Asiatische Hornisse: Auf Jagd in Zollikofen

04.10.2024 Elf Kilos Insekten vertilgt ein Volk der Asiatischen Hornisse im Jahr, am liebsten Honigbienen. Das invasive Insekt wird darum bekämpft – die BFH-HAFL hilft mit. Mit Zeitstoppen, Flugrichtung und sogar mit Sendern werden Nester gesucht. Auf Jagd auf dem Campus.

Eine blau markierte Asiatische Hornisse beim Fressen. Bild: Reto Baula, BFH-HAFL
Eine blau markierte Asiatische Hornisse beim Fressen. Bild: Reto Baula, BFH-HAFL


Sie lauert am Flugloch des Bienenkastens: Die Asiatische Hornisse kennt keine Gnade. Sie packt die Bienen gleich bei der Landung am Nest mit ihren starken Mundwerkzeugen. Bienen machen, neben anderen Insekten und Spinnen, etwa 40% der Beute der Asiatischen Hornisse aus. Sie jagt nicht für sich selbst, sondern um ihre Larven mit Eiweissen zu versorgen. «Heimfliegende Bienen sind ein gefundenes Fressen für den Eindringling aus Asien, der Bienenstock ein Buffet», sagt Dominik Füglistaller, Agrarökologe an der BFH-HAFL.

Die Asiatische Hornisse treibt auch an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften BFH-HAFL ihr Unwesen. Füglistaller ist Imker und zeigt Fotos von zwei Hornissen auf einem Bienenstock hinter dem Campus in Zollikofen; die Asiatischen Hornissen gehen oft gemeinsam auf die Jagd und packen sie die Bienen oft schon im Flug. «Sie sind unglaublich gute Fliegerinnen, können vorwärts und rückwärts navigieren», erklärt Füglistaller. Das unterscheidet sie von der langsameren, einheimischen Hornisse, die auch seltener Bienen jagt. Die beiden Arten sind auch optisch zu unterscheiden: Die asiatische Hornisse hat einen dunklen Hinterleib, mit wenigen feinen gelben Streifen, die europäische einen gelben.

Rund 1900 Sichtungen

«Die Asiatische Hornisse ist nicht mehr aufzuhalten», sagt Dominik Füglistaller. Sie breitet sich seit 2004 in Europa aus, in der Schweiz wurde sie erstmals 2017 nachgewiesen. Die Bekämpfungsstrategie wird von den Kantonen festgelegt und damit schnell gehandelt werden kann, ist gemäss Agroscope ein rasches Melden von Verdachtsfällen über die Schweizer Meldeplattform für die asiatische Hornisse wichtig; in diesem Jahr bis anfangs Oktober sind schweizweit rund 1900 Sichtungen eingetragen.

In der interaktiven Karte erkennt man auch blaue Punkte bei der BFH-HAFL. «Wir vermuten ein Nest in unserer Nähe», erklärt Füglistaller. «Die Asiatische Hornisse baut im Frühling kugelförmige Primärnester in der Nähe des Bodens. Die Sekundärnester folgen im Sommer und Herbst. Sie werden hoch in den Bäumen platziert, sind tropfenförmig und wesentlich grösser als die ersten Nester; sie erreichen einen Durchmesser bis zu 60 Zentimetern.» Darin wachsen die Königinnen heran, die als einzige den Winter überleben.

Die Suche geht los

Eine Agronomiestudentin will das Nest in der Nähe der BFH-HAFL finden im Rahmen ihrer Arbeit zur Hornisse bei Dominik Füglistaller. Dazu braucht es nun die Expertise und Hilfe der Fachstelle Bienen des Kantons Bern am Inforama. Daher sind an diesem Freitagmorgen Marianne Tschuy und Stephan Flückiger, die «Hornissen-Jäger», vor Ort. Sie kennen die Asiatische Hornisse bestens, verfolgen sie durch den ganzen Kanton Bern und spüren Nester auf – etwa mithilfe der sogenannten Triangulation: Dabei wird eine Hornisse gefangen und mit einem Punkt markiert. Fliegt sie mit einer Beute los, werden Flugrichtung beobachtet und die Zeit gestoppt, bis die markierte Hornisse wieder am Bienenstock auftaucht. Mit diesen Infos kann der Standort eines Nests ermittelt – und dieses vernichtet werden. Noch genauer funktioniert die Lokalisierung durch Besenderung, bei der ein Minisender an der Hornisse befestigt wird.

Gegen das invasive Insekt stellt man sich mit vereinten Kräften - mit Wissen, Sensibilisierung und Bekämpfung. Mit der Fachstelle Bienen betreibt die BFH-HAFL gemäss Füglistaller ein Monitoring mit 50 Fallen, die bei Imkerinnen und Imker im Kanton Bern stationiert sind; es sind mehrere studentische Arbeiten im Gange, auch für ein grösseres Projekt des Centre for Agricultural Bioscience International CABI, das vom BLW finanziert wird. Viel Engagement fliesst auch in die Aufklärung und Vermittlung, das beginnt an der BFH-HAFL schon im Studium, etwa im Wahlmodul «Imkerei und Wildbienenförderung in der Landwirtschaft». Auch apisuisse hilft mit, die Asiatische Hornisse einzudämmen.

Die Unterscheidungsmerkmale: Links die asiatische Hornisse, rechts die europäische Hornisse. Bild: Carine Vogel, zVg
Die Unterscheidungsmerkmale: Links die asiatische Hornisse, rechts die europäische Hornisse. Bild: Carine Vogel, zVg

Mit Gruppen und Gittern

Sind die Bienen noch zu retten? Ja, meint Imker und Agrarökologe Füglistaller: «Ein gesundes Honigbienenvolk kann Verluste verschmerzen, aber ein schwaches Volk kann leiden und im Extremfall durch die Asiatische Hornisse vernichtet werden.» Die Imkerinnen und Imker sind dazu angehalten ihre Völker zu schützen, da es sich in der Imkerei um Nutztiere handelt; etwa mit Gittern vor den Fluglöchern. Die Bienen schützten sich selber, indem sie sich am Flugloch zu einer Gruppe formieren oder auch weniger ausfliegen. Mehr Sorge macht dem Agrarökologen die Insektenfauna und die Artenvielfalt: «Die Biester haben einen massiven Appetit, ein ganzes Volk vertilgt bis elf Kilogramm Insekten pro Jahr.

Die gute Nachricht zum Schluss: «Für die Menschen ist der Asiatische Eindringling nicht gefährlicher als die einheimische Hornisse. «Dennoch sollte man sich einem Nest nicht nähern, insbesondere Allergikerinnen und Allergiker nicht», sagt Dominik Füglistaller.

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Fachgebiet: Agronomie + Wald
Rubrik: Forschung