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Forensic Nursing in der Pflege: Gewaltbetroffene erkennen und professionell unterstützen
24.08.2022 Pflegefachfrau HF und Dozentin der BFH Sandra Pfeiffer erzählt im Gespräch, weshalb es Expert*innen für forensische Pflege braucht.
Sandra Pfeiffer arbeitet seit 28 Jahren in der Pflege, davon 20 als Intensivpflegefachfrau für Erwachsene. In dieser Funktion kommt sie oft in Berührung mit gewaltbetroffenen Patient*innen. Das Schlüsselerlebnis war die Situation mit einer jungen Patientin, in der das Behandlungsteam am Anschlag war. Sie entschied sich, den «CAS Forensic Nursing» zu absolvieren, um für zukünftige Situationen das nötige Rüstzeug zu haben. «Vor allem erlangte ich Sicherheit beim Erkennen von Gewaltdelikten und im Gespräch mit den Betroffenen. Es gelingt mir, Anzeichen richtig einzuordnen und die Patient*innen direkt und klar anzusprechen.»
Fachkundig dokumentieren
Sandra Pfeiffer ist nun als Dozentin für den «CAS Forensic Nursing» an der Berner Fachhochschule tätig. In dieser Funktion ist es ihr besonders wichtig, die Dokumentation zu thematisieren. Die alltägliche Pflegedokumentation unterscheide sich von jener, die in einem rechtsrelevanten Fall geführt werde. «Die Beschreibungen einer klassischen Wunddokumentation sind oft interpretierend. In einem gerichtsverwertbaren Bericht muss ich das vermeiden.» Dazu zeigt Pfeiffer den Kursteilnehmenden, wie eine geeignete Fotodokumentation gemacht wird. Der Umgang mit aussergewöhnlichen Todesfällen ist ebenfalls Teil des Forensic Nursing. Auch hier sieht die Dozentin Handlungsbedarf, da Pflegende oft nicht ausreichend sensibilisiert seien.
Forensic Nurses braucht es überall
«Viele denken, dass man die Kenntnisse des Forensic Nursing nur auf der Notfallstation braucht. Meine Erfahrung zeigt, dass Gesundheitsfachpersonen in allen Bereichen damit konfrontiert sind: auf der Medizinstation oder in der Orthopädie, in Langzeitinstitutionen oder im Geburtshilfebereich.» Auch Pflegende, die für die Spitex arbeiten, seien oft nahe am Geschehen und können beispielsweise Gewalt von pflegenden Angehörigen erkennen. Sie empfiehlt den Kurs deshalb für alle Fachgebiete. «Sehr häufig besteht zwischen den Patient*innen und den Pflegenden eine Gesprächsbasis, die es ermöglicht, Dinge wahrzunehmen und anzusprechen.»