Das Stiefkind des Gesangs. Die Rezitativpraxis im 19. Jahrhundert

Das Rezitativ ist das Stiefkind des Gesangs. Diese Feststellung bezieht sich nicht nur auf die historische Gesangstechnik, sondern vor allem auch auf die heutige Gesangspraxis, die kaum die notwendige Sprachdeklamation pflegt.

Steckbrief

Ausgangslage

Das Forschungsprojekt soll die Quellen zur Rezitativpraxis des 19. Jahrhunderts systematisch erschliessen und Methoden entwickeln, die Kunst des improvisierenden Sprechgesangs und der Loslösung vom Notentext neu zu erlernen.

Vorgehen

Das Rezitativ zählt zu den dramaturgisch wesentlichsten, aber wegen seiner vermeintlichen sängerischen Anspruchslosigkeit am stärksten vernachlässigten Elementen des Musiktheaters. Dies gilt besonders für das 19. Jh., für welches noch nicht einmal die relevanten Quellen aufgearbeitet sind. Dieses Projekt will hier erste Schritte unternehmen, historische aufführungspraktische Konzepte experimentell umsetzen und mit dem zeitgenössischen Théâtre musical in Wechselwirkung treten.

Ergebnisse

Ein Quellenreader zur Rezitativpraxis im 19. Jh. belegt die Rolle der Sprache als Gestaltungsbasis der Rezitative; auf Tonträgerdokumenten bleibt die Gewichtung Sprechstimme-Singstimme ambivalent. Quellen zur Deklamationspraxis zeigen, dass Bühnensprache, öffentliches Reden und die musikalischen Redeformen (Melodram, Rezitativ) auf einer pointierten Ausspracheweise beruhten, die je nach Kontext einen hohen „pathetischen“ und niederen „komischen“ Tonfall annehmen soll.

Ausblick

Das Projekt verändert das Kernverständnis des musikalisierten Sprechens nachhaltig und geht in zahlreiche Konzertprojekte (u.a. zum 10jährigen Jubiläum der HKB Nov. 2013) ein.