes einen Schwerpunkt auf das Unternehmertum legt und in diesem Bereich gezielt fördert. Zudem haben wir von der BFH-TI in den letzten zwei Jahren aktiv nach Projekten gesucht und versucht, möglichst viele Leute auf die Angebote im Startup-Bereich aufmerksam zu machen. Dazu gehört auch, das Bewusstsein bei den Dozierenden und Forschenden zu stärken. Sie betreuen die Projekte, sind dadurch am nächsten dran und können uns auf spannende Ideen hinweisen, so dass wir dann bei der Bewerbung für ein Förderprogramm unterstützen können.
Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?
Ich schreibe keine Anträge, aber es gibt Themen, bei denen es hilfreich ist, die Leute zu hinterfragen und herauszufordern. Über die technischen Themen wissen sie bestens Bescheid, aber wenn es beispielsweise um die Wahl des Businessmodells geht, brauchen sie manchmal Denkanstösse. Auch wenn es um die Präsentationen geht, unterstützen wir. Es handelt sich um dreiminütige Pitches; die Studierenden sind es sich aber gewohnt, viel längere Präsentationen zu halten. Deshalb helfe ich dabei, die wichtigsten Informationen rauszufiltern und auf den Punkt zu bringen.
Wie begleitet ihr die Startups weiter, wenn der Förderantrag erfolgreich war?
Neben Unterstützung bei administrativen und rechtlichen Fragen stehen wir im regelmässigen Austausch. Je nach Bedarf stellen wir aus unserem Netzwerk Kontakte her, sei das mit Coaches oder möglichen Investoren. Wir helfen auch bei der Übersicht über all die Angebote, die es für Startups gibt, denn das sind mittlerweile einige. Es gilt herauszufinden, was für das jeweilige Startup zu dem Zeitpunkt am besten geeignet ist – ein Innosuisse-Coaching, die Teilnahme an einem Wettbewerb oder eine Bewerbung bei be-advanced, der Innovationsförderagentur für Unternehmen im Kanton Bern.
Was unterscheidet das «First Ventures»-Programm von anderen Förderangeboten für Startups?
Es ist ein Angebot nur für Studierende von Fachhochschulen. Sind auch Studierende der Unis und der ETH/EPFL in einem Gefäss dabei, ist die Konkurrenz natürlich grösser. Gerade wenn das Projekt auf einer Arbeit basieren muss, macht es einen grossen Unterschied, ob eine Bachelor- oder eine Doktorarbeit die Grundlage bildet. Die Studierenden erhalten bis zu CHF 150'000. Dabei handelt es sich nicht um ein Darlehen, das zurückgezahlt werden muss. Die Startups müssen nach der Gründung auch keine Anteile abgeben. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist, dass wir von der BFH mit den von der GRS geförderten Startups besonders eng in Kontakt bleiben können, denn die Fördersumme wird der Hochschule ausgezahlt. Das Startup verfügt frei über das gesamte Budget, aber die involvierten Personen sind an der BFH angestellt. Dadurch können sie die Infrastruktur nutzen und von der Expertise unserer Dozierenden profitieren. Dank der Anstellung an der BFH sind die Startups ausserdem sichtbarer für andere, zum Beispiel indem sie ihr Projekt in Vorlesungen präsentieren. Dadurch entstehen wiederum neue Projekte. Ich glaube, man lässt sich am besten fürs Unternehmertum begeistern, wenn man greifbare Vorbilder hat.
Welche Eigenschaften müssen Studierende mitbringen, wenn sie ein Startup gründen möchten?
Meiner Meinung nach ist die wichtigste Eigenschaft, auf neue Umstände reagieren zu können. Eine Situation kann sich sehr schnell ändern und wer dann versucht, um jeden Preis an einem fixen Plan festzuhalten, wird wahrscheinlich nicht erfolgreich sein. Alles, was sie wissen müssen, können sie sich laufend aneignen. Sie müssen allerdings bereit sein, sich mit betriebswirtschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, nicht nur mit ihrem Produkt. Denn ein Produkt allein macht noch kein erfolgreiches Unternehmen.
Und was macht eine gute Idee für ein Startup aus?
Das kann ich nicht sagen. Am Ende entscheidet immer der Markt, ob etwas erfolgreich wird. Ich glaube aber, dass die Zeiten vorbei sind, in denen es bloss darum geht, möglichst viel Geld zu verdienen. Die Unternehmer*innen von morgen müssen sich verstärkt damit auseinandersetzen, welchen gesellschaftlichen Impact sie haben oder wie sie mit Ressourcen umgehen. Die GRS fragt das bereits ganz konkret ab und will – vereinfacht gesagt – von den Antragstellern wissen, wie sie die Welt zu einem besseren Ort machen.
Wie wollt ihr die Unterstützung der Startups in Zukunft noch ausbauen?
Unser Ziel ist es, die bestehenden Projekte stärker untereinander zu vernetzen und eine Community aufzubauen. Denn die Startups können viel voneinander profitieren – wer im Prozess schon weiter ist, kann den Neuen wertvolle Tipps geben. Oftmals befanden sie sich vor ein paar Jahren in der gleichen Situation und waren mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert.