Daten statt Bauchgefühl

23.07.2024 Wann soll ich mit der Bewässerung beginnen? Ein Netz von Bodensonden der BFH-HAFL hilft den Landwirtinnen und Landwirten bei diesem Entscheid. Oft kann länger zugewartet werden als gedacht – was viel Wasser spart.

David Perler zeigt, wie die Sonden installiert werden. (Bilder: BFH-HAFL)
David Perler zeigt, wie die Sonden installiert werden. (Bilder: BFH-HAFL)


Mitte April geht es jeweils los. Dann sind die Saatkartoffeln im Boden. Eine strenge Zeit für David Perler, der bereits in seinem Agronomiestudium an der BFH-HAFL in Kontakt mit dem Projekt Bewässerungsnetz kam. Die Idee dahinter: Via Bodensonden wird die Feuchtigkeit im Boden und damit der ideale Bewässerungszeitpunkt bestimmt. Der Bauernhof im freiburgischen Guschelmuth, den David Perler bis Ende Jahr noch in einer Generationengemeinschaft mit seinem Vater führt und per 2025 alleine übernehmen wird, ist selbst Teil einer regionalen Bewässerungsgesellschaft. Perlers haben sich mit sieben anderen Betrieben zusammengeschlossen und besitzen gemeinsam acht Sonden. Diese messen, wann der Boden für die Kartoffeln zu trocken ist und mit Wasser aus dem nahe gelegenen Schiffenensee bewässert werden muss. David Perler ist für die Installation der Bodensonden innerhalb der Gesellschaft zuständig.

So funktionierts: Die Sonden messen den Wassergehalt im Boden alle 10 Zentimeter bis auf eine Tiefe von 60 Zentimetern. Der Verlauf dieser Messungen in den verschiedenen Bodentiefen zeigt, wie tief das Wasser in den Boden eindringt und bis in welche Tiefe die Wurzeln Wasser aufnehmen. «Wir haben dank der Sonden gemerkt, dass wir etwas später mit dem Bewässern beginnen, als wir das aufgrund von Bodenproben und Bauchgefühl getan hätten», sagt David Perler. «Auch die Wassermenge passen wir an. Somit können wir die wertvolle Ressource Wasser noch gezielter einsetzen.»

Interesse steigt

«Das Interesse am Bewässerungsprojekt wurde über die Jahre so gross, dass schweizweit bereits 280 Sonden im Einsatz sind», sagt Andreas Keiser, Dozent für Ackerbau und Pflanzenzüchtung an der BFH-HAFL. Entwickelt wurde das Netzwerk in Zusammenarbeit mit kantonalen Partnern, vor allem landwirtschaftlichen Schulen. «Die Sonden gehören den Landwirtinnen und Landwirten, die uns die daraus gewonnenen Daten für die Forschung zur Verfügung stellen. Im Gegenzug übernehmen wir die Installation der Sonden und den Unterhalt. Und wir bewirtschaften die Website www.bewässerungsnetz.ch», sagt Andreas Keiser. Die Website ist frei zugänglich.

Auf der Website ist auch eine Bewässerungs-App frei nutzbar, welche basierend auf Klima- und Bodendaten und Angaben zur Kultur die Wasserbilanz für eine beliebige Parzelle berechnet. So kann sich jede Landwirtin und jeder Landwirt an die nächste Wetterstation zur eigenen Parzelle andocken. Im Tool lässt sich eingeben, wann gesetzt oder gesät wurde, in welchem Stadium die Kultur gerade ist und wann zuletzt bewässert worden ist. Und schon wird angezeigt, ob es ein Defizit an Wasser hat und mit welcher Menge diese Kultur idealerweise noch bewässert werden sollte.
 

Die Bewässerung kann beginnen.
Die Bewässerung kann beginnen.

Daten sammeln – und Argumente

Zwar finde der Konflikt ums Wasser in der Schweiz noch eher in einem bescheidenen Rahmen statt, doch zeige der Blick ins nahe Ausland, dass diese Diskussion sich in Zukunft verstärken werde, meint Andreas Keiser. «Auch deshalb sind Transparenz und Vergleichbarkeit der Bewässerungszahlen langfristig wichtig. So hat man fundierte Argumente für die Diskussion um den Wasserverbrauch», ist er überzeugt. Auch die Landwirtschaft müsse aufzeigen können, dass sie Wasser gezielt, effizient und sinnvoll einsetzt.
 

Der Artikel stammt aus: focusHAFL 1/24

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Fachgebiet: Life Sciences + Lebensmittelwissenschaften, Agronomie + Wald