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Sandro Gafner: «Ich helfe mit, etwas Neues aufzubauen»
05.04.2023 Sandro Gafner hat im Sommer 2022 das Bachelorstudium an der BFH in Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen. Seit Oktober 2022 arbeitet er bei Powdience, einem Start-up, das Kundinnen und Kunden datenbasierte Personas anbietet. Wie es dazu gekommen ist, erzählt der 25-Jährige im Interview.
Herr Gafner, wie gefällt es Ihnen in der Arbeitswelt?
Mir gefällt es sehr gut. Es macht mir Freude, dass ich die Inputs aus dem Studium in der echten Welt umsetzen kann. Ich kann in meinem Arbeitsalltag sehr viele Verbindungen zu meiner Zeit an der BFH herstellen.
Zum Beispiel?
Die BFH gab mir einen grossen Koffer an Werkzeugen mit auf den Weg in die Arbeitswelt. Vor allem die Projektarbeiten waren sehr wertvoll. Bei diesen haben sich die verschiedenen Disziplinen Technik, Informatik und Wirtschaft in der Praxis gegenseitig beeinflusst. Wenn wir bei Powdience jetzt zum Beispiel überlegen, ob eine Programmierschnittstelle (API) geeignet ist oder nicht, besitze ich sowohl das technische als auch das wirtschaftliche Verständnis für diese Fragestellung. Vielleicht würde eine API passen, aber sie ist im Moment noch zu teuer. Ich habe im Studium gelernt, beide Sprachen zu sprechen. Diese Kompetenz ist in meinem Alltag sehr hilfreich.
Sie arbeiten seit Oktober 2022 bei Powdience. Wie sind Sie zu dieser Stelle gekommen?
Powdience ist ein Start-up, das aus der BFH heraus entstanden ist. Mein ehemaliger Dozent, Prof. Bramwell Kaltenrieder hat es vor 4 Jahren zusammen mit Mike Schwede gestartet. Gemeinsam haben sie ein Projekt als Bachelorarbeit an der BFH ausgeschrieben. Ich habe mich gemeldet und anschliessend meine Arbeit zu Powdience verfasst. Wir haben in dieser Zeit eng miteinander gearbeitet und uns auch persönlich kennengelernt. Nach meinem Studienabschluss haben mir die beiden Firmengründer dann eine Festanstellung angeboten. Die Fachhochschule arbeitet eng mit der Wirtschaft zusammen. So entstehen wertvolle Kontakte zu Unternehmen, die einem auch für die persönliche Karriere nützlich sein können. Und es ist sowieso wertvoll, als Studentin oder Student mit konkreten Fragestellungen aus der Praxis konfrontiert zu werden. Wenn meine Lösungen einer realen Firma weiterhelfen können, ist das viel zufriedenstellender für mich, als eine gute Note für eine Arbeit zu erhalten, die dann in der Schublade verschwindet.
Worum ging es in Ihrer Bachelorarbeit?
Personas sind Modelle von Kundensegmenten, die durch eine fiktive Person dargestellt werden. Personas helfen den Unternehmen, ihre Kundinnen und Kunden besser zu verstehen. Meistens entstehen diese sehr intuitiv und sind folglich nicht sehr akkurat. Powdience entwickelte eine Lösung, um Unternehmen datenbasierte Personas anzubieten. Dafür nutzte das Start-up die Programmierschnittstelle (API) von Facebook. In meiner Arbeit untersuchte ich, wie Personas auf Basis von Google Analytics erstellt werden können und wie die Lösung in die Powdience-App integriert werden kann. Dafür habe ich einen Prototyp erstellt und ein Python-Programm entwickelt, das die Google-Analytics-Daten einer Webseite verarbeitet und Personas erstellt.
Und: Setzt Powdience in Zukunft auf Google Analytics?
Ja, unter anderem. Meine Bachelorarbeit war ein Puzzleteilchen für die Lösung, die wir jetzt entwickelt haben. Um möglichst genau herauszufinden, wer die Kundin oder der Kunde eines Unternehmens ist, möchten wir uns aber nicht nur auf Google Analytics und Social-Media-Daten stützen. Deshalb wollen wir die Grundlagen weiter anreichern. Zum Beispiel mit Daten von unternehmensinternen Werbekampagnen oder allgemeinen, personenbezogenen Statistiken. Das ist sicher ein grosser Vorteil, den Powdience gegenüber anderen Anbietern hat.
Gibt es weitere Vorteile?
Viele Unternehmen erstellen Personas und arbeiten dann doch nicht damit. Im besten Fall druckt jemand die Ergebnisse aus und hängt sie an eine Wand. In der Powdience-App können Mitarbeitende Personas sehr einfach teilen und so einfacher damit arbeiten. Zudem sollen die Daten aus Kampagnen auch wieder in die Persona zurückfliessen und sie so immer auf dem neuesten Stand halten. Weiter wollen wir Unternehmen auch zeigen, wo sie Potenzial für neue Kundinnen und Kunden haben. Dabei geht es um Personen, die sie noch nicht ansprechen, die aber grundsätzlich Interesse am Produkt oder der Dienstleistung haben könnten. Da wir auf verschiedene Datenquellen setzen, ist unsere Lösung nicht von einem einzelnen grossen Anbieter wie etwa Google abhängig.
Sie sind bei Powdience Junior Product Owner. Was gefällt Ihnen besonders an diesem Job?
Meine Aufgabe ist es, die Idee von Powdience weiterzuentwickeln. Das ist an sich extrem spannend. Ich führe viele Interviews mit Fachpersonen und potenziellen Kundinnen und Kunden, vor allem KMU. Ich möchte herausfinden, wo ihre Probleme liegen, was sie brauchen und wo sie Hilfe benötigen. So können wir unser Angebot stetig verbessern. Zudem habe ich das grosse Glück, in einem Start-up zu arbeiten. Diese Welt hat mich bereits während dem Studium fasziniert.
Was macht denn diese Welt so speziell?
Die Abwechslung! Ich könnte mir nicht vorstellen, jeden Tag eine Liste mit Aufgaben abzuarbeiten, die immer ähnlich sind. Hier helfe ich mit, etwas Neues aufzubauen. Das ist sehr erfüllend. Unser Team ist klein und ich kann meine Ideen einbringen. Ich habe das grosse Glück, dass die beiden Gründer erfahrene und erfolgreiche Unternehmer sind. Sie coachen mich, und als frischer Studienabgänger kann ich vieles von ihnen lernen.
Welche BFH-Ausbildungsmodule waren besonders wertvoll für Sie?
An der BFH habe ich gelernt, mit Python zu programmieren. Diese Programmiersprache brauche ich im Alltag viel. Diesbezüglich war es ein grosser Vorteil, dass 50 Prozent des Studiums auf Englisch war. Wenn ich etwas programmiere und Quellen aus dem Internet brauche, sind diese meistens auf Englisch. Auch im Modul Data Science habe ich viel gelernt. Dabei ging es darum, Daten zu analysieren und Insights aus Daten zu kreieren. Besonders spannend waren natürlich alle Module, die sich um Start-ups drehten. Wie zum Beispiel das Modul Entrepreneurship oder Kickstart your idea. Dort haben wir ein Geschäftsmodell erstellt, dieses validiert und einen Prototyp realisiert.
Möchten Sie in Zukunft selbst ein Start-up gründen?
Ja, unbedingt. Aber im Moment liegt der Fokus auf Powdience. Das ist meine Priorität. Doch ich habe immer wieder interessante Ideen, die ich mir aufschreibe und die ich in Zukunft weiterverfolgen möchte. Ich möchte einen eigenen Weg einschlagen, etwas aufbauen und Verantwortung übernehmen. Das reizt mich schon lange.