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«Schulsozialarbeitende brauchen ein gutes Gehör für Zwischentöne»
26.06.2023 Daniel Lozano ist ein Schulsozialarbeiter der ersten Stunde: Während 17 Jahren war er als Schulsozialarbeiter tätig, davon zuletzt acht Jahre in leitender Funktion. Den Aufbau der Schulsozialarbeit in der Stadt Bern prägte er mit. Nun übernimmt Daniel Lozano die Leitung des Fachkurses Schulsozialarbeit kompakt.
Daniel Lozano, warum braucht es eine spezifisch für die Schulsozialarbeit ausgerichtete Weiterbildung?
Daniel Lozano: Schulsozialarbeit ist in der Schweiz ein junges Handlungsfeld innerhalb der Sozialen Arbeit. In ihrem Berufsalltag sind Schulsozialarbeitende mit vielfältigen Themen konfrontiert. Sie brauchen ein breites Methodenrepertoire und eine eigenständige fachliche Positionierung innerhalb des Systems Schule. Damit dies gelingt, ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle und den Aufgaben zentral. Erst dann können Erwartungen geklärt und eine gelingende Zusammenarbeit mit der Schule aufgebaut werden.
In der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anspruchsgruppen tauchen mitunter komplexe Probleme auf. Was hilft Ihrer Erfahrung nach, wirkungsvoll zu arbeiten?
Daniel Lozano: Da sehe ich vor allem zwei wichtige Schlüssel: eine systemische Sichtweise und die Reflexion über zentrale Leitwerte. Im Fachkurs stellen wir dazu Hilfsmittel und Arbeitsinstrumente vor, die wir in der Praxis erprobt haben. Wir schaffen auch Raum, um die konkrete Anwendung auszuprobieren. Im Fachkurs sollen Schulsozialarbeiter*innen und Neueinsteiger*innen neue, praktische Erkenntnisse gewinnen und sich methodisch vertiefen können. Der Mix aus fachlichen Inputs, konkreten Übungen und Austausch mit Berufskolleg*innen gibt mehr Handlungssicherheit. Dadurch stärkt der Fachkurs nicht nur die Teilnehmenden, sondern auch die Schulsozialarbeit als Handlungsfeld.
Wer eignet sich zur*zum Schulsozialarbeitenden?
Daniel Lozano: Wichtig ist, dass man auch in hektischen Zeiten in der Lage ist, in Beratungen im Hier und Jetzt zu sein und der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen die ungeteilte Aufmerksamkeit zu widmen. Schulsozialarbeitende sollten über ein feines Gehör für Zwischentöne verfügen und mehr Fragen stellen als Antworten bereithalten. Sie beziehen das Expert*innenwissen der Kinder und Jugendlichen mit ein und achten dabei altersadäquat auf deren Selbstbestimmung. Schulsozialarbeitende beziehen nach Möglichkeit alle relevanten Personen in eine Lösungsfindung mit ein. Ihr Ziel ist es immer, Beziehungen zu stärken. Schulsozialarbeitende wissen über vieles Bescheid, müssen aber nicht alles selbst können.
Wie sind Sie selbst zur Schulsozialarbeit gekommen?
Lozano: Bevor ich als Schulsozialarbeiter arbeitete, war die Schulsozialarbeit in der Stadt Bern in einer Pilotphase. Ich hatte damals eine Stelle in der offenen Jugendarbeit inne und arbeitete schon eng mit den Schulen im Quartier zusammen.
Gibt es ein Erlebnis, das Sie beruflich geprägt hat?
Lozano: Ich habe eine breite Palette an menschlichen Emotionen und Situationen kennengelernt. Es fällt mir schwer, ein besonderes Erlebnis hervorzuheben. Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Sorgen, die den Kindern und Jugendlichen die Welt bedeuten und die gleichzeitig ein riesiges Potenzial für Veränderung für sie in sich tragen. Dies fasziniert mich bis zum heutigen Tag. Was mich sicher auch geprägt hat, ist ein Arbeitsalltag, der wenig Routinen und viele Überraschungen mitbringt. Geduld, Humor und eine Prise gesunde Neugierde helfen, dabei gelassener durch den Tag zu kommen.