Frauen in der Landwirtschaft: Raus aus alten Mustern

28.03.2022 Die internationale Tagung «Frauen in der Landwirtschaft» machte es deutlich: Frauen nehmen in der heutigen Landwirtschaft viele Aufgaben wahr, und immer mehr wollen raus aus klassischen Rollen.

Frauen in der Landwirtschaft
Viele gute Gespräche: Rund 120 Teilnehmende besuchten die Fachtagung.


Bäuerinnen, Landwirtinnen, Forschende und Frauen aus Verwaltung, Bildung und Beratung trafen sich vom 23.-25. März am INFORAMA Rütti in Zollikofen zur 4. internationalen deutschsprachigen Tagung «Frauen in der Landwirtschaft». Die Organisatorinnen von INFORAMA, BFH-HAFL, AGRIDEA und der Universität Bern durften rund 120 Teilnehmende aus Südtirol, Österreich, Deutschland und der Schweiz begrüssen. Diese tauschten Forschungs- und Praxiswissen aus und diskutierten über die vielfältigen Lebensrealitäten der Frauen in der Landwirtschaft.

Ein wichtiges Thema ist die soziale Absicherung der mitarbeitenden Ehe-Partnerinnen in bäuerlichen Familienbetrieben. Die Situation in Deutschland wurde von den Expertinnen als gut und fortschrittlich eingeschätzt, weil die Ehefrau eines Landwirts automatisch renten-, unfall- und krankenversichert ist. In Österreich und Südtirol hingegen sind die Versicherungsarrangements sehr komplex und in der Schweiz bislang nur durch eine Entlohnung oder selbständige Erwerbstätigkeit zugänglich.

Viele Rollen, wenig Wertschätzung

Frauen nehmen in der Landwirtschaft multiple Rollen ein: sie sind Mitarbeiterinnen, Betriebsleiterinnen, Mitbesitzerinnen, Mütter, Hausfrauen, auswärts Erwerbstätige und vieles mehr. Sie erleben dadurch eine hohe Mehrfachbelastung. Die Wertschätzung, sei sie finanziell oder verbal, fehlt aber häufig, und sie haben weniger gute Chancen, den elterlichen Betrieb zu übernehmen als ihre Brüder. «Die Frauen werden noch oft bewusst oder unbewusst, durch gesellschaftliche, institutionelle, aber auch familiäre Strukturen und Traditionen in die klassische Rolle der Mutter, Hausfrau und mithelfenden Bäuerin gedrängt», sagt Mitorganisatorin und Agrarsoziologin Sandra Contzen von der BFH-HAFL. «Dabei nehmen sie eine zentrale Funktion ein: Sie sind es, die häufig Veränderungen anstossen, sei dies der Umstieg auf biologische Landwirtschaft oder die Aufnahme eines neuen, rentablen Betriebszweigs.»

Es bewegt sich was

Die Referate und Diskussionen führten eindrücklich vor Augen, dass etwas in Bewegung ist. Eine Bewegung hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, mehr partnerschaftlicher Betriebsleitung und Zusammenarbeit und  zur Möglichkeit, als Frau Landwirtschaft zu betreiben, ohne einen Bauern heiraten zu müssen. Diese Entwicklung zeigte sich auch durch die engagierte Teilnahme von jungen Landwirtinnen und Studentinnen der Agronomie und anderen Disziplinen. «Sie fühlen sich nach der Tagung darin bestärkt, ihren Weg konsequent weiter zu gehen und wissen, dass sie dabei nicht alleine sind», sagt Contzen.

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Rubrik: Forschung, Forschung